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Branchen | Israel | Energiespeicherung

Israel will vermehrt Energie speichern

Israel benötigt in diesem Jahrzehnt Energiespeicherkapazitäten von mehreren Tausend Megawatt. Das schafft Nachfrage nach Technologien und damit auch Geschäftschancen.

Von Wladimir Struminski | Jerusalem

Bis Ende dieses Jahrzehnts will Israel 30 Prozent seiner Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien bestreiten, und zwar fast ausschließlich mit Fotovoltaik. Damit geht ein schneller Aufbau von Energiespeicherkapazitäten einher.

Zwei führende israelische Energieexperten, die ehemalige stellvertretende Generaldirektorin der Strombehörde (Electricity Authority) Nurit Gal und der ehemalige stellvertretende Generaldirektor der Stromnetzverwaltungsbehörde (Independent System Operator), Barak Reschef, haben eine Prognose des sich aus der Nutzung von Fotovoltaikkraftanlagen ergebenden Bedarfs an Speicherungskapazitäten veröffentlicht.

Speicherkapazitäten von 5.000 MW für fotovoltaischen Strom

Laut ihrer Schätzung benötigt das Land bis Ende des Jahrzehnts Speicherkapazitäten von 5.000 Megawatt für fotovoltaische Anlagen. In den ersten Jahren würden diese Kapazitäten, so die Prognose, hauptsächlich den Anschluss neuer Fotovoltaikanlagen an das bestehende Stromnetz erleichtern. Konkret gehe es auch darum, durch die gleichzeitige Einspeisung fossilen und fotovoltaischen Stroms einzelne Standorte nicht zu überlasten.

Ab Mitte des Jahrzehnts werde die Menge fotovoltaischer Energie allerdings so groß sein, dass diese um die Mittagszeit ein Überangebot schafft. Deshalb müsse sie gespeichert werden und für die Abendstunden zur Verfügung stehen.

Die Energiespeicher sollten auch zur Stromversorgung des am dichtesten besiedelten Landesteils, des Ballungsraums Tel Aviv, beitragen. Darüber hinaus könnten sie die Frequenzregelung des Stromnetzes unterstützen.

Benötigte Energiespeicherungskapazitäten nach Bestimmungszweck (in Megawatt)

Jahre (jeweils zum Jahresende)

Bis 2022

Bis 2024

Bis 2026

Bis 2028

Bis 2030

Anschluss neuer Fotovoltaikanlagen an das bestehende Stromnetz in Regionen mit hoher Dichte von Umspannwerken

1.000

2.400

3.600

3.600

3.600

Speicherung von Energieüberschüssen am Mittag

0

0

1.400

3.500

5.000

Ersatz für Stromerzeugung am Abend

0

0

1.400

2.500

3.600

Deckung des Energiebedarfs für den Ballungsraum Tel Aviv

0

0

900

900

900

Frequenzregelung

500

500

700

700

700

Kumulierter Kapazitätsbedarf beim Mehrzweckeinsatz der Speicherkapazitäten

1.000

2.400

3.600

3.600

5.000

Quelle: Nurit Gal und Barak Reshef, Vorschlag für einen Entwicklungsplan der Energiespeicherung in Israel (hebräisch), Juni 2021

Auch andere Stromerzeuger wollen Energie speichern

Die obige Schätzung bezieht sich auf den Speicherbedarf, den fotovoltaische Stromerzeugung mit sich bringt. Auf Fotovoltaikanlagen, so der israelische Energieberater Dan Weinstock gegenüber Germany Trade & Invest, dürfte auch der Löwenanteil des Speicherungsbedarfs entfallen.

Allerdings können sich auch andere Bedarfsträger hinzugesellen, beispielsweise Gaskraftwerke, die Elektrizität nachts erzeugen und dann speichern wollen, um die Produktionskurve abzuflachen. Stromselbstversorger können ebenfalls auf Energiespeicher zurückgreifen. Soweit andere erneuerbare Energien erschlossen werden, benötigen auch sie Speicher - wenngleich eher in begrenztem Umfang. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren können die sich nur auf Fotovoltaik beziehenden Schätzwerte der Studie von Gal und Reshef in Wirklichkeit noch übertroffen werden.

Chancen für westliche Unternehmen

Mit Blick auf die Marktstruktur ist es möglich, dass ein Teil der Speicherkapazitäten nicht von Betreibern fotovoltaischer Kraftanlagen oder von Gaskraftwerken, sondern von unabhängigen Speicherwerken installiert wird. Die Anteile der Stromerzeuger beziehungsweise der unabhängigen Energiespeicherwerke an der landesweiten Speicherkapazität lassen sich wegen der frühen Entwicklungsphase des Marktes noch nicht vorhersagen.

Klar ist indessen, dass der Markt für Energiespeicher in den kommenden Jahren rapide expandieren wird. Daraus können sich für ausländische, darunter auch deutsche Unternehmen Geschäftschancen ergeben.

Nach Auffassung von Dan Weinstock dürften die meisten Energiespeicher aus Fernost kommen. Allerdings könnten sich auch westlichen Unternehmen zahlreiche Geschäftsmöglichkeiten eröffnen. Zum Teil könne es sich dabei um die Lieferung kompletter Anlagen mit integrierten Energiespeichern an israelische Kunden handeln. Westliche Anbieter dürften bei technologieintensiven Produkten wie Überwachungs- und Kontrollsystemen sowie Gleich- und Wechselrichtern mit Wettbewerbsvorteilen punkten.

Hilfe lokaler Experten oft erforderlich

Beim Eintritt in den israelischen Markt werden viele westliche Unternehmen auf Unterstützung durch israelische Experten angewiesen sein. Das gilt beispielsweise für das Verständnis der israelischen Regulation des Fotovoltaiksektors. Zwar richten sich die israelischen Normen an EU-Vorlagen, doch muss Weinstock zufolge geprüft werden, ob es in einzelnen Fällen Abweichungen von den EU-Bestimmungen gibt.

Hinzu kommt die Sprachbarriere, weil israelische Bestimmungen nur auf Hebräisch veröffentlicht werden. Englischsprachige Zusammenfassungen solcher Regelungen sind gesetzlich nicht verbindlich und meistens auch nicht detailliert genug. Sie dienen lediglich der allgemeinen Information. Als Ansprechpartner für regulatorische Fragen bieten sich Energieberater sowie Anwaltskanzleien an, die Energiemarktexperten beschäftigen.

Noch ist unklar, wie sich die Vertriebskanäle für die Einfuhr von Energiespeichern entwickeln werden. Wahrscheinlich wird zumindest ein Teil der Importeure, die sich gegenwärtig auf Stromgeneratoren spezialisieren, auch den Markt für Energiespeicher bedienen.

Die Vertriebswege werden zudem von der Größe der Kraftanlagen und der sich daraus ergebenden Kapazität der Speichersysteme abhängen. Großprojektträger dürften eher geneigt sein, den Kauf von Energiespeichern in das Beschaffungswesen für das jeweilige Stromerzeugungsprojekt zu integrieren. Bei kleineren Anlagen, die dementsprechend kleinere Energiespeicher verlangen, könnten dagegen in hohem Maß unabhängige lokale Vertriebspartner infrage kommen.

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