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Ruanda muss seine Nahrungsmittelproduktion erhöhen
Der Bedarf an Nahrungsmitteln wächst schnell. Sowohl in der Landwirtschaft als auch in der Nahrungsmittelindustrie besteht Bedarf an Investitionen.
10.06.2021
Von Carsten Ehlers | Nairobi
Die Steigerung der Nahrungsmittelproduktion ist schon angesichts einer jährlich wachsenden Bevölkerung von 400.000 Menschen eine dringende Notwendigkeit. Schon seit Jahren muss Ruanda Nahrungsmittel einführen und der Umfang wächst stetig. Private Investitionen in neue Farmen und in die Nahrungsmittelverarbeitung sind daher ebenso gefragt, wie weitere Hilfsprojekte für Kleinbauern. Aufgrund der negativen Folgen der Pandemie bestehen für die Konjunktur des Landes 2021 und 2022, insbesondere bei den Privatinvestitionen, keine besonders guten Aussichten.
Digitalisierung soll Kleinbauern helfen
Regierung und internationale Geber bieten den Kleinbauern innovative Unterstützung: So gilt Ruanda auf dem Kontinent als Vorreiter beim Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT). Über Apps, die von lokalen Start-ups entwickelt wurden, sollen die Bauern Zugang zu verschiedenen Agrarthemen wie Absatzmärkte, Wettervorhersagen und Anbaumethoden erhalten. In diesem Bereich ist auch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) aktiv, die insbesondere private Akteure einbinden möchte.
Die klimatischen Bedingungen und fruchtbare Böden bieten gute Voraussetzungen für eine landwirtschaftliche Nutzung. Hingegen fehlt es an größeren leicht zu bewirtschaftenden Flächen, aufgrund der dichten Besiedelung und der überwiegend hügeligen Landschaft. Die Regierung hofft auf größere Investitionen, vor allem in den Bereichen Zucker, Aquakultur, Speiseöl, Reis, Mais, Gemüse und Dünger. Bislang dominieren Kleinbauern den Agrarsektor.
Agrarhersteller brauchen ausländische Partner für den Export
Neben der Herstellung von Nahrungsmitteln für den heimischen Markt, wächst auch der Anbau von Produkten für den Export. Dieser Sektor wird von der Regierung als Devisenbringer in besonderem Maße gefördert. Ausgeführt werden unter anderem Champignons nach Kenia und Tansania, wohin über die Zollunion East African Community (EAC) ein einfacher Marktzugang besteht. Darüber hinaus werden Kaffee, Tee, Chilis sowie das aus Blumen gewonnene Insektizid Pyrethrum in die verschiedensten Märkte der Welt ausgeführt.
Bei der Exportproduktion von Nahrungsmitteln ist die Einhaltung internationaler Standards, professionelles Marketing und mitunter neueste Technologie bei der Verarbeitung und Verpackung nötig. Hier werden ausländische Partner, im Idealfall aus den Bezugsländern, gesucht. Auch deutschen Unternehmen bieten sich Kooperationsmöglichkeiten. Bislang treten diese überwiegend als Zulieferer von Landtechnik, Agrochemie, Dünger und Saatgut auf.
Nahrungsmittelindustrie wächst stetig
Auch die Nahrungsmittelverarbeitung hat Potenzial, wenngleich der ruandische Markt von den großen regionalen Produktionszentren in Nairobi (Kenia) und Daressalam (Tansania) bereits mit zahlreichen Produkten versorgt wird. Eine lokale Produktion gibt es in der Getränkeindustrie, der Herstellung von Molkereiprodukten, der Verarbeitung importierten Getreides zu Backwaren sowie in der Fleischherstellung von Hühnern und Rindern. Aufgrund des steigenden Bedarfs ist mit weiteren Investitionen in den kommenden Jahren zu rechnen. Deutsche Unternehmen sind bei derartigen Projekten als Zulieferer von Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen sowie von Inputs, zum Beispiel Geschmacksstoffen für die Getränkeindustrie oder Chemikalien für Verpackungen, beteiligt.
Sämtliche Ausrüstungen müssen nach Ruanda importiert werden. Aufgrund der zunehmenden Geschäftsmöglichkeiten haben Zulieferer und Berater den ruandischen Markt aufmerksam im Blick. Das ehemals frankophone Land hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem anglophonen entwickelt und sich im Zuge dessen stärker wirtschaftlich mit dem englischsprachigen Ostafrika verflochten. Daher bedienen inzwischen viele Firmen aus Nairobi (Kenia) über ihre Niederlassungen oder Vertriebspartner den ruandischen Markt. Bei weiter zunehmendem Geschäftsvolumen dürfte auch eine Präsenz in Ruanda erwogen werden. Mehr Informationen zum Standort bietet der GTAI-Wirtschaftsstandort Ruanda.
EAC erleichtert Warenverkehr
Die Lieferungen nach Ruanda kommen vor allem über den tansanischen Hafen Daressalam mitunter auch über den kenianischen Hafen Mombasa via Uganda. Ruanda gehört seit seinem Beitritt 2007 zusammen Kenia, Tansania, Uganda, Burundi und dem Südsudan zur Zollunion East African Community (EAC). In der Regel werden die Waren bereits in Mombasa und Daressalam in Form eines Single-Customs-Entry verzollt oder werden in Nairobi in einem Zollfreilager (bonded warehouse) bis zur Auslieferung eingelagert.
Landwirtschaftsministeriums für Landtechnik, Dünger, Saatgut und Agrochemie vergibt immer wieder Ausschreibungen. Unternehmen, die sich an Ausschreibungen der ruandischen Regierung beteiligen, berichten positiv von vergleichsweise transparenten und korrekten Verfahren. Gleichwohl sind laut Branchenkennern Verspätungen bei der Bezahlung keine Seltenheit. Schneller geht es, wenn Geberorganisationen das Projekt finanzieren. Veröffentlicht werden die Ausschreibungen auf der zentralen Ausschreibungsplattform der Regierung.
Kontaktadressen
Bezeichnung | Anmerkungen |
Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft | |
Anlaufstelle für deutsche Unternehmen | |
Beratungsstelle der GIZ in Kigali für deutsche Unternehmen, u.a. für Geberprojekte | |
Landwirtschaftsministerium | |
Rwanda Agriculture and Animal Resources Development Board (RAB) | Entwicklungs- und Aufsichtsbehörde für den Agrarsektor |
Staatliche Institution zur Unterstützung der exportorientierten Landwirtschaft | |
Ministerium für Industrialisierung, Handel und Unternehmensentwicklung | |
Regulierungsbehörde u.a. für die Zulassung von Nahrungsmitteln | |
Facebookseite des Branchenverbandes für den verarbeitenden Sektor; hier ist ein Großteil der Nahrungsmittelindustrie Mitglied | |
Normenamt | |
In Nairobi erscheinende Fachpublikation | |
Die Messe des deutschen Messeorganisators Fairtrade soll erstmals vom 22.-24. 11.2022 im Sarit Expo Centre in Nairobi stattfinden |