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Irans Wasserwirtschaft vor schweren Herausforderungen

Iran kann die Wasserversorgung nicht mehr sicherstellen. Der Bau von Meerwasserentsalzungsanlagen und die verstärkte Nutzung von aufbereitetem Abwasser sollen zur Lösung beitragen.

Von Robert Espey | Dubai

Der durch ein hohes Bevölkerungswachstum sowie durch die Ausweitung der industriellen und landwirtschaftlichen Produktion stark gestiegene Wasserbedarf hat in Iran zu einer zunehmend schwierigeren Versorgungssituation geführt. Das Land ist durch arides und semi-arides Klima geprägt (Ausnahme: Küste am Kaspischen Meer).

Zu etwa 60 Prozent erfolgt die Wasserversorgung aus Grundwasserbeständen, der Rest entfällt auf Oberflächengewässer (vor allem Stauseen) und zu einem noch sehr kleinen Teil auf Meerwasserentsalzung und aufbereitetes Abwasser. Die Landwirtschaft ist mit einem Anteil am gesamtem Wasserbedarf von 90 Prozent der größte Wasserverbraucher.

In vielen Regionen hat der Bau immer tieferer Brunnen den Grundwasserspiegel auf ein kritisches niedriges Niveau absinken lassen. Zudem führt der seit langem anhaltende Trend rückläufiger Niederschläge zu geringeren Grundwasserzuläufen und vermindert das verfügbare Oberflächenwasseraufkommen. Hier macht sich der Klimawandel bemerkbar.

Das laufende Wasserwirtschaftsjahr (21. September 2020 bis 20. September 2021) könnte das niederschlagsärmste seit 50 Jahren werden. Die Wasserversorgung musste in vielen Teilen des Landes reduziert werden. Besonders kritisch ist die Lage in der Provinz Khuzestan, wo es aufgrund unzureichenden Wasserzugangs seit Mitte Juli schwere Proteste gibt.

Meerwasserentsalzungsanlagen sollen helfen

Die Versorgung durch Meerwasserentsalzung zu sichern, spielt -anders als in den arabischen Golf-Staaten- in Iran bislang nur eine geringe Rolle. Aktuell werden lediglich geschätzte 0,2 Prozent des Wasserverbrauchs durch Meerwasserentsalzung gedeckt, aber es ist ein massiver Ausbau geplant. Nach Angaben der National Water and Wastewater Engineering Company (NWWEC) sind derzeit 71 Entsalzungsanlagen in Betrieb mit einer Leistung von 309.000 Kubikmeter/Tag. Von diesen Anlagen befinden sich 54 in den Provinzen Hormuzgan, Bushehr und Sistan-Baluchestan am Golf und die restlichen 17 in den Provinzen Gilan, Mazandaran und Golestan am Kaspischen Meer.

Gemäß NWWEC sind 25 weitere Entsalzungsanlagen im Bau, davon sollen 14 mit einer Gesamtkapazität von 259.000 Kubikmeter/Tag in Kürze fertiggestellt sein. Damit steigt landesweit die Kapazität auf 568.000 Kubikmeter/Tag.

Amin Qasmi, der Chef der regionalen Water and Wastewater Company in Hormuzgan, erklärte im März (2021), zwischen 2013 und heute seien in der Provinz die Kapazitäten der Meerwasserentsalzungsanlagen von 40.000 auf 250.000 Kubikmeter/Tag gestiegen. Die Zahl der Anlagen wird mit 45 angegeben.

Zwei weitere Anlagen mit einer Leistung von insgesamt 123.000 Kubikmeter /Tag müssten in Hormuzgan noch im Sommer hinzukommen. Dann könnte die Wasserversorgung der Provinzhauptstadt Bandar Abbas durch den Estequal-Minab-Staudamm, der in Bandar Abbas bislang der Hauptwasserlieferant ist, reduziert werden. Derzeit erhält Bandar Abbas sein Trinkwasser zu drei Vierteln aus Staudämmen und Grundwasserbeständen, ein Viertel steuern Meerwasserentsalzungsanlagen bei.

Pipeline-Projekte zur Versorgung mit entsalztem Meerwasser

Das "Persian Gulf Water Transfer Project" sieht den Bau von drei Pipelines mit einer Gesamtlänge von 3.280 Kilometern zur Versorgung von sieben Provinzen mit jährlich 550 Millionen Kubikmeter entsalztem Meerwasser vor. Die erste Phase einer Pipeline ist bereits Ende 2020 in Betrieb gegangen. Es wurden 300 Kilometer Pipeline nach Kerman verlegt und sieben Pumpstationen installiert, eine Entsalzungsanlage (Kapazität: 200.000 Kubikmeter/Tag) in Bandar Abbas liefert das Wasser. Die zweite Phase, eine 520-Kilometer-Verlängerung bis in die Provinz Yazd, wurde im März fertig.

Die zweite Pipeline (1.550 Kilometer) soll Wasser in die Provinzen Kerman, South Khorasan und Khorasan Razavi transferieren, die dritte (910 Kilometer) in die Provinzen Yazd und Isfahan. Bauarbeiten für beide Pipelines haben begonnen, die Fertigstellung ist für 2025 geplant.

Ein Projekt zur Versorgung der Provinz Fars (Hauptstadt: Shiraz) über eine 100 Kilometer lange Pipeline wurde 2019 gestartet. Bislang ist eine Strecke von 30 Kilometern für die Verlegung der Pipeline vorbereitet und ein Kilometer Pipeline installiert.

Zwei große Pipeline-Projekte sind bislang über die Planungsphase nicht hinausgekommen. Aus dem Golf von Oman soll über eine 820-Kilometer-Pipeline Wasser nach Zahedan (Provinz Sistan-Baluchestan) gepumpt werden. Bereits seit 2012 wird eine Pipeline zwischen dem nur leicht salzhaltigen Kaspischen Meer und der Provinz Semnan kontrovers diskutiert. Aufgrund ökologischer Bedenken wurde das Vorhaben zeitweise auf Eis gelegt, soll aber jetzt wieder in aktiver Planung sein. Der Leiter der iranischen Umweltbehörde, Issa Kalantari, weist die Kritik von Umweltschützern an den Pipeline-Projekten zurück, es existiere keine Alternative zur Meerwasserentsalzung.

Verstärkte Nutzung von aufbereitetem Abwasser

Derzeit wird ein Großteil des Abwassers nicht aufbereitet. Ein Ende 2020 vom Forschungsinstitut des iranischen Parlaments (Majlis Research Center/MRC) veröffentlichter Bericht weist auf das ungenutzte Potenzial des Abwasseraufkommens hin. Der MRC-Analyse zufolge sind nur 51 Prozent der städtischen Bevölkerung an ein Abwassernetz angeschlossen, im ländlichen Raum nur 0,5 Prozent.

Iran: Entwicklung der städtischen Abwasserinfrastruktur 2011/2012 bis 2021/2022 1)

Indikatoren

2011/2012 (1390)

2016/2017 (1395)

2021/22 (1400) 2)

Städtische Bevölkerung mit Anschluss an ein Abwassernetz (in Millionen)

20,0

27,6

32,6

Anteil der städtischen Bevölkerung mit Anschluss an ein Abwassernetz (in Prozent)

37

47

51

Abwassernetz (in Kilometer)

42.390

55.626

65.920

Abwasserhauptkanäle (in Kilometer)

2.388

2.982

3.596

Zahl der Klärwerke

136

182

255

Verfügbare Kapazität der Klärwerke (in 1.000 Kubikmeter/Tag)

2.397

3.385

5.717

1) iranische Jahre (21. März bis 20. März); 2) Stand Juni 2021, teilweise SchätzungenQuelle: National Water and Wastewater Engineering Company (Abfa), Ministry of Energy, Germany Trade & Invest

Nach NWWEC-Angaben waren Ende 2020/2021 landesweit 250 Kläranlagen mit einer Gesamtkapazität von 5,7 Millionen Kubikmeter/Tag in Betrieb. Ein Jahr zuvor waren es 237 Anlagen mit einer Leistung von 5,3 Millionen Kubikmeter/Tag. Mehr als 50 Kläranlagen sollen im Bau sein.

In Teheran wurde 2020 mit der 7. und 8. Ausbaustufe des großen Klärwerks im Süden der Hauptstadt begonnen, die Inbetriebnahme ist für 2024/2025 geplant, die Kapazität erhöht sich dann auf über 900.000 Kubikmeter/Tag. Noch 2021 ist im Westen von Teheran die Fertigstellung der Firouz Bahram Kläranlage vorgesehen, es ist die zweitgrößte des Landes mit einer Kapazität von 520.000 Kubikmeter/Tag. Die Anlage wird von der Islamic Development Bank mitfinanziert.

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