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Digital Health

Künstliche Intelligenz, Telemedizin, vor allem aber Gesundheitsdaten stehen in Dänemark ganz oben auf der Agenda. Anders lassen sich die Herausforderungen kaum meistern.

Von Michał Woźniak | Stockholm

Ein Spitzenreiter legt nach

Laut des E-Government Berichts der Vereinten Nationen war Dänemark 2020 globaler Spitzenreiter beim Angebot digitaler öffentlicher Dienstleistungen. Das Land etablierte bereits 2003 das landesweite Gesundheitsportal sundhed.dk. Dadurch erhalten Bürger nicht nur Zugriff auf ihre Krankenhistorie, Rezepte, Untersuchungsergebnisse oder das Register für Organspender. Mittlerweile ermöglicht es durch entsprechende Apps unter anderem auch Videokonsultationen mit Psychologen, Psychiatern, Chiropraktikern, Podologen oder Zahnärzten. Dank anderer Applikationen wurde das Portal auch ein wichtiges Mittel im Kampf gegen die Pandemie. Ob Testergebnisse, Coronapass oder Infektionsnachverfolgung - alles wird dort gebündelt.

Entsprechend sind die Nutzerzahlen in den letzten Jahren hochgeschossen: 3,6 Millionen der 5,8 Millionen Dänen haben sich im Laufe des Jahres 2020 mindestens einmal eingeloggt. Monatlich wurden bis zu 11 Millionen Zugriffe verzeichnet. "Corona hat unsere Rolle als Anbieter wichtiger Gesundheitsdaten gestärkt und die Bedeutung digitaler Gesundheitsdaten auf eine ganz neue Ebene gehoben. Die Investitionen der Regionen in die Digitalisierung gehen weiter. Wir müssen diesen Weg einschlagen, um ein Gesundheitssystem von Weltklasse zu erhalten", unterstrich die Vorsitzende der Vereinigung der für die Gesundheitspflege verantwortlichen dänischen Regionen (KL) Stephanie Lose.

Mehr E-Health durch Reform

Welche Schwerpunkte die Entwicklung von E-Health zukünftig haben wird, dürfte die angekündigte Reform des Gesundheitswesens klären. Premierministerin Mette Frederiksen hatte diese bereits zu Anfang ihrer Amtszeit angekündigt. "Der Druck auf das Gesundheitswesen ist so groß, dass es keinen Sinn ergibt eine Gesundheitsreform jetzt in Gang zu setzen", lautete es dann aber im Januar 2021 von Gesundheitsminister Magnus Heunicke. Presseberichten zufolge dürfte es pandemiebedingt 2023 soweit sein.

Da in Skandinavien solche Projekte meistens in enger Zusammenarbeit mit der Geschäftswelt ausgearbeitet werden, liefert ein Papier des Unternehmensverbandes Dansk Industri einen Vorgeschmack. Dieses legt den Fokus vor allem auf chronische Krankheiten, Datenerhebung und -teilung sowie telemedizinische Lösungen. So sollen zukünftig Langzeitleiden mithilfe von Genomsequenzierung und künstlicher Intelligenz frühzeitig erkannt werden. Das Ziel für 2030 sollte sein, 80 Prozent der nicht diagnostizierten chronischen Krankheiten aufzuspüren und die Diagnosen früher zu stellen, als es heute der Fall ist. Ebenfalls 80 Prozent der chronischen Patienten sollen sich bis dahin in Behandlung befinden.

Eine Schnittstelle soll ermöglichen, Daten von mobilen Gesundheitslösungen - Apps und tragbaren Geräten - in die Gesundheitsdatenbank einzuspeisen. Ihre Anzahl und Gebrauch sollen zudem gesteigert werden, damit ältere Menschen "so viele Lebensjahre wie möglich bei sich zuhause verbringen" können. Die in Gesundheitseinrichtungen gesammelten Daten sollen dank einheitlicher Dokumentationspflichten und -standards übersichtlicher werden und für das gesamte Gesundheitswesen abrufbar sein. Mit entsprechender Absicherung sollen sie zudem für Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen sowie die Geschäftswelt zur Verfügung stehen.

Augenmerk auf Life Science

Dieser Bereich wird auch in der im Frühjahr 2021 vorgestellten Life-Science-Strategie der Regierung umfangreich aufgegriffen. Die dadurch etablierte Nationale Partnerschaft für Gesundheitsdaten soll alle relevanten Akteure im Bereich Gesundheitsdaten, darunter verantwortliche Behörden, Regionen, Kommunen, Universitäten, Gesundheitsfachorganisationen, Patientenvereinigungen und die Life Science Industrie sammeln sowie die Rahmenbedingungen für ihre Zusammenarbeit beim Gebrauch von Gesundheitsdaten ausarbeiten. Binnen des Jahres 2022 sollen beispielsweise eine Datenlandkarte für Übersicht über die in unterschiedlichen Registern verfügbaren Daten sorgen, eine Suchmaschine die korrekte Anlaufstelle für die Beantragung des Datenzugangs aufzeigen und ein Wegweiser diesen Prozess erleichtern. Langfristig wird die Schaffung einer auf künstlicher Intelligenz basierenden nationalen Analyseplattform für Gesundheitsdaten sowie eines Statistikservices bei der Gesundheitsdatenbehörde angestrebt.

Um die Attraktivität des Landes für klinische Studien zu erhöhen soll zudem ein Pilotprojekt für virtuelle klinische Studien etabliert und Gebührenerleichterungen für Unternehmen eingeführt werden. Auch soll ein gesonderter Mittelpool den "innovativen Einkauf im Gesundheitswesen" unterstützen. Vorgesehen sind zudem ein Kooperationsprojekt zu Biosolutions sowie eine Partnerschaft für intelligentes Abfallmanagement im Gesundheitswesen.

Fortlaufende Forschung

Neben den Zukunftsvorhaben wird derweil an kleineren Lösungen gearbeitet. Im Rahmen der Finanzplanung für 2022 erhielten die fünf dänischen Regionen über 8 Millionen Euro aus dem Staatshaushalt für 12 Leuchtturmprojekte im Bereich künstlicher Intelligenz. Sie soll beispielsweise der Mangelernährung bei Senioren vorbeugen, die Pränataldiagnostik verbessern, die Untersuchungsergebnisse bei koexistierenden Krankheiten übersichtlicher machen, aber auch die E-Mail-Flut aufräumen oder die Gebäudenutzung optimieren.

Weitere Projekte führen die zahlreichen Cluster durch, darunter das auf klinische Robotik spezialisierte CCR oder das allgemeinere Odense Robotics, das gemeinsame, dänisch-schwedische Medicon Valley oder das auf Wohlfahrtsinnovationen spezialisierte Zentrum der Hauptstadtregion. Besonders interessant für deutsche Unternehmen dürfte dabei das im Rahmen der Interreg-Finanzierung der Europäischen Union geführte Projekt Access & Acceleration sein, das in der deutsch-dänischen Grenzregion eine grenzübergreifende Plattform aufbaut um Unternehmen die Zusammenarbeit mit Krankenhäusern und Forschungseinrichtungen zu erleichtern.

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