Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branchen | China | Gesundheitswesen

China fördert künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen

China setzt auf künstliche Intelligenz (KI), um den Gesundheitsbereich effizienter zu gestalten. In diesen zu investieren, ist für ausländische Anbieter schwierig. 

Von Corinne Abele | Shanghai

Wer zum Arzt muss, wird in China immer öfter digital betreut. Sei es durch ein Internet-Krankenhaus, das in leichteren Fällen online ärztlich beraten, Medikamente verschreiben und diese meist über Drittanbieter liefern kann. Oder man bedient einen Gesundheitsautomaten mit angeschlossener Medikamentenausgabe im eigenen Wohnviertel. Als Pilotprojekt stellt diese der große Versicherer Ping An im Shanghaier Stadtviertel Changning auf. 

KI soll Effizienz im Gesundheitsweisen steigern

Ping An gilt manchem Kenner nicht ohne Grund als Chinas heimlicher KI-Riese im Gesundheitsbereich. Im Sinne und mit Unterstützung der Regierung verfolgt er mit seinen KI-basierten smarten Lösungen mehrere Ziele: So will er dadurch Kosten einsparen beispielsweise durch frühzeitiges Erkennen von Risikogruppen durch Vorsorgeuntersuchungen (mit möglichst wenig Personaleinsatz), die Effizienz erhöhen bei Patientenversorgung und Krankenhausmanagement sowie Ressourcen besser nutzen beispielsweise durch telemedizinische Ansätze.

Bekannt ist Ping An vielen Nutzern durch seine Gesundheits-App „Ping An Good Doctor“, seit Anfang 2021 in „Ping An Health“ umbenannt. Laut Eigendarstellung des Versicherungskonzerns soll die App via individuellem E-Health-Profil und Gesundheitsmanagementprogramm quasi den Hausarzt ersetzen. Inzwischen hat die App rund 346 Millionen Nutzer. Darüber hinaus bietet Ping An auch ein intelligentes cloudbasiertes Assistenzsystem AskBob für medizinisches Personal an, das rund 740.000 Ärzten in ganz China nutzen. Ebenfalls hat der Versicherungskonzern bereits einige KI-Analyse- und Diagnoseprogramme für bildgebende Verfahren und Prognosemodelle für verschiedene Krankheiten auf den Markt gebracht.

Vor allem im Bereich der repetitiven Medizin sehen Branchenfachleute künftig große Möglichkeiten für den Einsatz von digitalen Zwillingen und KI-gestützten Bildauswertungs- oder Blutdiagnoseverfahren. Dies schafft, so sagen Branchenkenner, jedoch auch einen enormen Schulungsbedarf bei Ärzten und Krankenhauspersonal zur Erhebung zuverlässiger Daten und im Umgang mit diesen neuen Technologien. 

Erst KI-Produkte der Klasse III zugelassen

Derweil erlangen erste medizinische KI-Produkte in China Marktreife und -zulassung. Erstmals wurde die mit Deep-Learning-Technologie arbeitende Software DeepVessel FFR von Keya Medical zur nicht-invasiven Funktionsbewertung von Koronararterien von der National Medical Product Administration (NMPA) in der höchsten Risikoproduktklasse III zugelassen; Ende des Jahres folgten Shukun Technology und Deepwise ebenfalls mit Zulassungen für ihre KI-basierten Softwarelösungen zur Analyse der CT-Koronarangiographie beziehungsweise zur Erkennung von Lungenknötchen in der Produktklasse III. Die KI-Einsatzmöglichkeiten bei bildgebenden Verfahren sind enorm. Erstmals entfielen 2020 laut dem Marktforschungsunternehmen Signify Research im Bereich Medical Imaging AI 45 Prozent des weltweiten Finanzierungsvolumens und damit rund 270 Millionen US-Dollar auf chinesische Firmen.

Starkes Marktwachstum prognostiziert

Nach Angaben des Marktforschungsunternehmens Equalocean gab es 2020 rund 130 chinesische Firmen im Bereich KI-basierter Gesundheitsdienstleistung (ohne Genforschung). Nach Einschätzung des chinesischen Marktforschungsunternehmens IResearch dürfte sich dieser Markt zwischen 2018 und 2022 auf rund 9 Milliarden Euro verdreifachen. Auch Research and Markets geht für die Zeit bis 2025 von einem jährlichen Wachstum von knapp 53 Prozent aus. 

Chinas Markt für KI-basierte Gesundheitsleistungen könnte bis 2022 rund 9 Milliarden Euro erreichen.

Shenzhen erlässt erste lokale Vorschriften für KI-Branche

Wohin die Reise künftig gehen könnte, zeigen die ersten lokal erlassenen Vorschriften Ende Juni 2021 für die KI-Branche in Shenzhen, die auch verschiedene Unterstützungsmaßnahmen für den KI-Einsatz im Gesundheitssektor skizzieren. So sollen beispielsweise Krankenhäuser stringente Prüfungssysteme für KI-Produkte und -Dienstleistungen schaffen, um sie in begrenztem Umfang zu testen. Darüber hinaus sichert die Stadt Shenzhen interessierten Unternehmen im Rahmen der bestehenden Gesetze einen verbesserten Zugang zu Daten der Regierung zu.

Ob dies auch für ausländische Firmen gilt, ist offen. Bislang bleiben ihnen in China Kooperationen zur gemeinsamen Datennutzung, wie sie akademische Forschungseinrichtungen oder auch große Versicherer wie Ping An mit Krankenhäusern oder auch dem Staat pflegen, in der Regel verschlossen. Zweifellos, so ist in einem von Ping An gesponserten Beitrag im MIT Technology Review im März 2021 zu lesen, tragen gemeinsame Datennutzung sowie die Rolle der Regierung im Gesundheitswesen dazu bei, dass Ping An seine Strategie eines einheitlichen Ökosystems umsetzen könne. Dazu zählen auch digitale Bezahlsysteme. So hat Ping An im Juli 2021 in Kooperation mit der Bank of China in Shenzhen auch die ersten auf digitalem RMB basierenden Versicherungspolicen ausgegeben – ein Pilotprojekt.

Ausländische KI-Anbieter vor großen Hürden

Ausländische KI-Anbieter beobachten den Markt mit Interesse, aber Vorsicht. Das unsichere regulatorische Umfeld, der einem Genehmigungsvorbehalt unterliegende transnationale Transfer personenbezogener Daten (Patientendaten sind in China zu speichern) sowie umfangreiche Anforderungen an Zertifizierung und Genehmigung auch vieler KI-basierter Gesundheitslösungen schaffen Komplexität und Hindernisse. „Diese Ausgangslage macht den Markteintritt für deutsche Start-ups in diesem Bereich wirklich schwierig“, erklärt Martin Gothe, Koordinator des International Startup Campus in Shanghai, ein gemeinsames Projekt verschiedener mitteldeutscher Universitäten unter der Leitung der Universität Leipzig zur Internationalisierung deutscher Startups. Dennoch könnten auch deutsche Start-ups ihre Ideen hier im Markt testen, daraus lernen und gegebenenfalls anschließend in Deutschland umsetzen.

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.