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Wirtschaftsumfeld | Japan | Verhandlungspraxis

Regeln für den Geschäftskontakt

Im Umgang mit japanischen Geschäftspartnern gilt es, einen langen Atem zu bewahren. Für das Lösen auftretender Konflikte ist Fingerspitzengefühl gefragt.

Von Michael Sauermost, Christiane Süßel | Bonn

Japanische Geschäftspartner sind höflich und verbindlich. Auch in Zeiten sozialer Medien bleiben persönliche Kontakte das A und O zum Aufbau einer vertrauensvollen Geschäftsbeziehung. "Virtuelle Treffen zum ersten Kennenlernen sind seit Beginn der Coronapandemie besser akzeptiert. Für eine langfristige Geschäftsbeziehung sind persönliche Besuche aber auf Dauer unerlässlich", erklärt Angela Kessel vom interkulturellen Beratungsinstitut Access Culture. Ebenso haben Einladungen nach Deutschland einen hohen Stellenwert.

Visitenkarten und Geschenke als Türöffner

Visitenkarten sind weiterhin unentbehrlich. Im Idealfall ist eine Seite mit der japanischen Katakana-Lesung des Namens bedruckt. Dabei handelt es sich um eine Silbenschrift, die etwa für englische Namen verwendet wird. Wer sehr höflich ist, überreicht die Visitenkarte mit beiden Händen, und zwar so, dass das Gegenüber die Schrift ohne Drehung lesen kann. Aus Respekt sollte die Karte in jedem Fall sorgfältig in Augenschein genommen werden. Noch besser ist es, einen kurzen Kommentar dazu abzugeben. Schließlich dient die Visitenkarte auch dazu, die Position des Gegenübers innerhalb seiner Firma zu erkennen.

Das Mitbringen von Geschenken kann helfen, das Eis zu brechen. Es bieten sich etwas typisch Deutsches oder auch Schokolade als Mitbringsel an. Eine makellose Verpackung ist wichtig. Bei Geschenkübergaben muss bedacht werden, dass Compliance für japanische Unternehmen eine große Rolle spielt. Zu wertvolle Gastgeschenke könnten den Geschäftspartner in Verlegenheit bringen. Erhaltene Geschenke sollten nicht vor anderen Gästen ausgepackt werden.

Netiquette beachten

Es gibt zwar eine japanische E-Mail-Etikette, für Nicht-Japaner wird deren Einhaltung aber nicht streng eingefordert. "Wer aber als deutscher Lieferant mit einem japanischen Kunden per Mail kommuniziert, sollte auf eine höfliche und vorsichtige Ausdrucksweise nicht verzichten", mahnt Angela Kessel. Auch Peter Kempf von Kesch-Training International betont, dass im englischen Mailverkehr eine höfliche Ansprache mit vielen Dankesformulierungen sowie der Gebrauch des Konjunktivs anzuraten ist.

Bisweilen ist für ausländische Geschäftsleute allein aufgrund des Namens das Geschlecht des japanischen Geschäftspartners nur schwer zu erkennen. Manchmal ist in Klammern der Zusatz "Ms." oder "Mr." beigefügt. Falls Unklarheiten bestehen, sollten diese lieber sofort angesprochen werden.

Mit Mobiltelefonen sollte während der Besprechungen ebenfalls zurückhaltend umgegangen werden. Falls ein Gespräch dringend geführt werden muss, so sollte der Besprechungsraum kurz verlassen werden.

Vorstellung über einen Mittelsmann

Der Besuch von Messen ist ein wichtiges Instrument für die Anbahnung von Geschäftskontakten. In Japan ist es jedoch selten von Erfolg gekrönt, direkt Kontakt mit potenziellen Partnern aufzunehmen. Anstelle der Kaltakquise ist eine vermittelnde Person oder Institution ratsam. Besonders geschätzt ist die Vorstellung durch eine offizielle deutsche Vertretung. Empfehlenswert ist, das vorhandene Netzwerk der Deutschen Industrie- und Handelskammer in Japan zu nutzen.

Beim ersten Treffen geht es dem japanischen Geschäftspartner in erster Linie darum, sich ein Bild über die Vertrauenswürdigkeit des Gegenübers zu machen. Ausländische Unternehmen sollten allerdings nicht davon ausgehen, dass bereits Kenntnisse über das deutsche Produkt vorhanden sind. Referenzen von Kunden sind hilfreich und Erfahrungen im Japangeschäft ein Pluspunkt.

Japaner lassen sich vor allem von Technik oder Produktqualität überzeugen. Zwar ist der Preis zunächst zweitrangig, jedoch muss das Leistungsverhältnis passen. Informationsmaterial auf Englisch sollte beim Treffen nicht fehlen. Empfehlenswert ist, bereits im Vorfeld Informationsmaterial nach Japan zu schicken.

Ablauf von Besprechungen

Verhandlungssprache ist neben Englisch weiterhin oft Japanisch. Selbst wenn Sprachkenntnisse vorhanden sind, sollte ein Dolmetscher hinzugezogen werden. Peter Kempf beobachtet, dass vor allem Senior Manager, die in den Verhandlungspausen fließend Englisch reden, ihre Aussagen aus Gründen des Senioritätsprinzips übersetzen lassen. Der beauftragte Dolmetscher sollte die Kultur beider Seiten gut kennen. "Es gilt, die von japanischer Seite gemachten Aussagen zu interpretieren", weist der Consultant hin.

Manch ein ausländischer Unternehmer ist über die Vielzahl von Teilnehmern an einer Verhandlung überrascht. Um alle Ebenen zu beteiligen, kommen Mitarbeiter aus mehreren Fachbereichen hinzu. "In großen Firmen nehmen daher in der Regel zwischen fünf und zehn Mitarbeiter an Besprechungen teil", berichtet Kempf. "Bei kleineren und neu gegründeten Unternehmen bestehen die Verhandlungsteams aus zwei bis drei Personen." Japan ist generell dafür bekannt, dass Verhandlungen sehr lange dauern.

Ebenfalls für ausländische Geschäftsleute ungewohnt ist es, dass Anwesende den Eindruck erwecken, in einen Tiefschlaf versunken zu sein. Dies wird von den anderen Teilnehmern ignoriert. Wenn es dann zu einem für die schlummernde Person relevanten Thema kommt, ist diese meist wieder hellwach.

Verhandlungsterminplan

Der Gesprächsverlauf sollte von deutscher Seite zusätzlich protokolliert werden. Auf japanischer Seite dienen die Verhandlungsergebnisse bisweilen als Grundlage für die Erstellung neuer Entscheidungsgrundlagen (Ringisho). Dies ist zeitaufwendig. "Es gilt als unhöflich, auf Entscheidungen zu drängen", mahnt Kempf. Eher wird empfohlen, klare Ansagen bezüglich des weiteren Vorgehens zu machen. Ein derartiger Verhandlungsterminplan kommt bei japanischen Partnern gut an.

Bei den Verhandlungsinhalten ist es nicht unüblich, dass sich die obersten Entscheidungsträger erst relativ spät in das Geschehen einmischen. Wenn sie hinzustoßen, wollen sie nicht mehr mit Überraschungen konfrontiert werden. Kommt es schließlich zu einer Einigung, erfolgt oft eine überraschend formlose Bestätigung des Zuschlags. Dennoch empfiehlt sich die Einholung einer schriftlichen Rückbestätigung.

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