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Special | Nordafrika | Konnektivität

Hafenausbau in Nordafrika kommt voran

Die südlichen Mittelmeeranrainer wollen sich als Handelsdrehscheibe positionieren. Dafür bauen sie die Transportinfrastruktur weiter aus.

Von Friedrich Henle | Berlin

Mit ehrgeizigen Plänen zur Erweiterung der Infrastruktur versuchen die Länder Nordafrikas, ihre strategische Position im Handel zwischen Europa und Afrika sowie Asien auszubauen. Dabei spielen auch immer mehr die wirtschaftlichen Beziehungen mit Subsahara-Afrika eine Rolle, die bisher nur schwach ausgeprägt sind. Auch untereinander handeln Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen und Ägypten noch wenig. 70 Prozent des Handels Nordafrikas wird mit Europa abgewickelt - ein Beleg für die bisher einseitige Ausrichtung.

Die neue African Continental Free Trade Area (AfCFTA) soll durch den Abbau von rund 90 Prozent der Zölle die größte Freihandelszone der Welt werden. Gerade die Länder in Nordafrika könnten von einer stärkeren wirtschaftlichen Kooperation profitieren. Voraussetzung dafür sind leistungsfähige Transportwege. Die Weltbank schätzt, dass in der MENA-Region jährliche Investitionen von 100 Milliarden US-Dollar (US$) notwendig sind, um die bestehende Verkehrsinfrastruktur zu erhalten und auszubauen.

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Marokko verbindet Europa mit Afrika

Der Hafen Tanger Med steht sinnbildlich dafür, wie erfolgreich das Königreich bereits einen Transportkorridor zwischen Europa und Westafrika entwickelt hat. Nach Containerumschlag ist er mittlerweile der größte Hafen des Mittelmeers. Rund ein Drittel der Container werden dort nur umgeladen und fahren weiter in westafrikanische Länder. Der Hafenbau nimmt innerhalb von Marokkos Infrastrukturausbau weiter eine prominente Stelle ein. Für den Zeitraum von 2020 bis 2022 hat die Agence Nationale des Ports (ANP) Investitionen in die Hafeninfrastruktur von insgesamt 360 Millionen US$ vorgesehen. Außerdem soll in die Digitalisierung der Häfen investiert werden.

Marokko verfolgt darüber hinaus große Ausbaupläne für die Schiene und die Straße. Für neue Autobahnen und Schnellstraßen mit einer Gesamtlänge von 5.500 Kilometern ist eine Summe von 8,8 Milliarden Euro bis 2035 vorgesehen. Das Hochgeschwindigkeitsnetz des "Al Boraq"-Zuges soll in Richtung Süden verlängert werden und innerhalb von 15 Jahren auf eine Länge von 1.500 Kilometern anwachsen.

Algerien will Handelsrouten mit Subsahara ausbauen

Auch Algerien sieht im Seetransport großes Wachstumspotenzial, vor allem als Umschlagplatz mit dem Restkontinent. Zentrales Projekt in diesem Bereich ist der Tiefseehafen von El Hamdania, rund 90 Kilometer westlich von Algier gelegen. Kofinanziert von der Export-Import Bank of China sollen 2021 die Bauarbeiten starten. Geplant sind 23 Terminals mit einer Umschlagskapazität von 6,5 Millionen Containern (TEU) pro Jahr. Das würde ihn in die Liga der größten Häfen am Mittelmeer hieven.

Die Konnektivität aller algerischer Häfen soll sich dadurch verbessern, dass sie mit Zubringern an die Ost-West-Autobahn sowie ans Schienennetz angeschlossen werden. Ein Beispiel für den verstärkten Blick nach Süden ist auch der geplante Ausbau der Nationalstraße N1 zur Autobahn  - als Teil des Trans-Sahara-Highways zwischen Algier und Lagos.

Tunesien produziert für Europa

In Tunesien gehören deutsche Unternehmen seit Jahrzehnten zu den wichtigsten Arbeitgebern. Vor allem Vor- und Fertigprodukte für die Automobilindustrie, Textilien und Nahrungsmittel kommen über das Mittelmeer. Bereits vor der Coronapandemie haben deutsche Firmen ihre Standorte erweitert, der Warenhandel dürfte mittelfristig weiter zunehmen.

Mehr als 90 Prozent der Ein- und Ausfuhren werden per Schiff organisiert. Dabei sind jedoch  der Zustand der Infrastruktur und die Effizienz in den Abwicklungsvorgängen in den letzten zehn Jahren zurückgefallen. Zudem fehlen Häfen, um größere Containerschiffe abfertigen zu können. Nun könnte es allerdings vorwärtsgehen. Im Mai 2021 sagte die US-amerikanische Geberinstitution Millennium Challenge Corporation 325 Millionen US$ zu, um den Hafen von Radès zu modernisieren. Darüber hinaus stehen laut Transportministerium internationale Unternehmen bereit, um den Tiefwasserhafen Enfidha zu bauen. Der Süden Tunesiens könnte noch stärker in den Blickpunkt für den regionalen Handel rücken, wenn sich die Lage im benachbarten Libyen weiter stabilisiert.

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Der Wiederaufbau in Libyen bietet Chancen

Aus deutscher Sicht spielt das Land im Warenhandel bisher nur als Enddestination eine Rolle. Die Verkehrsinfrastruktur ist allein auf den Inlandsbedarf ausgerichtet. Nach zehn Jahren Bürgerkrieg besteht ein erheblicher Investitionsstau bei der libyschen Hafeninfrastruktur. Im Zuge einer Normalisierung der Verhältnisse, die sich jetzt andeutet, ist mit entsprechenden Projekten zu rechnen. Wichtigstes Eingangstor für den Containerumschlag war 2020 der Hafen Misrata.

Ägypten investiert massiv in den Ausbau der Häfen

Mit dem Suezkanal nimmt Ägypten eine Monopolstellung im europäisch-asiatischen Warenhandel ein. Durchschnittlich 50 Schiffe pro Tag transportieren etwa 12 Prozent des Welthandelsvolumens. Aus deutscher Sicht ist der Suezkanal besonders wichtig, vor allem in seiner Funktion als Brücke des deutsch-chinesischen Warenhandels. An der Stelle der Havarie des Ever Given-Containerschiffes soll die Wasserstraße nun verbreitert werden. Mit steigenden Investitionen in Verkehrsachsen, die Mittelmeer und Rotes Meer verbinden, könnte Ägypten seine zentrale geografische Position zukünftig noch besser ausspielen.

Die ägyptische Regierung investiert mit Unterstützung sowohl internationaler Geber als auch chinesischer Investoren massiv in den Ausbau seiner Häfen. Die Kapazitäten werden erhöht, vor allem in Ain Sokhna und Alexandria, nach dem Suezkanal das zweite Schwergewicht des maritimen Transports. Neun weitere Trockenhäfen sollen hinzukommen. Noch bis zum 14. September 2021 läuft eine Ausschreibung für den Trockenhafen "10th of Ramadan". Die Regierung hat außerdem neue Straßen- und Schienenprojekte angekündigt, um den grenzüberschreitenden Transport mit den Nachbarländern Sudan und Libyen zu verbessern.

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