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Zollbericht EU Freihandelsabkommen (Warenursprung, Präferenzen)

Die Paneuropa-Mittelmeer-Zone

Neue Ursprungsprotokolle und alternative Ursprungsregeln als Übergangsregelung führen zu Veränderungen in der durch Kumulierung geprägten Freihandelszone.

Von Melanie Hoffmann, Dr. Achim Kampf | Bonn

Die Paneuropa-Mittelmeer-Zone entspricht nicht dem klassischen Typ einer Freihandelszone, in der zwei oder mehrere Staaten auf der Grundlage eines Freihandelsvertrages die Schaffung einer Freihandelszone vereinbart haben. Kennzeichnend für sie ist vielmehr ein Netzwerk von mehr als 60 Präferenzabkommen, die die Teilnehmerländer untereinander geschlossen haben. Soweit als Bindeglied einheitliche Ursprungsregeln bestehen, führt dies zu weitreichenden Zollvergünstigungen.

Beteiligte Länder

Pan-Euro-Med als Kumulierungszone

Staaten schließen untereinander Präferenzabkommen, um Zollvergünstigungen zu erhalten oder sogar zollfrei Waren auszutauschen. Die Inanspruchnahme von Zollpräferenzen innerhalb einer Freihandelszone setzt voraus, dass es sich bei den Erzeugnissen um Ursprungswaren handelt. Die Kriterien hierfür sind im Ursprungsprotokoll des jeweiligen Präferenzabkommens geregelt. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Regelungen zur sogenannten Kumulierung von Waren.

Im Rahmen einer Kumulierung werden Vormaterialien mit Ursprung in einem oder (jeweils) mehreren Ländern den Vormaterialien mit Ursprung in einem anderen Land zugerechnet (kumuliert). Voraussetzung für eine solche uneingeschränkte Kumulierung innerhalb der Pan-Euro-Med-Zone ist, dass das Land der Endfertigung und das Endbestimmungsland mit allen Ländern, in denen die verwendeten Vormaterialien ihren Ursprung haben, Freihandelsabkommen mit denselben Ursprungsregeln geschlossen haben.

Dieses Prinzip der sogenannten variablen Geometrie wird ausdrücklich in den Erläuterungen zu den Ursprungsprotokollen Pan-Europa-Mittelmeer (ABl. 2007/C/83/01) erwähnt und ergibt sich auch aus dem Regionalen Übereinkommen über Pan-Europa-Mittelmeer Präferenzursprungsregeln (im Folgenden: PEM-Übereinkommen) (Abl. 2013/L/54/1 vom 26.2.2013).

Ziel des PEM-Übereinkommens ist es, die Einheitlichkeit der Ursprungsregeln zu vereinfachen und eine effizientere Verwaltung der Regeln zu ermöglichen. Auf der Grundlage des PEM-Übereinkommens (als einheitliche Ursprungsregeln) ist eine uneingeschränkte Kumulierung nur möglich, wenn dieses Übereinkommen die bisherigen Ursprungsprotokolle der Freihandelsabkommen zwischen den Staaten jeweils ersetzt. Dies erfolgt durch eine Verweisung auf das Übereinkommen in den jeweiligen Präferenzabkommen. Änderungen des Übereinkommens wirken sich dann gleichzeitig auf die Abkommen aus, ohne dass jeweils im Einzelnen die Ursprungsprotokolle geändert werden müssen. Da der Übergang zum PEM-Übereinkommen nicht gleichzeitig für alle Vertragsparteien der Pan-Euro-Med-Zone erfolgt, können zur Vermeidung von Nachteilen weiterhin auch die einschlägigen Artikel zur Kumulierung der früheren Ursprungsprotokolle angewendet werden.

Die EU-Kommission veröffentlicht in aktuellen Mitteilungen jeweils eine Übersicht über die zwischen den Mitgliedern der Pan-Euro-Med-Zone möglichen Kumulierungen (Matrix).

Die Kumulierung auf Grundlage des Pan-Euro-Med Übereinkommens

Hinsichtlich der Ursprungsregeln/-systematik unterscheidet sich das PEM-Übereinkommen kaum von anderen Ursprungsprotokollen. Auch hiernach müssen Ursprungserzeugnisse entweder vollständig in der Freihandelszone gewonnen, hergestellt oder in ausreichendem Maße be- oder verarbeitet sein. Bei der Mehrzahl der Erzeugnisse ist ausreichende Be- und Verarbeitung der eingesetzten Vormaterialien ohne Ursprung definiert als Positionswechsel, Wertkriterium (häufig max. 30 bzw. 40 Prozent des Ab-Werk-Preises der hergestellten Ware) oder einer Kombination aus beiden. Für einige Erzeugnisse gelten Sonderregelungen (zum Beispiel doppelter Positionswechsel bei Textilien). Einzelheiten enthält Anhang II des PEM-Übereinkommens. Wichtig für das Funktionieren der Freihandelszone sind die weitreichenden Kumulierungsregeln.

Pan-Euro-Med-Kumulierung: Ein Beispiel

Die Länder 1 und 2 unterhalten ein bilaterales Freihandelsabkommen (FHA). Land 1 liefert Vormaterialien an Land 2. Dort findet eine Weiterverarbeitung statt. Die Fertigware wird danach zurück an Land 1 verkauft. Wegen der Zulieferung aus Land 1 wurde die Ware nicht vollständig in Land 2 erzeugt. In diesem Fall kann dennoch darauf verzichtet werden, zu prüfen, ob die Ursprungsregeln erfüllt sind. Denn die in Land 1 erfolgten Verarbeitungsschritte werden denjenigen in Land 2 hinzugerechnet (bilaterale Kumulation).

Hätte Land 2 die Vormaterialien aus Land 3 bezogen, mit dem kein FHA besteht, so wäre zu prüfen gewesen, ob die Vormaterialien den Ursprungsregeln entsprechend ausreichend be- oder verarbeitet wurden. Falls nicht, wäre die Fertigware in Land 1 nicht präferenzberechtigt gewesen.

Wenn nun aber Land 3 ebenfalls ein FHA mit den Ländern 1 und 2 mit gleichlautenden Ursprungsprotokollen unterhält, können die Fertigwaren präferenzberechtigt nach Land 1 exportiert werden. Die Vormaterialien aus Land 3 wirken sich nicht ursprungsschädlich aus (diagonale Kumulierung).
Anders ausgedrückt bedeutet Kumulierung, dass die Verwendung von Vorerzeugnissen mit Ursprung in jedem beliebigen Land einer Präferenzzone zur Folge hat, dass das hergestellte Erzeugnis als präferenzberechtigte Ursprungsware in ein beliebiges anderes Land dieser Präferenzzone ausgeführt werden kann. Voraussetzung für eine derartige Kumulierung ist allerdings, dass zwischen den beteiligten Staaten Präferenzabkommen mit gleichlautenden Ursprungsprotokollen in Kraft sind.

Das Pan-Euro-Med-Abkommen sieht die diagonale Kumulierung vor. Dabei werden Vormaterialien aus verschiedenen Ländern innerhalb der Präferenzzone verwandt und das hergestellte Ursprungserzeugnis wird sodann an eine andere Vertragspartei aus der Präferenzzone, die nicht an der Vorlieferung beteiligt war, geliefert.

Bezogen auf die Grafik liefert Land 1 Vormaterialien mit Ursprung in Land 1 an Land 2. Land 2 ist ebenfalls Partner der Präferenzzone bzw. des Abkommens und übernimmt den Herstellungsprozess des Enderzeugnisses. Die Ware hat folglich ihren Ursprung in Land 2 und wird anschließend an Land 3, welches ebenfalls Teil der Präferenzzone ist, geliefert.

Quelle: GTAI


Grafik Grafik | © GTAI, Eigene Darstellung, in Anlehnung an IHK Schwaben

Spezieller Nachweis für Kumulierungen erforderlich

Waren, die ihren Ursprung durch die Pan-Euro-Med-Kumulierung erhalten haben, müssen dies in besonderer Weise nachweisen. Dies erfolgt durch die Warenverkehrsbescheinigung „EUR-MED“ oder einer Ursprungserklärung „EUR-MED“ auf der Rechnung.
Gründet sich die Präferenz nicht auf eine Kumulierung, sind weiterhin die klassischen Nachweise zu verwenden (EUR.1 und Ursprungserklärung).

Zollvergünstigungen können bei Wiederausfuhr in ein zweites Bestimmungsland nicht gewährt werden, wenn die Ware lediglich mit einem klassischen Präferenznachweis in das erste Bestimmungsland ausgeführt wurde. Vergünstigungen sind nur möglich, wenn die Ware bereits mit dem Präferenznachweis EURO-MED in das erste Bestimmungsland ausgeführt wurde.

Neue Ursprungsprotokolle und alternative Ursprungsregeln

Das Ziel der mehrjährigen Verhandlungen der Europäischen Union (EU) mit den Partnerstaaten des Paneuropa-Mittelmeerraumes über die Modernisierung des Abkommens und der Ursprungsregeln war die Schaffung eines einzigen Revisions-Rechtsaktes. Da man sich bisher auf kein modernisiertes Übereinkommen einigen konnte, vereinbart die EU mit den Vertragsstaaten des derzeit geltenden Übereinkommens die alternativ geltenden (geplanten neuen) Regelungen des Übereinkommens. Deshalb werden nun die Ursprungsprotokolle der jeweiligen bilateralen Abkommen mit einem alternativ anwendbaren Regelwerk ergänzt. Innerhalb der Übergangsperiode kann der Exporteur im Warenverkehr mit anwendenden Vertragsparteien das PEM-Übereinkommen oder die Übergangsregeln anwenden. 

Die EU strebt auch weiterhin den Abschluss der Überprüfung des PEM-Übereinkommens an, um ein einheitliches und modernisiertes Regelwerk für den gesamten PEM-Bereich zu schaffen. Dieses soll innerhalb der Zone die einzelnen Ursprungsprotokolle ersetzen, was durch Verweisung der Protokolle auf das Übereinkommen erfolgt. 

Bei der Ausstellung von Präferenznachweisen muss die Anwendung der Übergangsregelung durch den Vermerk "Transitional Rules" kenntlich gemacht werden. Als Präferenznachweis wird nur noch die Warenverkehrsbescheinigung  EUR.1 bzw. die Ursprungserklärung des Ausführers im Rahmen der Übergangsregeln akzeptiert. Beim Import sind besondere Codierungen für Präferenznachweise anzumelden. 

Weitere Informationen zu den neuen Übergangsregeln 

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