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Branchen | Ägypten | Bauwirtschaft

Zulieferprodukte: Zement und Beton

Die ägyptische Zementindustrie kämpft mit Überkapazitäten. Die Konsolidierung der Branche ist in vollem Gang.

Von Sherif Rohayem | Kairo

Ägypten kann sich mit den meisten elementaren Baustoffsegmenten selbst versorgen. Inländische und ausländische Unternehmen versorgen den Markt mit relativ günstigen und größtenteils einheimischen Rohstoffen. Vor allem anspruchsvollere, in der Regel technische Lösungen (Know-how, Ausrüstungen) werden aus dem Ausland bezogen. Schwerpunkte der lokalen Baustoffindustrie sind Stahl, Zement, Keramik und Glas.

Ägypten produziert Zement über lokalen Bedarf

Der Zementbedarf in Ägypten entfällt zu etwa 65 bis 70 Prozent auf den Wohnungsbau und zu 15 Prozent auf Infrastrukturprojekte. Die insgesamt 19 Unternehmen verfügen im Durchschnitt über eine jährliche Produktionskapazität von 85 Millionen Tonnen. Weil die lokale Nachfrage geringer ist als das Angebot, kämpfen die Hersteller mit jährlich steigenden Überkapazitäten und daraus folgenden niedrigen Preisen. So wurden im Fiskaljahr 2018/2019 von 45,7 Millionen Tonnen produziertem Zement lediglich 44,7 Millionen Tonnen abgenommen.

Stellt man die Kapazitäten in Höhe von circa 85 Millionen Tonnen im Jahr dem durchschnittlichen Jahresverbrauch von momentan bis zu 50 Millionen Tonnen gegenüber, besteht eine relativ große Differenz zwischen Nachfrage und Angebotskapazität.

Konsolidierung schon vor Corona

Bereits vor der Coronakrise haben Zementhersteller rote Zahlen geschrieben, teilweise Insolvenz angemeldet oder ihre Produktion gestoppt. So wurde Ende 2018 der Hersteller National Cement liquidiert, El Nahda Cement hat im Juli 2019 Teile seiner Produktion eingestellt, ebenso im Juni 2019 die ägyptische Tochter von HeidelbergCement Tourah Cement.

Die Überkapazitäten sind nochmal gestiegen, als das ägyptische Verteidigungsministerium 2018 die Zementfabrik El Arish bei Beni Suef in Oberägypten in Betrieb gesetzt hat. So kamen zu den seinerzeit vorhanden Kapazitäten von 72 Millionen Tonnen Zement im Jahr weitere 13 Millionen Tonnen hinzu. Wegen der steuerrechtlichen und grundstücksrechtlichen Vorteile sowie der Verfügbarkeit zahlreicher billiger Arbeitskräfte hat El Arish Cement erhebliche Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Zementherstellern, die bis auf ein Unternehmen privat sind.

Ägyptischer Zement ist international nicht wettbewerbsfähig

Mitte 2021 hat die ägyptische Wettbewerbsbehörde auf Antrag der Zementhersteller eine elfprozentige Reduzierung der Zementproduktion für die Dauer von einem Jahr verhängt. Diese Quotierung wurde begrüßt, weil auch ein Export der Überschüsse an der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit gegenüber türkischen oder iranischen Produzenten scheitert. Im Sommer 2022 hat die ägyptische Wettbewerbsbehörde beschlossen, die Produktionsgrenze um ein Jahr zu verlängern.

Zunächst haben die Subventionskürzungen für Strom und Energie zu einem deutlichen Anstieg der Produktionskosten geführt. Dazu konnte die Abwertung der ägyptischen Währung Ende 2016 und auch die späteren ab dem Jahr 2022 die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Zementexporte nicht steigern. Diese potenziellen Wechselkursvorteile werden durch die Abhängigkeit ägyptischer Zementhersteller von importierten Vorprodukten und Kapitalgütern wett gemacht. Schließlich befinden sich die meisten Zementproduktionen an strategisch ungünstigen Standorten - und zwar dort, wo ein kostspieliger Weitertransport zu den Exporthäfen erforderlich ist.

Zementproduktion leidet unter steigenden Energiepreisen

Kurz nach dem Ausbruch der Coronakrise hat die Regierung die Erdgaspreise für Schwerindustrien (einschließlich Zement) von 6 US-Dollar (US$) pro mmBtu (million British thermal unit) auf 4,5 US$ pro mmBtu gesenkt, im selben Atemzug auch die Strompreise. Jedoch rechnet die Investmentbank Pharos in einer Mitteilung von Mitte März 2020 vor, dass beide Maßnahmen die Zementhersteller nicht profitabel machen werden. In der Daily News Egypt schreibt der Geschäftsführer von Lafarge Egypt, dass hierfür ein Erdgaspreis von 1,7 US$ pro mmBtu notwendig wäre. Eine Forderung, die angesichts steigender Erdgaspreise illusorisch ist.

Umso schmerzhafter ist es für die Industrie, dass die Regierung im Oktober 2022 den Erdgaspreis für Zementproduzenten um 109 Prozent auf 12 US$ pro mmBtu erhöht hat. Außerdem setzen viele Zementhersteller Kohle ein. Diese Produzenten sind nun mit gestiegenen Preisen für Kohle konfrontiert, die im Gegensatz zu Erdgas importiert werden muss.

Stand: April 2023

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