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Zollbericht EU Internationale Handelsabkommen

Brexit: Warenverkehr ab 2021 - Ursprung und Präferenzen

Das Handels- und Partnerschaftsabkommen sieht Zollfreiheit für Ursprungswaren vor. Nicht-tarifäre Handelshemmnisse kann das Abkommen nicht verhindern. 

Von Stefanie Eich

Großbritannien gehört ab 1. Januar 2021 nicht mehr zur EU-Zollunion und zum Binnenmarkt. Damit endet der freie Warenverkehr. Zwar konnten sich beide Seiten auf ein Abkommen verständigen, dennoch kommen auf Unternehmen zahlreiche Änderungen zu. Exporteure und Importeure müssen Zollförmlichkeiten beachten. Zollfreiheit gibt es nur für Waren, die die im Abkommen festgelegten Ursprungsregeln erfüllen. Für Nordirland gelten Sonderregeln.

Das Abkommen geht im Bereich Warenverkehr einerseits über bisherige EU-Freihandelsabkommen hinaus, indem komplette Zollfreiheit für alle Waren gewährt wird. In anderen Regelungsbereichen bleibt es aber hinter den Vorschriften aus anderen Abkommen zurück. Folglich wird es in vielen Bereichen nicht-tarifäre Handelshemmnisse geben, die durch die EU-Mitgliedschaft der Briten bisher nicht bestanden. So gibt es beispielsweise keine gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen. Auch ein Mechanismus zur Anerkennung der Gleichwertigkeit von gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen (SPS) fehlt im Abkommen.

Zollfreiheit für Ursprungswaren

Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem VK ist weitgehender als alle anderen Freihandelsabkommen, die die EU bisher geschlossen hat: Es sieht vollständige Zollfreiheit für alle Waren vor und schließt mengenmäßigen Beschränkungen aus (Teil 2, Handel, Art. 21). Voraussetzung für die Zollfreiheit ist, dass die Ursprungsregeln eingehalten werden.

Die Einführung handelspolitischer Schutzmaßnahmen wie Antidumpingzölle, Antisubventionsmaßnahmen oder Strafzölle ist jedoch möglich.

Ursprungsregeln

Zollfreiheit gilt nur für Urprungserzeugnisse der Vertragspartner. Sie wird also nur dann gewährt, wenn Waren ihren Ursprung in der EU bzw. im Vereinigten Königreich haben.

Das ist der Fall, wenn Waren in der EU bzw. im VK gemäß Artikel 39

  • Vollständig gewonnen werden im Sinne des Artikels 41,
  • vollständig aus Ursprungswaren hergestellt werden,
  • oder ausreichend be- bzw. verarbeitet wurden. Dabei darf nur ein bestimmter Anteil an Vormaterialien aus Drittstaaten verwendet werden. Hierbei sind produktspezifische Ursprungsregeln zu beachten (Anhang 3). Voraussetzung kann beispielsweise ein Tarifsprung (Verarbeitungsklausel) oder ein maximaler Anteil von Drittlandswaren (Wertschöpfungsklausel) sein.

Hat eine Ware im Herstellungsprozess Ursprung erlangt, gilt die gesamte Ware als Ursprungserzeugnis, wenn sie als Vormaterial für die Herstellung eines anderen Produktes verwendet wird (Artikel 39 Absatz 2).

 Ausführliche Erläuterungen der Ursprungsregeln finden Sie hier:

  • Leitfaden der britischen Regierung
  • Die EU-Datenbank Access2Markets wurde in Bezug auf das Abkommen aktualisiert. Informationen zu den Ursprungsregeln lassen sich über das integrierte Tool ROSA recherchieren. Damit ist eine Selbstbewertung der Ursprungsregeln möglich. Es handelt sich dabei zwar nicht um eine rechtssichere Auskunft, bietet aber eine Orientierungshilfe für Unternehmen. 

Kumulierung (Artikel 40)

Das Abkommen sieht bilaterale Kumulierung vor. Damit können Ursprungserzeugnisse des Vertragspartners, die für die Herstellung des Fertigproduktes  im Zollgebiet der anderen Vertragspartei als  Vormaterialien Verwendung finden, für den Ursprung des Fertigproduktes berücksichtigt werden, wenn das Fertigprodukt  in das Gebiet des Vertragspartners  exportiert wird.

Die Kumulierung erfolgt vollständig. Dies bedeutet, dass nicht nur Ursprungserzeugnisse des Vertragspartners, sondern jeder Produktionsschritt, auch wenn dieser och nicht den Ursprung des Vormaterials begründet, für die Ursprungsbestimmung des Fertigproduktes berücksichtigt wird.  Folglich  wird jede Wertschöpfung berücksichtigt, die in der EU-britischen Freihandelszone stattfindet.

Beide Regelungen gelten allerdings nur, sofern die Be- bzw. Verarbeitung über die sogenannte Minimalbehandlung gemäß Artikel 43 hinausgeht.

Präferenznachweise (Artikel 56)

Präferenzursprungsnachweise werden im Rahmen eines Selbstzertifizierungssystems ausgestellt. Eine Warenverkehrsbescheinigung ist im Abkommen nicht vorgesehen. Exporteure bescheinigen den Warenursprung durch eine Erklärung zum Ursprung auf der Handelsrechnung, die dem vorgeschriebenen Wortlaut in Anhang 7 entspricht. Alternativ kann die Erklärung auf einem anderen Handelspapier erstellt werden, sofern die Ware in diesem Dokument ausreichend detailliert beschrieben wird, um sie identifizieren zu können.

Die Erklärung zum Ursprung verlangt die Angabe einer Ausführer-Referenznummer. Hierbei handelt es sich um die REX-Nummer des Ausführers. Für Ausfuhren im Warenwert von weniger als 6000 Euro ist eine REX-Registrierung nicht notwendig.

Der Präferenznachweis ist für eine einzelne Lieferung oder mehrere Lieferungen in einem bestimmten Zeitraum gültig. Dieser Zeitraum ist auf zwölf Monate begrenzt.

Die Präferenzbehandlung kann gemäß Artikel 58 auch auf der Gewissheit des Importeurs basieren, dass das Produkt Präferenzursprung hat.

Zwischen Abschluss und vorläufigem Inkrafttreten des Abkommen liegen nur wenige Tage. Wirtschaftsbeteiligte haben daher nicht ausreichend Zeit, um sich auf die Anforderungen des Abkommens vorzubereiten. Unternehmen können die Möglichkeit nutzen, den Ursprung nachträglich nachzuweisen und einen Erstattungsantrag für etwaig gezahlte Zölle zu stellen.  

 

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