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Kanada fürchtet zunehmenden US-Protektionismus
US-Präsident Biden will "Buy American"-Regeln verschärfen. Das geplante Infrastrukturpaket könnte auch kanadischen Firmen die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen erschweren.
03.08.2021
Von Daniel Lenkeit | Toronto
Die US-Regierung will den regionalen Wertschöpfungsanteil (RVC) unter dem "Buy American Act" umgehend von 55 Prozent auf 60 Prozent und bis 2029 auf 75 Prozent erhöhen. Das Gesetz legt den RVC von Produkten fest, die die US-Regierung mit öffentlichen Geldern beschafft.
Bisher zeigt sich die kanadische Regierung über striktere RVC-Regeln bei öffentlichen Ausschreibungen nicht beunruhigt. Der Grund ist, dass für öffentliche Beschaffungen auf Bundesebene die WTO-Regeln greifen. Unter dem "Agreement on Government Procurement" sind kanadische Unternehmen von den "Buy American"-Richtlinien ausgeschlossen.
Sollten die strengeren US-Beschaffungsauflagen allerdings Teil des neuen Infrastruktur-Konjunkturpakets werden, wäre dies ein Rückschlag. Die Infrastrukturbudgets sind zu großen Teilen in den Bundesstaaten konzentriert, die nicht den WTO-Regeln unterliegen und bei deren Ausschreibungen kanadische Firmen keinen Ausnahmestatus genießen. Kanada bemüht sich aktuell um eine Sonderregelung für diesen Fall.
Zudem fürchten einige Industrieexperten neben der abschreckenden Rhetorik um "Buy American" einen höheren Verwaltungsaufwand für US-Bauunternehmer im Umgang mit ausländischen Zulieferern. Auf kanadischer Seite wären vor allem Unternehmen aus dem Bausektor und der Baustoffwirtschaft betroffen, die an kommunalen Infrastrukturprojekten beteiligt sind. Deutsche Zulieferer von Ausrüstungsgütern in diesen kanadischen Industrien sollten die Entwicklungen im Auge behalten.