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Branchen | Äthiopien | Land- und Forstwirtschaft

Regierung will mehr Branchen für ausländische Investoren öffnen

Bisher ist Äthiopien ganz passabel durch die Coronakrise gekommen. Das Bruttoinlandsprodukt stieg im Mitte 2020 endenden Fiskaljahr laut EIU noch um über 3 Prozent. 

Von Ulrich Binkert | Bonn

Allerdings hatte der „Wachstumschampion Afrikas“ noch in der Dekade davor ein fast durchweg zweistelliges Plus verzeichnet. Der Internationale Währungsfonds geht von einer Rückkehr zu diesen Wachstumsraten schon wieder für das kommende Fiskaljahr bis Mitte 2022 aus und schätzt immerhin noch 2 Prozent für die aktuell laufende Periode. Die Economist Intelligence Unit (EIU) ist etwas zurückhaltender.

Äthiopiens Kreditwürdigkeit angekratzt

Die gesamtwirtschaftlichen Investitionen werde nach einem scharfen Einbruch 2020 wieder kräftig wachsen, prognostiziert die EIU. Der Staat allerdings dürfte sich dabei angesichts knapper Finanzen zurückhalten. Zudem haben internationale Ratingagenturen im Februar 2020 die Kreditwürdigkeit Äthiopiens heruntergestuft. Der Konsum wird sich den Prognosen zufolge nur sehr verhalten erholen. Die Inflation lag 2020 bei etwa 20 Prozent und dürfte sich vorerst kaum abschwächen.

Ambitionierte Ziele gibt der Zehnjahresplan vor, dem das äthiopische Parlament Mitte März zustimmte. Dem Papier zufolge soll die Wirtschaft bis 2030 jährlich im Schnitt um 10 Prozent zulegen. Ein besonders hohes Wachstum ist der Industrie zugedacht, was auf Linie mit der Strategie der letzten Jahre liegt. Die Regierung will zudem mehr Branchen für ausländische Investoren öffnen. Dazu gehören Teile des Einzelhandels (E-Commerce), eine Reihe von Transport- und Logistikdienstleistungen, die Zementproduktion sowie Bildung und Beratung.

Corona-Einbruch recht milde

Für Äthiopiens Landwirtschaft erwarten Beobachter 2021 wieder ein Plus von jährlich rund 3 Prozent. Im Vorjahr hat die Wirtschaftsleistung des Sektors, bedingt durch Corona, wohl stagniert, vor 2020 war der Sektor jährlich um die 4 Prozent gewachsen. Das war allerdings nur halb so schnell wie die Gesamtwirtschaft, auch wenn deren hohe Wachstumsraten maßgeblich auf große Infrastrukturprojekte zurückzuführen waren.

Zum Agrar-Aufschwung beitragen sollen nun gutes Wetter, das Verschwinden der Heuschreckenschwärme sowie global steigende Nahrungsmittelpreise. Allerdings bleibt die Gefahr durch Heuschrecken nach Einschätzung der UNO vom März 2021 auch für das laufende Jahr bestehen. Bis dato habe der „schlimmste Ausbruch der Plage seit 25 Jahren“ schon 365.000 Hektar Ackerland zerstört, das ist viermal die Fläche von Berlin. Insgesamt werden in Äthiopien rund 15 Millionen Hektar Ackerfläche bearbeitet.

Getreideproduktion auf Rekordniveau

Die Getreideerzeugung ist in den letzten Jahren auf Rekordniveau gestiegen. Sie wird nach Prognosen des US-amerikanischen Agrarministeriums (USDA) auch in der kommenden Saison 2021/22 zulegen, gutes Wetter vorausgesetzt. Zu den Erfolgen in den letzten drei Jahren haben demnach auch die Behörden mit Investitionen und anderweitiger Unterstützung beigetragen. Sie führte zu mehr Mechanisierung und einer besseren Verfügbarkeit von Saatgut und Dünger.

Hilfreich waren außerdem genügend Regen in den Getreideanbaugebieten im zentralen und westlichen Hochland. Die Heuschreckenplage wirkte sich wenig auf den Getreideertrag aus. Sie schmälerte im Wesentlichen die Produktion von Zuckerhirse im Rift Valley und betraf ansonsten hauptsächlich das Weideland im Norden und Südosten.

Die Erzeugung von Mais, dem flächenmäßig am meisten angebauten Getreide, ist, wie die von Weizen, im letzten Jahrzehnt besonders kräftig gestiegen. Neben besserem Saatgut nennt das USDA als Gründe vor allem eine steigende Futternachfrage. Sie ergab sich zum Beispiel aus der Expansion von Hühnerzucht und Mastbetrieben und der Ausweitung der Milchproduktion.

Ehrgeizige Pläne bei Milch

Das Landwirtschaftsministerium will die Milcherzeugung bis 2030 auf jährlich gut 10 Milliarden Liter steigern, so eine Meldung vom April 2021. Das wären, bei unklaren Daten zur aktuellen Produktion, zwei- bis viermal so viel wie heute. Dazu soll sich vor allem die Genetik der Tiere verbessern. Nur ein winziger Anteil von geschätzt 1 Prozent der äthiopischen Kühe besteht aus Züchtungen, die Kraftfutter bekommen oder auch mal einen Tierarzt sehen.

Die Regierung ermutigt in- und ausländische Unternehmen, in marktwirtschaftlich arbeitende Betriebe (commercial farming) zu investieren. Zu den Anreizen gehören niedrige Pachtpreise für das - nach wie vor staatliche - Land in Äthiopien. Nach einer Stichprobenerhebung des Statistikamts für die Saison 2019/20 bringen diese Betriebe bislang erst 5 Prozent des agrarischen Outputs. Auf 98 Prozent der „kommerziellen“ Flächen wird Getreide angebaut. Gegenüber dem Vorjahr hatten Fläche und Ertrag leicht abgenommen beziehungsweise stagniert.

Hohe Ausgaben für Bewässerung

Einen anderen Schwerpunkt setzt die Regierung auf die Bewässerung. Sie will dafür laut staatlicher Nachrichtenagentur ENA im laufenden Fiskaljahr neun Projekte umsetzen, die insgesamt angeblich 500 Millionen US-Dollar (US$) kosten. So soll Anfang des 3. Quartals 2021 das rund 140 Millionen US$ teure Bewässerungsprojekt Megech nahe der Stadt Gondar fertiggestellt werden. In Angoleda Tera, ebenfalls in der Amhara-Region gelegen, setzten die Verantwortlichen Anfang 2021 den Grundstein für ein 120 Millionen US$ teures Projekt; beteiligt ist die Chinese Civil Engineering Construction Corporation. Ebenso in Bau ging Anfang Januar der knapp 30 Millionen US$ teure Bewässerungskanal Kalid Dijo in der SNNPR-Region.

Produktion wichtiger landwirtschaftlicher Erzeugnisse (in Tsd.Tonnen) und Veränderung im Jahresvergleich (in Prozent)

Erzeugnis

2019 (1.000 t)

2019/2010 (%)

2019/2015 1) (%)

2019/2018 (%)

Getreide

29.673

61

15

5

 Mais

9.636

76

17

-5

 Teff 2)

5.736

65

21

6

 Zuckerhirse (Sorghum)

5.266

33

10

5

 Weizen

5.315

86

14

10

 Gerste

2.378

31

16

36

Hülsenfrüchte

3.254

41

-8

-2

 Faberbohnen 2)

1.007

44

20

-3

 Trockenbohnen

486

11

-46

-14

 Sojabohnen

126

694

40

-16

Ölsaaten

1.143

58

4

4

Gemüse

1.059

-4

3

-3

Kartoffeln

925

107

-11

-1

Süßkartoffeln

1.756

143

7

16

Kaffee (grün)

483

30

6

-2

Zuckerrohr

1.499

68

9

16

Obst

1.028

54

10

1

 Bananen

539

99

11

8

1) Teff, Faberbohnen: 2019/2014; 2) laut CSA in der Meher-Saison von Mai bis September des jeweiligen Jahres, sonst laut FAO; unterschiedliche Begriffsabgrenzung zu FAO-Daten

Quelle: Food and Agriculture Organization (FAO); Central Statistics Agency of Ethiopia (CSA)

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