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Branchen | Indien | Freizeitartikel

Gute Wachstumsaussichten für Spielwaren in Indien

Der Umsatz im indischen Spielwarenhandel soll bis 2024 um 10 bis 15 Prozent pro Jahr zulegen. Lernspielzeug liegt bei der zahlungskräftigen Mittelschicht immer stärker im Trend.

Von Boris Alex | New Delhi

Für die Spielwarenindustrie bleibt Indien ein vielversprechender Absatzmarkt. Ein Viertel der fast 1,4 Milliarden Einwohner sind jünger als 15 Jahre und im Schnitt werden 25 Millionen Kinder jährlich geboren - ein Fünftel aller Geburten weltweit. Dennoch liegt Indiens Anteil am globalen Spielzeugmarkt bei weniger als 2 Prozent, schätzt die India Brand Equity Foundation (ibef). Dafür wächst der Branchenumsatz seit Jahren zweistellig. Lag er 2016 noch bei 1,5 Milliarden US-Dollar (US$), waren es 2020 bereits 2,2 Milliarden US$. Bis 2024 soll er weiter auf 3,3 Milliarden US$ zulegen, prognostiziert das Marktforschungsinstitut Barnes.

Wachstumsmotor sind neben der demografischen Entwicklung vor allem die seit Jahren steigenden Einkommen und Konsumausgaben der indischen Haushalte. Zwar sind letztere Schätzungen zufolge durch die Coronapandemie im Finanzjahr 2020/21 (1. April bis 31. März) um 13 Prozent eingebrochen, erholen sich inzwischen aber wieder und könnten schon 2022 zum Vorkrisenniveau zurückkehren. Von dieser Entwicklung dürfte auch die Spielwarenbranche profitieren, denn die Ausgaben in diesem Segment sind mit rund 6 US$ pro Jahr und Kind sehr niedrig. Zum Vergleich: In Deutschland lagen diese 2015 bei rund 360 US$, so eine Studie der NPD Group aus dem Jahr 2017.

Schulschließungen sorgen für Nachfrage bei Lernspielen

Wie in vielen Ländern werden auch in Indien traditionelle Spielwaren wie Puppen, Brettspiele und Holzspielzeug von batteriebetriebenen sowie zunehmend auch von intelligenten und lernfördernden Spielsachen verdrängt. Seit dem Beginn der Coronakrise im März 2020 sind die meisten Schulen geschlossen. Dadurch hat die Nachfrage nach pädagogischen und Lernspielen einen zusätzlichen Schub erhalten, so die Analyse der Toy Association of India. Unter anderem liegen Experimentierkästen für Naturwissenschaften im Trend.

Auch die Vermittlung von Lerninhalten über Applikationen und erweiterte Realität (Augmented Reality, AR) wird immer beliebter. Die Sparte dürfte bis 2024 um durchschnittlich 25 Prozent pro Jahr zulegen, prognostizieren die Analysten von Barnes. Denn die indische Mittel- und Oberschicht ist technikaffin und solchen Produkten gegenüber sehr aufgeschlossen.

Das Segment wird zudem von indischen Start-ups bedient. Einer der führenden Anbieter ist MobilizAR Technologies, das mit seinen AR-basierten Lernspielen unter dem Namen PlayShifu nicht nur auf dem indischen Markt erfolgreich ist. Das Start-up aus Bangalore hat eigenen Angaben zufolge mittlerweile 600.000 Nutzer in 35 Ländern. Im April 2021 konnte das Unternehmen 17 Millionen US$ an Wagniskapital im Rahmen einer Series-B-Finanzierungsrunde einsammeln. Damit sollen die Produktlinie erweitert und die Internationalisierung fortgesetzt werden.

Bessere Absatzkanäle für Markenspielwaren

Die indischen Konsumenten legen bei Spielzeug zudem immer mehr Wert auf Qualität, geringe Schadstoffbelastung und Nachhaltigkeit. Vor allem die Mittel- und Oberschicht ist weniger preissensibel und bereit, für internationale Labels tiefer in die Tasche zu greifen. Das bietet steigende Absatzchancen für deutsche Hersteller von hochwertigen Spielwaren. Das stark ausgeprägte Markenbewusstsein der einkommensstarken Haushalte ist für Anbieter im Hochpreissegment ebenfalls hilfreich bei der Marktbearbeitung. Hinzu kommt, dass es inzwischen auch immer mehr Absatzwege für Markenspielzeug in Indien gibt.

Neben Online-Händlern wie Amazon und dessen indischem Pendant Flipkart (gehört zum US-Einzelhändler Walmart) gibt es mittlerweile auch Spielwarengeschäfte auf internationalem Niveau. Mitte 2019 hatte der indische Mischkonzern Reliance Industries für 90 Millionen US$ das britische Traditionsunternehmen Hamleys mit seinen damals rund 100 Niederlassungen weltweit übernommen. In den letzten zwei Jahren hat Reliance 100 Spielwarengeschäfte und Shop-in-Shop-Filialen in 36 indischen Städten eröffnet. Im April 2021 kündigte der Konzern an, bis Ende 2023 weitere 400 Hamleys-Stores in Indien eröffnen zu wollen. Der Großteil des Spielwarenumsatzes wird aber weiterhin in kleinen Einzelhandelsgeschäften, in der Regel Buch- und Schreibwarenhandlungen, und in Kaufhausketten wie Shoppers Stop generiert.

Indien will Export-Hub für die Spielzeugindustrie werden

Von dem Wachstum sollen aber nicht nur die großen internationalen Spielzeugproduzenten wie Mattel und Hasbro oder chinesische Hersteller, die vor allem das Niedrigpreissegment bedienen, profitieren. Indien importierte vor dem Krisenjahr 2020 Spielwaren im Wert von etwa 300 Millionen US$ jährlich, davon gut 80 Prozent aus China. Im Zuge der Coronakrise hatten sich die Einfuhren im vergangenen Jahr halbiert. Die Regierung will die heimische Spielzeugindustrie stärker fördern und Indien als Standort für internationale Markenhersteller etablieren. Zwar gibt es eine Handvoll Unternehmen wie Funskool, die Markenprodukte in Lizenz für den indischen Markt und für den Export fertigen, doch 90 Prozent der geschätzt 4.000 Produzenten sind Kleinbetriebe, die No-Name-Waren für den lokalen Markt herstellen.

Um die heimische Produktion zu steigern, will die indische Regierung landesweit 13 Cluster für die Spielwarenindustrie einrichten. Der erste befindet sich in Koppal im Bundesstaat Karnataka im Aufbau. Die dortige Regierung will in dem geplanten Industriepark indische und internationale Hersteller ansiedeln und bis 2026 Investitionen von rund 650 Millionen US$ anlocken. Weitere sogenannte Toy Parks sind in Greater Noida vor den Toren der Hauptstadt New Delhi sowie in den Bundesstaaten Gujarat, West Bengal und Maharashtra geplant. 

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