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Viele Rückzieher bei kanadischen LNG-Projekten

Kanadas Ambitionen beim Gasexport erhalten Dämpfer. Dem Projekt Golboro LNG in Nova Scotia fehlen Investoren und Projekte in British Columbia verzögern sich oder werden abgesagt.

Von Daniel Lenkeit | Toronto

Langfristig geplante Großprojekte für den Export von verflüssigtem Erdgas (LNG) an Kanadas Ost- und Westküste haben zuletzt Rückschläge erlitten. Verzögerungen beim Bau von Pipelines durch die Pandemie, zahlreiche stillgelegte Projekte sowie steigende Kosten behindern Kanadas Pläne, ein wichtiger Lieferant für LNG auf dem Weltmarkt zu werden.

Anfängliche Begeisterung mündet selten in Investitionen

Nachdem Kanada den LNG-Boom des letzten Jahrzehnts von der Seitenlinie betrachtet hatte, will das Land in diesem Jahrzehnt groß in den globalen Handel einsteigen. Von Flüssiggasterminals an der kanadischen Westküste in British Columbia (BC) sollten die großen Abnehmermärkte in Asien beliefert werden, darunter Japan, China, Südkorea, Taiwan und Indien. Im kanadischen Osten sollte aus Quebec (GNL Quebec) und Nova Scotia (Goldboro LNG) Flüssiggas nach Europa, unter anderem nach Deutschland, geliefert werden.

Viele dieser Pläne sind bereits gescheitert. In British Columbia beispielsweise reihen sich in den letzten Jahren die aufgegebenen LNG-Projekte aneinander. Zuletzt gab ein Joint Venture des US-Unternehmens Chevron und des australischen Woodside Energy die weitere Finanzierung ihres Vorhabens "Kitimat LNG" auf. Begonnen hatte das Projekt mit den vorläufigen Arbeiten schon 2011. Doch eine finale Investitionsentscheidung wurde nie getroffen. Seit Ende 2019 versuchte Chevron dann seine Anteile an dem Vorhaben erfolglos zu verkaufen und schrieb das genehmigte Projekt schließlich im März 2021 ab. Woodside Energy gab zwei Monate später ebenfalls auf.

Konkrete Gründe für den Rückzug boten die Unternehmen keine - nur die Feststellung, dass sie ihre Kapitalallokation nach kurzfristigeren Gewinnen für ihre Shareholder ausrichten wollten. Ein anderer Grund mag der schleppende Ausbau der Pipeline-Infrastruktur von den Erdgasquellen im Nordwesten BCs zur kanadischen Westküste sein. Vier Pipelines sind hier in Planung; nur eine - die Coastal GasLink Pipeline - ist tatsächlich im Bau.

Gasinfrastruktur in British Columbia erst im Aufbau

Jedoch trifft der Ausbau von Öl- und Gasinfrastruktur in Kanada immer wieder auf Verzögerungen. Hohe regulatorische Auflagen und teilweise starker öffentlicher Widerstand sowie rechtliche Auseinandersetzungen mit indigenen Bevölkerungsgruppen, durch deren traditionelle Gebiete die Leitungen verlaufen, können Zeit und Kosten solcher Großprojekte deutlich erhöhen.

Damit kämpft auch das aktuell einzige in der Bauphase befindliche Flüssiggasprojekt Kanadas - LNG Canada. Angesiedelt ist es ebenfalls in Kitimat, einer kleinen Küstenstadt im Nordwesten BCs. Das 30 Milliarden US-Dollar (US$) teure Vorhaben ist das erste LNG-Großprojekt, das tatsächlich die Planungsphase überwinden konnte.

Angetrieben von einem Unternehmenskonsortium unter der Führung von Royal Dutch Shell sollen von dem hier entstehenden Flüssiggasterminal ab 2025 Asiens Märkte mit kanadischem LNG beliefert werden. Das Erdgas dem Terminal zuliefern soll die Coastal GasLink Pipeline, die über 670 Kilometer von Dawson Creek im Nordwesten BCs nach Kitimat an der Küste verlaufen soll.

Coronapandemie erhöht Bauzeit und -kosten

Die Coronapandemie führt allerdings zu Verzögerungen und höheren Kosten bei dem Pipelinebau, sagt der Errichter und Betreiber der Pipeline, TC Energy. Die Übernahme dieser zusätzlichen Kosten will TC Energy den Gesellschaftern des Projekts (Shell, Petronas, PetroChina, Mitsubishi Corp., Korea Gas) übertragen. Diese lehnen das allerdings ab, was aktuell zu Spannungen zwischen TC Energy und dem LNG-Canada-Konsortium führt. Dies kann die Umsetzung des Gesamtprojekts verzögern. TC Energy droht mit dem Aussetzen von Bautätigkeiten, sollte eine Einigung mit LNG Canada ausbleiben.

Die Pipeline soll eigentlich Ende 2023 fertiggestellt und 2024 getestet werden. Ab 2025 ist der LNG-Terminal dann für den Export bereit.

Goldboro LNG fehlt das Geld - Projekt beendet

Das fast zehn Jahre geplante LNG-Exportterminal Goldboro LNG wird eingestellt. Das gleiche Schicksal traf kürzlich das Projekt Énergie Saguenay LNG in Quebec. Während das Quebecer Vorhaben den Umweltanalysen der Regionalregierung nicht standhielt, hatte Goldboro die lokale Unterstützung sicher. Doch weder das privatwirtschaftliche noch das öffentliche Interesse an dem Projekt war groß genug, um es finanziell zu stemmen. Pieridae Energy, das Unternehmen hinter dem 11 Milliarden US-Dollar schweren Goldboro-Vorhaben in Nova Scotia, gab kürzlich bekannt, dass sowohl die Kosten als auch zeitliche Beschränkungen durch die Pandemie das Projekt nun "untauglich" machten.

Mit dem geplanten Terminal in Nova Scotia sollte aus Alberta importiertes Erdgas verflüssigt und nach Deutschland geschifft werden. Der einzige Kunde, die deutsche Uniper SE, hatte einen Abnahmevertrag über 20 Jahre und 4,8 Millionen Tonnen Flüssiggas pro Jahr mit Pieridae Energy geschlossen.

Die bereits 2020 verlängerte Deadline für die finale Investitionsentscheidung verstrich vor ein paar Wochen nun endgültig - und damit auch die Aussicht auf eine Kreditbürgschaft für das Projekt von deutscher Seite. Pieridae Energy konnte am Ende nicht die erhofften Investitionen anziehen. Allein die kanadische Regierung ersuchte das Unternehmen vergeblich um 800 Millionen US$ an Förderung.

Die Bedingungen für das Projekt an der Ostküste haben sich über die Jahre verschlechtert. Zum einen ist der globale LNG-Markt heute umkämpfter als vor zehn Jahren. Zum anderen gab es damals in den Ostprovinzen Kanadas noch kein Moratorium für Fracking zur Öl- und Gasgewinnung. Ebenso produzierten die Offshore-Gasfelder Sable Offshore Energy Project und Deep Panuke Production Field Centre noch Erdgas. Beide stellten die Produktion 2018 ein. Trotz einer zu erwartenden steigenden Nachfrage in den kommenden Jahren, werden kanadische Flüssiggasprojekte auch in Zukunft hart um ihre Wirtschaftlichkeit kämpfen müssen.

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