Wirtschaftsumfeld | Gambia | Konjunktur
Wirtschaft im Aufbau
Das kleine Land Gambia ist stark auf Tourismus angewiesen. Potenzial gibt es aber auch in anderen Branchen.
07.04.2021
Von Corinna Päffgen | Accra
Seit dem Regierungswechsel im Jahr 2017 durchlebt das westafrikanische Land politisch und wirtschaftlich einen Wandel, der durch zahlreiche Reformen bis zum Ausbruch der Covid-19-Pandemie erste Früchte getragen hat.
Die Coronakrise hat die gambische Wirtschaft, die 2019 ein reales Wachstum von mehr als 6 Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) verzeichnete, im Jahr 2020 in die Rezession schlittern lassen. Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) ist diese um 1,8 Prozent des BIP geschrumpft. Getroffen wurde aufgrund der Reisebeschränkungen der für das Land wichtige Tourismussektor. Daneben hat aber auch der Handel Einbrüche erlitten. Etwa 20.000 Jobs gingen verloren, die Arbeitslosenquote kletterte auf über 40 Prozent und die Armutsrate stieg auf nun 48,6 Prozent. Beim Human Development Index (HDI) der Vereinten Nationen (UN) lag Gambia in 2020 auf Platz 172 von 189.
Um die Auswirkungen der Pandemie abzufedern musste Gambia die öffentlichen Ausgaben erhöhen, sodass die bereits hohe Staatsverschuldung von 81 Prozent auf 83,1 Prozent des BIP stieg.
Bessere Aussichten für 2021
In 2021 ist von einer Erholung der Wirtschaft auszugehen. Der IWF rechnet optimistisch mit einem Wachstum in Höhe von 6 Prozent des BIP. Die Schätzung der Economist Business Intelligence Unit (EIU) ist mit einem Wachstum von etwa 3 Prozent zurückhaltender. Ähnlich ist die Einschätzung der Afrikanischen Entwicklungsbank.
Für 2022 ist nach Einschätzung der EIU ein Anstieg des BIP von 4,7 Prozent zu erwarten, wobei die Afrikanische Entwicklungsbank von einem Wachstum von 5,1 Prozent ausgeht.
Touristen können zurückkehren
Seit mehreren Monaten sind die Grenzen Gambias wieder geöffnet. Zudem sind die Einschränkungen des öffentlichen Lebens größtenteils aufgehoben. So haben Restaurants, Kinos und Nachtclubs wieder geöffnet. Die Aufhebung der Beschränkungen und die Öffnung des Landes lässt nun auf die baldige Rückkehr der Touristen hoffen. Zudem hat Gambia im Rahmen der COVAX-Initiative Anfang März 2021 eine erste Lieferung von 36.000 Impfstoffdosen erhalten. Spürbar dürfte die Erholung des Tourismussektors in der zweiten Jahreshälfte sein.
Infrastruktur wird ausgebaut
Gambia gehört mit rund 2,4 Millionen Einwohnern zu den kleinsten Märkten in Subsahara-Afrika. Wenn auch die Geschäftsmöglichkeiten begrenzt sind, ist das Land wirtschaftlich gesehen nicht uninteressant.
Politisch wurden die Weichen mit dem National Development Plan (2018-2021, NDP) gestellt. Der NDP sieht Investitionen in Höhe von 2,4 Milliarden US-Dollar (US$) vor, die zum großen Teil in Energie- und Infrastrukturprojekte fließen sollen, umgesetzt durch mehr Einbindung des Privatsektors durch PPP-Projekte. Bereits erweitert wurde die Kapazität des Flughafens in Banjul. Ausgebaut werden soll das Straßennetz in ländlichen Gebieten sowie der Hafen von Banjul. Daneben können sich Chancen bei der Lieferung von Baumaterialien und im Bereich von Dienstleistungen in Form von technischen Studien sowie Architektur- und Machbarkeitsstudien ergeben.
Großer Investitionsbedarf besteht auch in der Energieinfrastruktur. Strom ist in Gambia teuer und nur etwa die Hälfte der Bevölkerung hat Zugang zu Elektrizität. Die installierte Erzeugungskapazität in 2018 betrug gerade einmal 100 Megawatt (MW). Mit der Gambia Energy Roadmap und Programmen wie dem Clean Energy Program und dem Gambia Electricity Access Project will die Regierung die Erzeugungsleistung unter anderem mit Solarenergie auf 250 MW steigern und zudem die Übertragungs- und Verteilungskapazität ausbauen. Die Finanzierung stammt unter anderem von der Europäischen Union und der Europäischen Investment Bank.
Mehr lokale Wertschöpfung bei Nahrungsmitteln
Etwa 20 Prozent der geplanten Investitionen im sind für den Bereich Landwirtschaft und Fischerei vorgesehen. Der Agrarsektor beschäftigt etwa 70 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung und trägt etwa 25 Prozent zum BIP bei. Gesteigert werden soll die Produktion von Reis, Mais, Zwiebeln, Tomaten und Erdnüsse. Reis gehört zu den Grundnahrungsmitteln in Gambia, lokal produziert wird bislang allerdings nur ein kleiner Teil. Ebenfalls gesteigert werden soll die Verarbeitung landwirtschaftlicher Güter und somit die lokale Wertschöpfung vor Ort.
Aktivitäten im Öl- und Gassektor dürften zunehmen
Seit einigen Jahren wird vor der Küste Gambias nach Öl gebohrt. Mehrere Offshore-Blöcke liegen neben dem senegalesischen Sangomar-Feld, wo bereits Funde verzeichnet wurden.
Lizenzen für die Blöcke A2 und A5 werden von dem Joint Venture zwischen der FAR Gambia Ltd. und PETRONAS gehalten. Die Lizenz für den Block A1 wurde in 2019 neu an BP Exploration Gambia Ltd. vergeben, nachdem lange die African Petroleum die Lizenzen an den Blöcken A1 und A4 zusammen gehalten hatte. Für den Block A4 und weitere Blöcke wurden bislang noch keine Lizenzen vergeben beziehungsweise diese aufgrund eines anhängigen Rechtsstreites nicht erneuert. Informationen zu neuen Lizenzierungsrunden sind derzeit nicht verfügbar.
Gerüchten zufolge soll vor der Küste Gambias kürzlich tatsächlich Öl gefunden worden sein, eine offizielle Bestätigung steht bislang aus.