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Schweden: Entwicklungswille stößt auf Wachstumshürden
Dank seiner Wälder ist Schweden drittgrößter Exporteur von Zellstoff, Papier und Schnittholz weltweit. Zahlreiche Hürden hemmen allerdings das Wachstumspotenzial. (Stand: 21. Oktober 2021)
Von Michał Woźniak | Stockholm
Schweden verfügt mit über 30 Millionen Hektar über die größte Waldfläche Europas. Etwa die Hälfte der Fläche gehört Privatpersonen, ein Viertel Forstunternehmen und etwa 20 Prozent dem Staat. Laut dem Branchenverband Swedish Forest Industries (Skogs Industrierna; SI) werden 80 Prozent der Waldflächen aktiv bewirtschaftet. Im Jahr 2020 wurden laut der schwedischen Forstbehörde (Skogsstyrelsen) auf knapp 963.000 Hektar Bodenbearbeitung, Düngung, Pflanzung, Aussaat und Rodung durchgeführt. Die größten bewirtschafteten Flächen befanden sich in den Regionen Götaland, Svealand sowie im Norrland.
Holzwirtschaft in Schweden auf einen Blick
2018 | 2019 | 2020 1) | |
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Produktion von Rundholz (ohne Rinde; in 1.000 Kubikmetern), davon: | 73.100 | 74.400 | 74.400 |
Nadelholzstämme | 36.400 | 37.200 | 37.000 |
Holz für die Zellstoffherstellung | 30.800 | 31.300 | 31.500 |
Brennholz | 5.500 | 5.400 | 5.400 |
Beschäftigte in der Forstwirtschaft | 25.300 | 21.000 | 18.800 |
Umsatz der Forstwirtschaft (in Millionen Euro)2) | 7.085 | 7.441 | k.A. |
Investitionen der Forstwirtschaft (in Millionen Euro) | 1.047 | k.A. | k.A. |
Laut Forstbehörde wurden 2020 über 93 Millionen Kubikmeter Wald abgeholzt, 2021 könnten es etwa 3 Prozent mehr werden. Die Fällkosten je Kubikmeter reichten 2020 von knapp unter 10 Euro bei Verjüngung bis über 21 Euro bei Durchforstungsmaßnahmen. Auch weil der Anteil der punktuellen Abholzung zunimmt, steigen die Durchschnittskosten kontinuierlich.
Dasselbe gilt für die Bodenpreise. Laut der Immobilienagentur Ludvig & Co lagen sie Mitte 2021 zwischen etwa 3.000 Euro je Hektar im Norden des Landes, über 8.000 Euro in der Landesmitte bis hin zu etwa 12.500 Euro im Süden. Demnach betrug der Anstieg je Kubikmeter Holz im Jahresvergleich knapp 13 Prozent. Während sich im Norden innerhalb der letzten 10 Jahre das Preisniveau kaum verändert hat, stieg es im Süden um etwa ein Drittel.
Die größten Unternehmen der Holzwirtschaft in Schweden (Umsatz in Millionen Euro 1)
Firma | 2020 | Veränderung 2020/19 2) |
---|---|---|
Stora Enso | 8.553 | -14,9 |
BillerudKorsnäs | 2.278 | -2,3 |
Södra | 1.941 | -12,2 |
SCA | 1.756 | -6,0 |
Sveaskog | 629 | - 8,5 |
Holmen Group, Forstsegment | 561 | -6,4 |
Bergkvist Siljan Gruppe | 255 | 31,7 |
Digitaler Kampf gegen Tierschäden
Auch natürliche Faktoren lassen die Kosten hochschnellen. Nach den großflächigen Waldbränden 2018 fielen die Verluste in den Folgejahren zwar kleiner aus. Dafür treibt der Borkenkäfer sein Unwesen: 2020 zerstörte er geschätzte 8 Millionen Kubikmeter Holz. Im Rahmen des Programms Stoppa borrarna werden deswegen unter anderem digitale Lösungen zur Bekämpfung des Insekts gefördert. Über das National Forest DataLab wurden 3.100 Drohnenfotos frei zugänglich gemacht, die über 200.000 Bäume identifizieren. Zusammen mit den im Frühjahr veröffentlichten Bildern zum Lerchensackwürmer-Befall sollen diese bei der Entwicklung von Systemen auf Basis künstlicher Intelligenz helfen. „Daten sind für viele Entwickler ein knappes Gut, daher hoffen wir, dass wir damit die Entwicklung ankurbeln können", sagt Projektleiter Bengt Djuvfeldt.
Problematisch bleibt auch die Abgrasung durch Geweihträger. Laut Untersuchungen war 2020 jede zehnte Jungkiefer dadurch beschädigt - nationales Ziel sind höchstens 5 Prozent. Hiergegen kommen unter anderem digitale Karten zum Einsatz. „Dadurch haben wir bessere Möglichkeiten, Vorschläge für Maßnahmen sowohl für das Management unserer Wildtierpopulationen als auch für gezielte Präventivmaßnahmen in der Forstwirtschaft zu finden", sagt Carina Olofsson Boström, Koordinatorin der schwedischen Forstbehörde für das Projekt Forest and Wildlife Collaboration.
Hilfe für einen grünen Schub
Einem Bericht von SI und der schwedischen Universität für Agrarwissenschaften (SLU) zufolge, wird die Produktion der schwedischen Forstwirtschaft bis 2035 hauptsächlich mangels Rundholz nicht mit dem einheimischen Bedarf schritthalten können. Bis dahin wird der Holzbedarf der Zellstoffhersteller durchschnittlich um jährlich 0,4 Prozent und der Sägewerke um 0,2 Prozent zulegen. Die Papierproduktion soll insgesamt leicht rückläufig sein, der Output an Verpackungspapier aber weiter steigen. Insgesamt ergebe sich ein Zusatzbedarf von 19 Millionen Kubikmetern, der die Importnachfrage ankurbeln dürfte.
Ausgewählte Großprojekte in Schweden (Investitionen in Millionen Euro)
Vorhaben | Investitionssumme *) | Projektstand | Projektträger |
---|---|---|---|
ca. 255 | Inbetriebnahme Ende 2023; Auftragsvergabe im April 2021 | Neuer Rückgewinnungskessel wird geliefert von Andritz | |
245 | Inbetriebnahme im 2. Quartal 2023 | ||
210 | Start vorbereitende Bauarbeiten Oktober 2021 | Metsä Board (Metsä Group) | |
Ausbau Produktion, Ortviken (CTMP-Anlage; Chemi-ThermoMechanical Pulp) | ca. 142 | Bau- und Bodenarbeiten haben bereits begonnen; Inbetriebnahme Anfang 2023 | |
ca. 98 | Ausbaupläne wurden im August 2021 bekannt; geplante Fertigstellung: 2028/29 | ||
44,5 | Geplante Fertigstellung 1. Jahreshälfte 2024 | ||
Ausbau Zellstoffproduktion, Nymölla (in der Nähe von Kristianstad, Region Skåne) | 26 | Projektstart 2. Quartal 2021, Fertigstellung 3. Quartal 2022 | |
18,3 | Fertigstellung 2024 | ||
16,8 | Investitionsbeschluss im Juli 2021 |
Einer Steigerung der Investitionen in der Forstwirtschaft dürfte dies aber keinen Abbruch tun. Laut des Fossilfrei-Plans der Forstindustrie will sie bis 2030 beim Antrieb ihrer mobilen Waldmaschinen umweltneutral werden. Die Produktionskapazitäten für Biokraftstoffe sollen von etwa 1 Terawattstunde im Jahr 2015 binnen 15 Jahren verzehnfacht werden. Der Fuhr- und Maschinenpark muss modernisiert werden. Jährlich werden in Schweden jeweils etwa 300 neue Forwarder und Holzvollernter verkauft. Arbeitsmaschinen müssen sowohl in hohen wie sehr niedrigen Außentemperaturen funktionieren. Wegen der meist großen Entfernung zur gewöhnlichen Infrastruktur ist eine interne Treibstofflogistik ein Muss.
Bild vergrößernKauf von nachhaltigen Maschinen wird gefördert
Bei der Finanzierung hilft teilweise der Staat. So erstattet die Schwedische Energieagentur im Rahmen der Klimatpremien bis zu 20 Prozent des Kaufpreises von nachhaltigen Lastwagen und Elektromaschinen. Die Forstbehörde verwaltet gleich mehrere Fördertöpfe. Antragsteller können bis zu 30.000 Euro für die Bewirtschaftung ihrer Wälder beantragen. Für Ausdünnung oder das sogenannte Back- und Fuelburning werden bis zu 900 Euro pro Hektar gezahlt. In den Jahren 2021 bis 2023 werden ferner etwa 16 Millionen Euro für die Wiedervernässung von bis zu 5.000 Hektar Mooren ausgezahlt.
Damit finanzschwächere Kleinstunternehmen mitziehen können, bietet beispielsweise Sveaskog ein eigenes Leasingprogramm an. "Ein großer Teil unseres Geschäfts findet in ländlichen Gebieten statt, und wir brauchen lokale Auftragnehmer, die die Arbeiten im Wald ausführen können. Viele weisen auf den Mangel an Finanzierungsmöglichkeiten als Hindernis für die Entwicklung unseres Geschäfts hin", sagt Firmenchef Per Matses.
Moderne Planungstools werden benötigt
Vor allem kleineren Forstbetrieben und -eigentümern fehlt es an modernen Planungstools. In den bisherigen Forstplänen und Analysen der Forstagentur fehlt die wirtschaftliche Komponente, bemängelt Kerstin Dafnäs, Vorsitzende von Spillkråkan, dem Verband der Waldeigentümerinnen. Rentabilität und Finanzen stünden ganz oben auf der Themenliste. „Angesichts der zunehmenden Risiken und der immer komplexeren Abwägungen, die Waldbesitzer treffen müssen, ist es wichtiger denn je, dass der Entscheidungsprozess einen großen Schritt nach vorne macht. Mit den heutigen Technologien und Datenmengen sind alle Voraussetzungen dafür gegeben“, unterstreicht Dafnäs.
Kontaktadressen
Bezeichnung | Anmerkungen |
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Anlaufstelle für deutsche Unternehmen | |
für Forstwirtschaft zuständiges Ministerium | |
Schwedische Behörde für Wald und Forst | |
Behörde für Umweltschutz | |
Nationaler Branchenverband der Forstindustrie | |
Branchenverband Holzindustrie | |
Branchenverband für KMU in der Forstwirtschaft | |
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