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Indien will Auslandsbau stärker fördern

Indische Baufirmen engagieren sich bislang wenig im Ausland. Die geplanten Drittmarktkooperationen mit Japan und der EU könnten für neuen Schub beim Projektexport sorgen.

Von Boris Alex | New Delhi

Mit einem Volumen von schätzungsweise 600 Milliarden US-Dollar (US$) im Jahr 2018 zählt Indien weltweit zu den bedeutendsten Märkten für die Bauwirtschaft. Vor allem das 1,8 Billionen US$ schwere Infrastrukturprogramm der Regierung (National Infrastructure Pipeline) sorgt für jährliche Wachstumsraten von durchschnittlich 5 Prozent. Angesichts der hohen Nachfrage nach Baudienstleistungen auf dem Heimatmarkt engagieren sich bislang nur wenige indische Baufirmen im Ausland.

Im Finanzjahr 2019/20 (1. April bis 31. März) belief sich das Ausfuhrvolumen von Ingenieurs-, Beschaffungs- und Baudienstleistungen laut Project Export Promotion Council auf 4,2 Milliarden US$. Davon entfielen 80 Prozent auf den Prozessschritt Bau, der Rest auf Ingenieurs- und andere Beratungsleistungen. Der Anteil Indiens am weltweiten Baudienstleistungsexport lag 2018 bei 3 Prozent, so eine Analyse des Internationalen Währungsfonds (IWF).

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Der Wert der Auslandsbauprojekte blieb in den letzten Jahren üblicherweise stabil, erreichte aber 2016/17 mit 8,2 Milliarden US$ einen Höhepunkt. Seitdem haben sich die Aktivitäten indischer Baufirmen in Übersee wieder eingependelt. Nach Einschätzung der Regierung bleibt die Branche hinter ihrem Potenzial zurück. Sie will die Unternehmen deshalb stärker bei ihren Auslandsaktivitäten unterstützen. Indische Baukonzerne sind vor allem in den Golfstaaten, den südasiatischen Nachbarländern und auf dem afrikanischen Kontinent aktiv. Aber auch in Zentralasien und in Lateinamerika gibt es Projekte mit indischer Beteiligung, so die Zahlen des staatlichen Kreditfinanzierers Export-Import Bank of India (Exim Bank).

Mehr Geld zur Absicherung von Auslandsprojekten 

Um den Baufirmen den Weg auf Auslandsmärkte zu ebnen, hat Indiens Finanzministerin Nirmala Sitharaman Ende Juni 2021 im Rahmen ihres dritten Corona-Konjunkturpakets auch eine Aufstockung der Fördermittel für die Ausfuhrwirtschaft angekündigt. Demnach soll das staatliche Kreditsicherungsinstrument für Auslandsprojekte, National Export Insurance Account (NEIA), bis 2026 zusätzlich 4,4 Milliarden US$ erhalten. Seit seiner Einführung im Jahr 2011 wurden laut Export Credit Guarantee Corporation of India (ECGC) 211 Vorhaben von 63 Unternehmen in 52 Ländern mit rund 7 Milliarden US$ über NEIA abgesichert.

Die Regierung will damit auch ihre geopolitische Position insbesondere in Südasien, aber auch im Nahen Osten und Afrika stärken und den in den letzten Jahren stark gewachsenen Einfluss Chinas begrenzen. Im Rahmen der neuen Seidenstraße, die von indischer Seite sehr kritisch gesehen wird, hat China inzwischen eine ganze Reihe von Großprojekten in Bangladesch, Nepal und Sri Lanka realisiert. Darüber hinaus könnten sich indische Baufirmen auch stärker in anderen asiatischen Ländern engagieren. Mit 51 Billionen US$ entfällt gut die Hälfte des weltweiten Infrastrukturinvestitionsbedarfs bis 2040 auf Asien, so die Analyse des Global Infrastructure Hub.

Großteil der indischen Auslandsvorhaben geht in die Golfstaaten

Südostasien spielt trotz der geografischen Nähe bei den indischen Projektausfuhren bislang nur eine untergeordnete Rolle. Gemessen am Volumen liegen die Golfstaaten klar an der Spitze. Auf die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) entfielen 16 Prozent und auf Qatar 12 Prozent des Gesamtvolumens der drei Finanzjahre 2015/16 bis 2017/18 in Höhe von 17,7 Milliarden US$. Bangladesch landete mit 11 Prozent auf Platz drei, Sri Lanka hatte sogar nur einen Anteil von 2 Prozent, so die Zahlen der Exim Bank.

Um seine Projektexporte nach Süd- und Südostasien zu steigern, könnte Indien künftig mit Japan zusammenarbeiten. Die beiden Länder haben Ende 2020 erste Gespräche für eine mögliche Drittmarktkooperation geführt, um Bauvorhaben unter anderem in Bangladesch, Sri Lanka und Myanmar gemeinsam durchzuführen. Indien und Japan haben angesichts des steigenden Einflusses Chinas ihre Zusammenarbeit in den letzten Jahren auf immer mehr Bereiche ausgeweitet und intensiviert. Ein Beispiel hierfür ist die im Oktober 2018 geschlossene India-Japan Digital Partnership, bei der beide Länder unter anderem beim Aufbau des Mobilfunknetzes der 5. Generation (5G) und der Entwicklung des 6G-Netzes kooperieren.

Fast 60 Prozent des Projektvolumens im Energiesektor

Indische Firmen sind bei internationalen Projekten vor allem im Energiesektor aktiv. Von den 17,7 Milliarden US$ in der betrachteten Periode 2015/16 bis 2017/18 flossen 48 Prozent in Vorhaben zur konventionellen Energieerzeugung, einschließlich Stromübertragung und -verteilung. Weitere 11 Prozent strömten in Projekte zu erneuerbaren Energien. Ein anderer Schwerpunkt ist der Transportsektor mit einem Anteil von je 10 Prozent im Straßen- und im Schienenbau.

In Bangladesch hat Indien in den letzten Jahren eine Reihe von großen Kraftwerksprojekten angeschoben. Darunter fällt ein Kohlekraftwerk in Rampal mit einer Leistung von 1,3 Gigawatt und einem Investitionsvolumen von 1,6 Milliarden US$. Hier ist der staatliche Energieerzeuger National Thermal Power Corporation (NTPC) zu 50 Prozent am Konsortium beteiligt. Auch Energiekonzerne wie Reliance Power und Adani Power wollen Gas- und Kohlekraftwerke im Nachbarland bauen.

EU und Indien wollen auf Drittmärkten kooperieren

Mit der im Mai 2021 geschlossenen Konnektivitätspartnerschaft zwischen der Europäischen Union (EU) und Indien könnten sich auch Geschäftschancen für deutsche Unternehmen aus dem Bausektor eröffnen. Neben den angekündigten Projekten aus den Bereichen Transport, Energie und Digitalisierung wollen die EU und das südasiatische Land künftig auch auf Drittmärkten wie Afrika, Zentralasien und dem Indo-Pazifik kooperieren. Unter anderem ist eine Kooperation bei Konnektivitätsprojekten in den Mitgliedsstaaten der Bay of Bengal Initiative for Multi-Sectoral Technical and Economic Cooperation (BIMSTEC) geplant.

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