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Branchen | Finnland | Gesundheitswesen

Rahmenbedingungen und Marktzugang

Finnland genießt einen guten Ruf als Forschungs- und Entwicklungsstandort für den Gesundheitssektor. Ein wichtiger Grund hierfür ist der einfache Zugang zu Gesundheitsdaten. 

Von Niklas Becker | Helsinki

Wie in der gesamten Europäischen Union (EU) bieten sich in Finnland vier Hauptprozeduren zur Zulassung von Arzneimitteln an: nationales Verfahren, Verfahren der gegenseitigen Anerkennung, dezentralisiertes Verfahren und zentralisiertes Verfahren. Die Zuständigkeit für die Zulassung von Arzneimitteln obliegt der finnischen Arzneimittelagentur Fimea.

Anfang 2020 hat die Agentur auch die Aufsicht über Medizinprodukte von der nationalen Sozial- und Gesundheitskontrollbehörde Valvira übernommen. Dies umfasst beispielsweise auch die Aufsichts- und Registrierungspflichten von Biobanken. Auch die Erteilung von Genehmigungen für den Großhandel mit Arzneimitteln in Finnland unterliegt Fimea.

Alle Institutionen der öffentlichen Hand veröffentlichen ihre Ausschreibungen im Internet. Die offizielle und frei zugängliche Plattform dafür ist der Online-Service Hilma. Informationen über Ausschreibungen werden auch auf den Seiten des Gemeindeverbandes publiziert. Beide Portale sind in den Landessprachen Finnisch und Schwedisch abgefasst. Ab den Schwellenwerten stellt Finnland öffentliche Ausschreibungen auch in die TED-Datenbank der EU ein.

Heimische Produzenten exportieren den Großteil 

Derzeit werden die Gesundheits- und Sozialdienstleistungen in Finnland durch 310 Gemeinden organisiert. Durch die beschlossene Reform werden diese Aufgaben zukünftig aber von den 21 neu geschaffenen Gesundheits- und Sozialregionen (hyvinvointialue) sowie der Stadt Helsinki übernommen. Nach Einschätzung des Branchenverbandes FiHTA wird dadurch die Zahl der potenziellen Käufer von Medizintechnik drastisch sinken. Gleichzeitig werden die Volumina der Käufe durch die Konzentration der Verantwortung laut Verband zunehmen. Es sei zum derzeitigen Zeitpunkt schwer zu sagen, ob sich dies auf die Markteintrittschancen kleiner Marktteilnehmer auswirken wird. Die großen Teilnehmer werden FiHTA zufolge aber auf jeden Fall von der Umstrukturierung profitieren.

Das Volumen des finnischen Markts für Gesundheitstechnologien beläuft sich laut FiHTA auf mehr als 1 Milliarde Euro. Die heimischen Produzenten sind sehr exportorientiert. Die großen Firmen würden oftmals mehr als 95 Prozent ihrer Waren im Ausland absetzen. Trotz der großen Ausfuhrquoten verfügen die finnischen Unternehmen auf dem heimischen Markt über bedeutende Anteile. Der Hersteller von Produkten im Bereich der Zahnmedizin Planmeca beispielsweise exportiert 98 Prozent seiner Waren. Die verbleibenden 2 Prozent reichen jedoch aus, um 70 Prozent des finnischen Marktes für zahnmedizinische Produkte abzudecken.

Das Importvolumen des finnischen Marktes für Gesundheitsprodukte beziffern die Experten auf rund 1 Milliarde Euro. Absatzchancen für Medizintechnik sieht FiHTA vor allem in der fachärztlichen Versorgung. In der medizinischen Grundversorgung sowie der Altenpflege spielen Technologien eine geringere Rolle. Kleinere Unternehmen haben es FiHTA zufolge im Markt schwerer, ihre medizintechnischen Produkte abzusetzen, da die Gemeinden bei der Beschaffung neuer Technik teilweise keinen ausreichenden Marktüberblick haben.

Medizinische Forschung und Entwicklung in Finnland

Finnland gilt bei Unternehmen der Medizinbranche als interessanter Standort für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten sowie die Produktion von Medikamenten und medizinischen Geräten. Ein Grund hierfür ist das hohe Bildungsniveau der hierfür benötigen Fachkräfte und ihre Verfügbarkeit. Ein weiterer ist der Zugang zu umfangreichen Gesundheitsdaten. Finnland hat bereits in den 1990er Jahren mit der Einführung der digitalen Patientenakte begonnen. Mittlerweile liegen 100 Prozent der medizinischen Daten elektronisch vor. Unternehmen können für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten auf diese Gesundheitsdaten digital zugreifen.

Um die Arbeiten entsprechend zu unterstützen, hat die finnische Regierung in der Vergangenheit verschiedene Gesetze eingeführt: Seit 2013 gilt der sogenannte Biobank Act. Dieser soll die Forschung mit biologischen Proben unterstützen und zum anderen den Datenschutz der Patienten sicherstellen. Das 2019 eingeführte Gesetz zur Sekundärnutzung von Gesundheits- und Sozialdaten ermöglicht Firmen die DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) konforme Nutzung der Gesundheitsdaten. Zugriff auf diese Daten kann bei der Genehmigungsbehörde für Gesundheits- und Sozialdaten Findata beantragt werden. Über die Finnische Biobank-Kooperation FINBB können Firmen Zugang zu öffentlichen Biobanken für Gewebe- und andere Bioproben erhalten. 

Auch unter deutschen Unternehmen genießt Finnland einen guten Ruf. So gab Bayer im Sommer 2021 bekannt, an seinem Standort in Turku ein neues Pharmawerk zu bauen und gleichzeitig seine bestehende Produktionsstätte zu modernisieren. Insgesamt beläuft sich die Investitionssumme auf 250 Millionen Euro. "Finnland verfügt über eine lange Tradition der Spitzenforschung, ein hohes Maß an Fachwissen und ein sehr hohes Bildungsniveau. Wir brauchen dieses Zentrum als Exzellenzzentrum für polymerbasierte Technologie und klinische Forschung. Aus der Sicht eines internationalen Biowissenschaftsunternehmens ist Finnland ein guter Ort für Investitionen", berichtet Miriam Holstein, Geschäftsführerin von Bayer Nordic.  

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