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Für Israels Spitzentechnologie ist Tel Aviv die erste Adresse

Im Tel Aviver Ballungsraum sind 77 Prozent aller israelischen Hochtechnologiefirmen angesiedelt. An der Dominanz dieses Clusters wird sich in absehbarer Zeit kaum etwas ändern.

Von Wladimir Struminski | Jerusalem

Ende 2021 kam bei einer Aussprache im Wirtschaftsausschuss des israelischen Parlaments, der Knesset, Unmut auf. Gegenstand der Diskussion war ein Bericht des parlamentseigenen Informations- und Forschungszentrums, demzufolge die Hightechindustrie, und damit der Hauptwachstumsmotor der israelischen Wirtschaft, in den strukturschwachen peripheren Landesteilen kaum vertreten ist.

Wie das Informationszentrum mitteilte, seien 77 Prozent aller Hightechunternehmen im  Großraum Tel Aviv anzutreffen. Zu diesem gehören der relativ kleine, wirtschaftlich aber hochaktive Bezirk Tel Aviv sowie der angrenzende Zentralbezirk, der zusammen mit Tel Aviv ein nahezu kontinuierliches urbanes Gebiet darstellt.

Randregionen sind für Spitzentechnologie uninteressant

Gegen diese hohe Konzentration des Sektors erheben israelische Politiker nicht erst seit gestern Einwände. Im Jahr 2018 hat die Regierung einen Plan mit dem Namen „die Peripherie in den Mittelpunkt stellen“ beschlossen, der unter anderem verstärkte Förderung der Hightechansiedlung in den beiden großen Randregionen, Galiläa im Norden und der Negev-Wüste im Süden, in Aussicht stellte. Bei der Aussprache im Wirtschaftsausschuss erklärte die Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Technologie (Ministry of Innovation, Science and Technology), Orit Farkash-Hacohen, das von ihr geleitete Ressort investiere erhebliche Ressourcen in die Förderung von Forschung und Entwicklung in der Peripherie.

Dass solche Regierungsprogramme, so verständlich sie in regional- und sozialpolitischer Hinsicht sein mögen, an der Hegemonie von Groß-Tel-Aviv etwas Wesentliches ändern, ist indessen nicht anzunehmen. Dafür ist der Reiz des Technologieclusters Tel Aviv einfach zu stark.

Tel Aviver Cluster ist auch international von Bedeutung

Die israelische Hightechbranche spezialisiert sich großenteils auf Forschung und Entwicklung sowie Software und unterhält nur selten großflächige Produktionsstätten - jedenfalls nicht im eigenen Land. Daher ist Tel Aviv, eine weltoffene Stadt und Finanzmetropole zugleich, für israelische Hightechfirmen seit Langem der mit Abstand bevorzugte Standort.

Heute ist es auch international eines der attraktivsten Zentren  für Hochtechnologie. Laut dem von der Beratungs- und Forschungsorganisation Startup Genome veröffentlichten Global Startup Ecosystem Report für 2021 belegte Tel Aviv im globalen Ranking der Start-up-Ökosysteme Rang sieben nach Silicon Valley, New York, London, Beijing, Boston und Los Angeles. Die höchste - und zugleich höchstmögliche Note 10, erhielt Tel Aviv bei dem Kriterium „Marktreichweite“. Da der israelische Binnenmarkt überschaubar ist, zeugt diese Bewertung von der engen Einbindung der Stadt beziehungsweise ihres Ballungsraums in die internationale Hightechszene.

Nach Angaben von Start-up Nation Central waren im Januar 2021 insgesamt 378 ausländische Hightechunternehmen in Israel tätig. Hiervon waren 177 in der Stadt Tel Aviv selbst und weitere 177 in anderen Städten des Tel Aviver Ballungsraums angesiedelt, insgesamt also 354 beziehungsweise 94 Prozent. Zwar gibt es ausländische Konzerne, die in Israel mehr als einen Standort unterhalten und daher nicht nur in der Region Tel Aviv vertreten sind.

Vorteile gleichen hohe Standortkosten aus

Der Standort Tel-Aviv ist hochpreisig. Im November 2021 wurde er vom britischen Wirtschaftsmagazin The Economist zur teuersten Stadt der Welt erklärt. Auch wenn nicht alle israelischen Kommentatoren mit der dabei verwendeten Methodologie übereinstimmten, ist unbestritten, dass die israelische Wirtschaftsmetropole teures Pflaster ist. Das gilt auch für Büromieten.

Viele Unternehmen lassen sich davon aber nicht abschrecken, und zwar nicht nur aus Prestigegründen. Vielmehr schätzen sie die zahlreichen Networking-Möglichkeiten, die Tel Aviv bietet, oft aber auch die Tatsache, dass viele jüngere Hightechfachkräfte unbedingt in der Trendsetter-Stadt leben und am liebsten mit einem Elektroscooter zur Arbeit fahren wollen.

Unternehmen, die bereit sind, ins nahe Umland von Tel Aviv zu ziehen, können zum Teil erhebliche Abschläge bei den Büromieten erzielen. Insofern bietet die Region eine Auswahl an Standorten mit verschiedenen Kostenpunkten.

Universitätsnähe weniger entscheidend

Die Nähe zu den drei Universitäten und dem Weizmann-Institut für Wissenschaft, die es im Landeszentrum gibt, ist sicherlich behilflich, spielt aber kaum eine entscheidende Rolle für den Clustereffekt. In der Nordmetropole Haifa sind nämlich zwei Hochschulen tätig, darunter die weltweit renommierte technische Universität Technion, doch zählt Start-up Nation Central im Haifaer Bezirk nur 619 Hightechfirmen. In Jerusalemer Bezirk sind lediglich 388 Hochtechnologieunternehmen angesiedelt, obwohl die Hebräische Universität in Jerusalem im israelischen Forschungswesen eine herausragende Rolle spielt.

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