Deutsche Wettbewerbsposition | Finnland
Deutsche Spitzentechnologien sind gefragt
Vor allem deutsche Waren mit höherem Fertigungsgrad sind in Finnland gefragt. Das wird sich zukünftig nicht ändern. Möglichkeiten bietet das Land auch als Beschaffungsmarkt.
21.01.2022
Von Niklas Becker | Helsinki
Der bilaterale Handel zwischen Deutschland und Finnland ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen. So hat sich das Volumen des Warenaustausches zwischen 2001 und 2019 mehr als verdoppelt. Trotz dieser guten Entwicklungen spielt Finnland in der deutschen Außenhandelsstatistik weiterhin nur eine geringe Rolle. Mit 5,5 Millionen Einwohnern bietet das Land einen vergleichsweise kleinen Absatzmarkt.
Ein Grund für den Ausbau des Warenaustausches ist der gute Ruf deutscher Technologien in Finnland. Auch die zahlreichen deutschen Investoren im Land haben ihren Teil zur Vertiefung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen beigetragen. Sie schätzen am finnischen Markt vor allem die weit verbreiteten digitalen Kompetenzen und die entsprechende Infrastruktur sowie die qualifizierten Arbeitnehmer.
Wie eine Unternehmensbefragung der Deutsch-Finnischen Handelskammer (AHK Finnland) außerdem zeigt, sind die Bedingungen für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten sowie die Offenheit der Konsumenten für neue Waren Pluspunkte des finnischen Investitionsstandorts. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass der Markteintritt in wichtige Wirtschaftszweige für ausländische Unternehmen teilweise durch die Dominanz weniger Wettbewerber erschwert wird.
Finnland auf einen Blick
Finnland importierte 2020 laut Eurostat Waren im Wert von 59,8 Milliarden Euro, davon stammten 17,5 Prozent aus Deutschland. Destatis zufolge lag das Land auf Rang 24 der wichtigsten deutschen Absatzmärkte. |
Finnland exportierte 2020 Waren im Wert von 57,9 Milliarden Euro. 13,7 Prozent davon gingen nach Deutschland - Rang 30 der wichtigsten deutschen Bezugsmärkte. |
Laut finnischem Statistikamt waren 2020 rund 380 deutsche Unternehmen in Finnland ansässig. Damit stellen deutsche Firmen fast 25.000 Arbeitsplätze im Land. |
Deutschland bleibt wichtigster Importpartner
Deutsche Produkte haben in der finnischen Importstatistik über die Jahre weiter an Bedeutung gewonnen. In Zukunft dürfte der Anteil deutscher Waren mindestens auf dem jetzigen Niveau bleiben. Verschiedene Investitionsprojekte der finnischen Industrie sowie die Klimaschutzziele der Regierung und der damit verbundene stärkere Ausbau erneuerbarer Energien (EE) könnten die Nachfrage nach deutschen Technologien zusätzlich steigern.
Der Rückgang des Anteils der aus Russland importierten Waren nach 2013 ist im Wesentlichen auf Schwankungen des Ölpreises zurückzuführen. Für Finnland ist Erdöl das mit Abstand wichtigste aus Russland importierte Produkt. Die Menge des eingeführten russischen Erdöls liegt seit 2008 auf einem gleichbleibenden Niveau. 2021 dürfte der russische Anteil in der finnischen Importstatistik wegen steigender Ölpreise wieder etwas zugelegt haben. Aufgrund der sinkenden finnischen Nachfrage nach Erdöl wird der Anteil jedoch unter dem Niveau der Zeit vor der Pandemie liegen. Die fortschreitende Energiewende Finnlands wird die zukünftige Nachfrage nach russischem Erdöl weiter senken.
Bild vergrößernKlassische deutsche Exportschlager bestimmen das Bild
Deutsche Technologien sind in Finnland weiterhin sehr gefragt. Das hat dazu geführt, dass Maschinen mit dem Label "Made in Germany" in der Vergangenheit trotz einer stärkeren chinesischen Präsenz Marktanteile dazugewinnen konnten. Da finnische Unternehmen bereits vor der Coronakrise zu wenig in ihre Anlagenparks investiert haben, ist in den kommenden Jahren mit höheren Investitionen zu rechnen. Davon würden auch deutsche Maschinen- und Anlagenbauer profitieren. Daten der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (United Nations Conference on Trade and Development, UNCTAD) zeigen, dass sich der Anteil der aus Deutschland nach Finnland exportierten Industriegüter mit mittlerem und hohem Fertigungsgrad in den vergangenen Jahren schrittweise erhöht hat.
Bild vergrößernHauptlieferanten wichtiger Produkte (Anteil in Prozent) 1)
Rang | Produkt | 2000 | 2010 | 2020 |
---|---|---|---|---|
Maschinen 2) | ||||
1 | Deutschland | 27,1 | 27,2 | 28,5 |
2 | Schweden | 16,8 | 15,9 | 13,8 |
3 | China | 0,5 | 3,5 | 6,6 |
Kfz und -Teile 3) | ||||
1 | Deutschland | 37,6 | 34,2 | 36,6 |
2 | Schweden | 12,4 | 17,7 | 23,0 |
3 | Tschechien | 0,9 | 5,0 | 5,6 |
Chemische Erzeugnisse 4) | ||||
1 | Deutschland | 17,6 | 20,5 | 20,9 |
2 | Schweden | 17,1 | 14,4 | 10,8 |
3 | Niederlande | 12,0 | 12,8 | 9,2 |
Digitale Dienstleistungen aus dem Norden
Bei den aus Finnland nach Deutschland importierten Gütern spielen Industriewaren mit einem niedrigeren Fertigungsgrad eine deutlich größere Rolle als beim entgegengesetzten Handel. Zu erkennen ist aber auch hier ein Anstieg der Anteile von Produkten mit mittlerem und hohem Fertigungsgrad. Finnland gilt als eines der digitalsten Länder der Europäischen Union. Die Firmen des Landes verfügen über hohe Kompetenzen in den Bereichen Software und digitale Dienstleistungen. Für deutsche Unternehmen könnte der Einkauf dieser Dienste bei finnischen Partnern somit einen großen Fortschritt bringen.
Das nordische Land verfügt über eine Reihe seltener Erden, die beispielsweise bei der Herstellung von Batterien für Elektroautos eingesetzt werden können. Noch sind die Lagerstätten dieser Erden in Finnland wenig erschlossen. Sollte sich das jedoch ändern, wäre das nordische Land in diesem Bereich ein guter Beschaffungsmarkt. Zukünftig könnte auch die Beschaffung von grünem Wasserstoff aus Finnland ein Thema werden. Das Land verfügt über großes Potenzial bei erneuerbaren Energien. Für die umweltfreundliche Herstellung von Wasserstoff sind diese eine wichtige Voraussetzung.