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Special | Indien | Lieferketten

Deutschland kauft vermehrt Pharmaprodukte in Indien ein

Deutsche Pharmaimporte aus Indien haben sich in der vergangenen Dekade mehr als verdoppelt, liegen aber anteilig noch immer auf niedrigem Niveau. Dosierte Arzneiwaren dominieren.

Von Florian Wenke | Mumbai

Indien wird heutzutage vielfach als Apotheke der Welt bezeichnet, ein Titel, den einst Deutschland innehatte. Laut Angaben von Invest India beheimatet der Subkontinent mehr als 3.000 Pharmafirmen mit 10.500 Produktionsstandorten. Rund 20 Prozent der weltweiten Menge an Generika werden in Indien produziert und auch in der Impfstoffherstellung ist das Land ein Global Player. Darüber hinaus stammen mehr als 80 Prozent der weltweit produzierten antiretroviralen Medikamente zur Bekämpfung von AIDS aus indischer Produktion, so die India Brand Equity Foundation.

Laut KMPG ist die indische Pharmaindustrie in Bezug auf das Produktionsvolumen die drittgrößte der Welt und liegt an dreizehnter Stelle weltweit, was den Marktwert angeht.

Importe aus Indien sind gestiegen

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) führte Deutschland 2019 pharmazeutische Erzeugnisse (Warenkennzeichnung WA30) im Wert von rund 437,9 Millionen Euro aus Indien ein. Das ist mehr als doppelt so viel wie noch 2010 mit einem Importwert von 208 Millionen Euro (+110,5 Prozent). Während der Einfuhranteil von undosierten Arzneiwaren im Betrachtungszeitraum sank, stieg der Anteil von dosierten Arzneiwaren aus der Warengruppe 3004, beispielsweise von Antibiotika, Corticosteroidhormonen (darunter Cortison), Vitaminen und Medikamenten gegen Malaria.

Deutsche Einfuhr ausgewählter Pharmachemikalien aus Indien (in Millionen Euro, Veränderung in Prozent)

Warenkategorie

2010

2019

Veränderung 2019/2010

Arzneiwaren, die aus gemischten oder ungemischten Erzeugnissen zu therapeutischen oder prophylaktischen Zwecken bestehen, anderweitig weder genannt noch inbegriffen, dosiert (WA30049000)

168,5

350,8

108

Arzneiwaren, Antibiotika enthaltend, dosiert (WA30042000)

17,9

25,4

42

Arzneiwaren, Streptomycine, Penicilline, dosiert (WA30041000)

1,9

5,8

209

Arzneiwaren, die aus zwei oder mehr zu therapeutischen oder prophylaktischen Zwecken gemischten Bestandteilen bestehen, anderweitig weder genannt noch inbegriffen, weder dosiert noch in Aufmachung für den Einzelverkauf (WA30039000)

6,4

4,9

-23

Arzneiwaren, Substanzen gegen Malaria, dosiert (WA30046000)

-

1,9

-

Arzneiwaren, Corticosteroidhormone, dosiert (WA30043200)

0,001

1,2

118.700

Arzneiwaren, Alkaloide enthaltend, anderweitig nicht genannt, dosiert (WA30044900)

-

1,2

-

Arzneiwaren, Vitamine und andere enthaltend, dosiert (WA30045000)

0,09

0,9

928

Arzneiwaren, Hormone anderweitig nicht genannt enthaltend, dosiert (WA30043900)

0,001

0,6

58.100

Summe

194,8

392,8

102

Quelle: Destatis

Bei den meisten aufgeführten Waren stieg der relative Anteil der Importe aus Indien an den deutschen Gesamtimporten seit 2010 leicht an (siehe Grafik). Ausgesprochen hoch ist der Importanteil aus Indien bei den Medikamenten gegen Malaria mit 72,6 Prozent (2019).

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Insgesamt machen die Pharmaimporte aus Indien anteilsmäßig aber weiterhin nur einen sehr geringen Anteil an Deutschlands gesamten Pharmaimporten aus. Der Anteil der Pharmaeinfuhren aus Indien an den deutschen Gesamteinfuhren von WA30 lag 2019 bei lediglich rund 0,9 Prozent (deutsche Pharmaimporte insgesamt: 52,3 Milliarden Euro). Dies ist nur eine leichte Verbesserung gegenüber 2010, als der Anteil indischer Pharmaprodukte bei rund 0,6 Prozent lag (deutsche Pharmaimporte insgesamt: rund 33,9 Milliarden Euro).

Deutschland kauft nur wenig indischen Impfstoff

Bekannt ist Indien für die Herstellung von Impfstoffen. Vor der Coronapandemie wurden mehr als die Hälfte aller Impfdosen weltweit auf dem Subkontinent hergestellt. Mit dem Serum Institute of India hat der mengenmäßig größte Hersteller von Vakzinen weltweit seinen Sitz im indischen Pune. Dementsprechend groß ist der Exportwert in diesem Bereich.

Die indischen Exporte von Waren mit dem SITC-Code 541.63 (Antisera und andere Blutfraktionen sowie modifizierte immunologische Erzeugnisse; Vakzine für die Human- und Veterinärmedizin) erreichten 2019 laut UN Comtrade den Wert von 732,3 Millionen Euro (von US-Dollar (US$) umgerechnet anhand des durchschnittlichen jährlichen Wechselkurses 2019 laut Bundesbank, 1 Euro = 1,1195 US$). Vornehmlich wurden Entwicklungs- und Schwellenländer beliefert. Deutschland führte im selben Jahr in derselben Kategorie Waren im Gesamtwert von 1,7 Milliarden Euro ein. Lediglich rund 1 Million Euro davon entfielen auf Importe aus Indien.

Deutsche Anteile an Indiens Pharmaexporten gering

Der mit Abstand wichtigste Empfänger indischer Pharmaexporte sind die USA. Nach Angaben von UN Comtrade exportierte Indien 2019 medizinische und pharmazeutische Erzeugnisse (SITC 54) im Wert von 292 Millionen Euro nach Deutschland, gerade mal 1,8 Prozent der indischen Gesamtexporte dieser Produktgruppe.     

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Der Großteil der indischen Pharmaexporte fällt in die Unterkategorie SITC 542 - Arzneiwaren (einschließlich Arzneiwaren für die Veterinärmedizin). Die Exporte nach Deutschland unter dieser Warenkennung hatten 2019 einen Wert von 239 Millionen Euro, was gleichfalls einen Anteil von 1,8 Prozent entsprach. Damit lag Deutschland an achter Stelle der Zielmärkte für indische Exporte von Arzneiwaren.

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Indien will noch mehr produzieren und Exporthub werden

Vergleichsweise niedrige Lohnkosten machen Indien schon jetzt für Pharmafirmen attraktiv. Um den Standort weiter zu stärken, hat Indiens Regierung Subventionen für den Pharmabereich in Höhe von rund 785 Millionen Euro (Kurs laut Bundesbank vom 7. April 2021, 1 Euro = 88,3675 indische Rupien) freigeben. Dabei werden die Zahlungen, sogenannte Production linked Incentives, an die produzierte Menge gekoppelt.

Gefördert werden sollen Green-Field-Projekte zur Herstellung von pharmazeutischen Ausgangsmaterialien und Zwischenprodukten (Key Starting Materials; (KSM) und Drug Intermediates (DI)) sowie von aktiven pharmazeutischen Wirkstoffen (Active Pharmaceutical Ingredients; API). Besonders bei den API möchte Indien die Abhängigkeit von Importen, insbesondere aus China, verringern. Die Förderung für die Herstellung der ausgewählten Erzeugnisse erfolgt über sechs Jahre. Zusätzlich wurden rund 339 Millionen US$ für die Errichtung von drei Produktionsparks für Massenarznei (bulk drugs) bewilligt. Der Förderzeitraum reicht bis Anfang 2025. Durch die Subventionen dürften Indiens Produktionskapazitäten ansteigen.

Investitionen im indischen Pharmasektor steigen stark

Laut dem Department for Promotion of Industry and Internal Trade flossen im Finanzjahr 2019/20 (1. April bis 31. März) ausländische Direktinvestitionen in Höhe von 413 Millionen Euro in den indischen Pharmasektor, fast doppelt so viel wie im vorherigen Finanzjahr. Von April bis Dezember 2020 lag der Betrag bereits bei rund 1 Milliarde Euro.

Informationen zu Branche und Standortfaktoren in Indien

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