Branchenbericht Türkei Arzneimittel, Diagnostika
Türkische Pharmaexporte steigen
Die Ausfuhren der Pharmaindustrie legten 2020 kräftig zu. Die Inlandsnachfrage hingegen sank. Mittelfristig sind die Wachstumsaussichten jedoch gut.
15.07.2021
Von Katrin Pasvantis | Istanbul
Die Coronapandemie wirkte sich negativ auf die Marktentwicklung in der Pharmabranche aus. Dem Arbeitgeberverband der türkischen Arzneimittelindustrie IEIS zufolge kam es zu Schwierigkeiten bei Rohstoff-Lieferketten und zu Kostensteigerungen. Gleichzeitig sank die Arzneimittelnachfrage. Die Patienten scheuten sich vor Besuchen in den Krankenhäusern und Arztpraxen. Apotheker berichten zudem von Umsatzeinbrüchen für Behandlungsmittel anderer Krankheiten, deren Verbreitung durch die Covid-19-Schutzmaßnahmen rückläufig war.
Der Umsatz am türkischen Pharmamarkt ging 2020 um 12 Prozent auf 6,8 Milliarden US$ zurück. Gemessen an der Anzahl der Verpackungen belief sich der Rückgang auf 7 Prozent. Auf importierte Medikamente entfällt fast die Hälfte des Marktes gemessen am Wert. Die lokal gefertigten Erzeugnisse decken jedoch mengenmäßig rund 88 Prozent der Pharmanachfrage.
Exporte erleben ein Rekordhoch
Für 2021 visiert der Arbeitgeberverband der türkischen Arzneimittelindustrie IEIS ein Exportziel von mehr als 2 Milliarden US$ an. Die türkischen Ausfuhren legten 2020 kräftig um 27 Prozent zu und erreichten einen Wert von 1,8 Milliarden US$. Wichtige Absatzmärkte sind die EU, Nordafrika sowie der Mittlere- und Nahe Osten. Bei der Produktion sind die lokalen Pharmaunternehmen in erheblichem Maße auf Importe angewiesen. Die Wirkstoffeinfuhren beliefen sich IEIS zufolge 2020 auf 815 Millionen US$.
Entwicklung des Pharmamarkts in der Türkei (in Milliarden US$)
2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | |
---|---|---|---|---|---|
Marktvolumen | 6,8 | 6,7 | 6,4 | 7,2 | 6,8 |
Produktion | 3,0 | 3,1 | 3,1 | 3,7 | 3,5 |
Exporte | 0,97 | 1,02 | 1,31 | 1,44 | 1,84 |
Importe | 4,76 | 5,0 | 5,13 | 5,56 | 5,64 |
Durchschnittlicher Wechselkurs (1 US$ =...Türkische Lira) | 3,02 | 3,65 | 4,82 | 5,68 | 7,02 |
Entwicklung des Pharmamarkts in der Türkei (in Milliarden Stück Verpackungen)
2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | |
---|---|---|---|---|---|
Marktvolumen | 2,15 | 2,22 | 2,30 | 2,37 | 2,20 |
Produktion | 1,68 | 1,75 | 1,81 | 2,1 | 1,94 |
Importe | 0,41 | 0,42 | 0,40 | 0,3 | 0,27 |
Wachstum bei Vitaminen und Nahrungsergänzungsmitteln
Das Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung ist coronabedingt gestiegen. IEIS zufolge legte der Absatz von Vitaminpräparaten um 34 Prozent auf 80 Millionen Verpackungen zu. Erstmals war der mengenmäßige Marktanteil der lokalen Fertigung höher als der Import. Etablierte Hersteller bauten ihre Produktion aus und neue Anbieter nahmen die Fertigung auf. Ausländische Marken sind vor allem im höherpreisigen Segment gut positioniert. Die Einfuhr von Vitaminen und Nahrungsergänzungsmitteln legte laut IEIS um 45 Prozent auf 1,8 Milliarden Türkische Lira (rund 257 Millionen US$) zu, beziehungsweise um 25 Prozent auf 37 Millionen Verpackungen. Für 2021 erwartet IEIS eine anhaltend hohe Nachfrage.
Türkei baut lokale Fertigung aus
Die Türkei plant die Herstellung der Covid-19-Vakzine Sputnik-V und CoronaVac (Sinovac). Außerdem gibt es 17 lokale Firmen, die Impfstoffstudien durchführen. Am weitesten fortgeschritten ist Medienberichten zufolge die Entwicklung von zwei Covid-19-Impfstoffen, von Koçak Farma und von der Erciyes Universität. Derzeit soll die Produktionskapazität von Koçak Farma etwa 10 Millionen Dosen pro Monat betragen und sie soll ausgebaut werden.
Im Januar 2020 hat die Türkei mit Sinovac und in begrenztem Umfang mit Corminaty (BioNTech/Pfizer) mit der Impfkampagne begonnen. Die Lieferungen von Corminaty sollen ab Juni erheblich steigen. Außerdem hat die Türkei mit Russland einen Vertrag über die Lieferung von Sputnik-V Impfdosen abgeschlossen. Die Importe sollen später durch lokal gefertigte Impfstoffe ersetzt werden.
Pressemeldungen von Ende April 2021 zufolge haben das türkische Pharmaunternehmen Viscoran A.Ş. und der russische Investitionsfonds (RDIF) eine Einigung über die Produktion des russischen Impfstoffs Sputnik-V in der Türkei erzielt. Das chinesische Unternehmen Sinovac soll der Türkei bereits die Lizenz zur Herstellung des Impfstoffes CoronaVac erteilt haben.
Ausbau der Produktion und Forschung
Die Arzneimittelindustrie genießt Vorrang bei staatlichen Förderungen. Mit dem gezielten Ausbau der pharmazeutischen Produktion soll die hohe Importabhängigkeit abgebaut werden und die langfristige Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten aus lokaler Erzeugung gesichert werden. Zu diesem Zweck wird die Forschung und Entwicklung intensiviert. Der Verband der forschenden Arzneimittelfirmen AIFD beziffert die Zahl der Projekte im Jahr 2020 auf insgesamt 1.225, darunter 565 von der Industrie finanzierte klinische Forschungsvorhaben.
Zahlreiche Branchenunternehmen
Laut dem Arbeitgeberverband der türkischen Arzneimittelindustrie IEIS arbeiten etwa 680 Firmen im Vertrieb und in der Produktion der pharmazeutischen Branche. Davon sind drei Viertel türkische Unternehmen und ein Viertel ausländische Unternehmen. Die Anzahl der Forschungs- und Entwicklungszentren wird für 2019 auf 33 beziffert. Große Pharmaunternehmen, wie Abdi Ibrahim, Ilko Ilac, Dem Ilac und CinnaGen Ilac, investieren vor allem in die Erzeugung und Entwicklung von biotechnologischen Produkten.
Markt für Biopharmazeutika
Ein Großteil der Nachfrage nach Blutprodukten und biotechnologischen Erzeugnissen wird derzeit noch über Importe gedeckt. Sie erreichen jährlich mehr als 1 Milliarde Euro. Das Marktvolumen für Biopharmazeutika in der Türkei schätzt IEIS für 2020 auf 1,2 Milliarden US$.
Der türkische Markt für biotechnologische Arzneimittel
2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | |
---|---|---|---|---|---|
Originalmedikamente (in Mrd. US$) | 1.108 | 1.079 | 1.067 | 1.127 | 1.116 |
Generika (in Mrd. US$) | 40 | 56 | 60 | 108 | 129 |
Originalmedikamente (in Mrd. Stück Verpackungen) | 22,4 | 23,2 | 23,3 | 20,3 | 23,5 |
Generika (in Mrd. Stück Verpackungen) | 3,4 | 4,5 | 5,2 | 9,2 | 10,7 |
Generika machen ein Drittel des Marktes aus
Rund 32 Prozent der 2020 in der Türkei verkauften Arzneien waren Generika, gemessen am Wert. Ihr Anteil hat nur leicht gegenüber dem Niveau von 2015 zugelegt. In den letzten fünf Jahren ist der Markt insgesamt jedoch stark gewachsen und der Umsatz mit Generika hat sich verdreifacht.
Die absatzstärksten Produkte gemessen am Wert waren 2020 onkologische Medikamente mit einem Anteil von 14,5 Prozent. Es folgten die Sparten Herz-Kreislauf-Erkrankungen (8,0 Prozent), Diabetes (7,7 Prozent), Blut (7,6 Prozent), Nervensystem (6,9 Prozent) und Antibiotika (6,7 Prozent).
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