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Hongkongs Importe von Körperpflegemitteln steuern auf Rekord zu

Der Inlandsumsatz bleibt wegen ausbleibender Touristen schwach. Dafür entwickelt sich der grenzüberschreitende E-Commerce positiv. Die Branchen-Reexporte nach China boomen.

Von Roland Rohde | Hongkong

Hongkongs Markt für Kosmetik und Körperpflegemittel ist größer als es die aus 7,4 Millionen Personen bestehende Bevölkerung vermuten lässt. So fallen laut Schätzungen von Branchenkennern die entsprechenden Pro-Kopf-Ausgaben mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland aus. Zudem verdoppeln – zu Normalzeiten jedenfalls – kauffreudige Touristen vom chinesischen Festland den Bedarf noch einmal. Hochpreisige Schönheitsmittel stellen beliebte Mitbringsel dar.

Viele von ihnen blieben allerdings im 2. Halbjahr 2019 wegen der politischen Unruhen in der Sonderverwaltungsregion (SVR) fern. Dann schlossen Anfang 2020 infolge der Covid-19-Pandemie die Grenzen, sodass überhaupt keine Touristen mehr kamen. Das Geschäft mit Kosmetik und Körperpflegemitteln brach sehr stark ein. Drogerien und Supermärkte, die viele Einheimische als Kunden zählen, waren weniger dabei stark betroffen.

Inländischer Branchenumsatz pandemiebedingt mehr als halbiert

Nach Angaben des Statistikamtes der SVR hat sich 2020 der Einzelhandelsumsatz an Kosmetik und Arzneimitteln – beide Kategorien werden zusammen erfasst – auf knapp 2,8 Milliarden US-Dollar (US$) halbiert. In diese Zahlen waren allerdings noch nicht die in Supermärkten und Warenhäusern getätigten Einkäufe enthalten. Im Verlauf des Jahres 2021 belebte sich das Geschäft ein wenig. Die Einheimischen geben wieder mehr vor Ort aus, da sie nicht verreisen können. Das Interesse an Kosmetik und Pflegemitteln ist gestiegen. Schließlich verteilte die Regierung im Sommer 2021 großzügig Einkaufsgutscheine unter der Bevölkerung.

Trotzdem lag der Einzelhandelsumsatz an Kosmetik und Arzneimitteln auch im 3. Quartal 2021 gerade einmal knapp 8 Prozent oberhalb des Vorjahresniveaus. Im Vergleich zum Vorkrisenlevel, bei dem es sich wohlgemerkt um das 3. Quartal 2018 handelt, ergab sich immer noch ein Minus von 43 Prozent.

Ohne Grenzöffnung keine Besserung in Sicht

Nach einem raschen Umschwung sieht es nicht aus. Obwohl es in Hongkong praktisch keine lokalen Coronafälle gibt, lässt China die Grenzen zur SVR dicht. Erst nach dem chinesischen Neujahr Ende Februar 2022 soll es einen beschränkten quarantänefreien Reiseverkehr geben. Ein einziger, nicht nachvollziehbarer Infektionsfall in Hongkong oder eine weitere Verschärfung der sich im Herbst 2021 zuspitzenden Coronasituation in China kann die Pläne aber sehr schnell zunichtemachen.

Erst 2023 oder 2024 dürften Einkaufstouristen im gewohnten Umfang zurückkommen.

Wahrscheinlich dürften erst 2023 oder 2024 chinesische Touristen im gewohnten Umfang zurück nach Hongkong strömen. Ob sie dann auch wieder wie früher shoppen gehen, bleibt abzuwarten. China führt nämlich im eigenen Land die Möglichkeit zum Duty-free-Einkauf ein – etwa auf der Urlaubsinsel Hainan. Das ist für die ehemalige britische Kolonie, die weder Einfuhrzölle noch Mehrwertsteuern kennt und dadurch mit günstigen Preisen lockt, eine ernsthafte Bedrohung.

Branchenimporte 2021 voraussichtlich bei über 9 Milliarden US$

Interessanterweise hat das Importgeschäft in Hongkong nicht unter der einheimischen Absatzkrise gelitten. Ganz im Gegenteil: Die Brancheneinfuhren erreichten 2020 gemäß dem lokalen Statistikamt mit gut 8,8 Milliarden US$ einen Rekordwert. In den ersten neun Monaten 2021 legten sie noch einmal um 9 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode zu und dürften bis Dezember 2021 die 9-Milliarden-US$-Grenze deutlich überschreiten. 

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Reexporte nach China innerhalb kurzer Zeit vervierfacht

Ein Großteil des Wachstums ist auf den grenzüberschreitenden E-Commerce zurückzuführen. Immer mehr Online-Shops bedienen von der SVR aus Kunden auf dem chinesischen Festland. Entsprechend lebhaft haben sich die Hongkonger Branchen-Reexporte ins Reich der Mitte entwickelt. Alleine zwischen 2016 und 2020 stiegen sie um den Faktor vier auf 3 Milliarden US$. Zwischen Januar und September 2021 legten die Reexporte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nochmals um gut 8 Prozent zu.

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Im Luxusbereich sind prestigeträchtige Kosmetik- und Parfümanbieter aus Frankreich führend. Japan und Südkorea bedienen das mittlere Preissegment. US-Produkte sind in der Pflegesparte stark. "Made in Germany" deckt die Marktnische nach naturbelassenen Waren ab. Eine Produktpalette von Sebamed etwa ist in vielen Hongkonger Supermärkten oder Drogerien zu finden. Aufgrund der kartellähnlichen Zustände im Einzelhandelssektor sind sie jedoch doppelt so teuer wie in Deutschland.

Hongkongs Brancheneinfuhren nach Lieferländern (in Millionen US$) 1)

Land

2020

20212

Südkorea

2.197

1.950

Frankreich

1.664

1.900

Japan

1.506

1.650

USA

1.081

1.150

China

590

710

Vereinigtes Königreich

426

380

Italien

282

360

Schweiz

139

105

Deutschland

114

105

Singapur

109

130

1) SITC-Position 55 (einschl. Pflegemitteln für Möbel, Schuhe, Autos, etc.); 2) Hochrechnung auf Basis der ersten drei QuartaleQuelle: Statistikamt Hongkong 2021

Ketten dominieren Hongkongs Einzelhandel

Im Drogeriebereich dominieren die Ketten Watsons und Mannings. Sie unterhalten nach Unternehmensangaben 450 beziehungsweise 350 Niederlassungen in der Stadt. Ihre Muttergesellschaften haben zugleich das Business mit Supermärkten unter sich aufgeteilt. Im Bereich Kosmetik und Parfüms kommen zusätzliche Anbieter wie Sasa (108 Geschäfte in Hongkong und Macau) und Bonjour (31 Läden) hinzu.

Führende französische oder japanische Anbieter betreiben exklusive Outlets in großen Shoppingmalls oder sind in Warenhäusern anzutreffen. Das ist angesichts der hohen Mietpreise eine sehr teure Alternative. Allerdings sind diese infolge der Coronakrise stark gesunken. Seit dem Sommer 2021 steigen die Mietpreise aber wieder leicht an.

Der Einkaufsbummel gehört in Hongkong immer noch zur liebsten Freizeitbeschäftigung.

Alle großen Einzelhändler in der SVR unterhalten E-Commerce-Plattformen. Die Coronapandemie hat dem Onlinehandel hohe Zuwachsraten beschert. Größter unabhängiger Anbieter ist HKTVmall. Fast ein Fünftel seiner wertmäßigen Bestellungen entfiel im 1. Halbjahr 2021 laut Geschäftsbericht auf die Sparte Schönheit und Gesundheit. Mit 70 Millionen US$ fiel das entsprechende Geschäftsvolumen aber recht gering aus. Die Konsumenten lieben den klassischen Einkaufsbummel und probieren dabei gerne Kosmetik, Parfüms oder Cremes aus.

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