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Wirtschaftsumfeld | Kanada | Außenhandel

Kanada sucht neue Handelspartner

Zahlreiche Abkommen sollen Kanadas Handel weiter globalisieren. CETA ist gut gestartet und hat noch Raum für Wachstum. Die Pandemie bremst Kanadas Außenhandel kurzfristig aus.

Von Daniel Lenkeit | Toronto

Kanadas Regierung hat in der Vergangenheit zahlreiche Freihandelsabkommen (FHA) geschlossen. Aktuell sind 14 FHA in Kraft, weitere werden verhandelt. Mit dem aus der Europäischen Union (EU) ausscheidenden Vereinigten Königreich (VK) besteht seit kurzem einen Interimsabkommen auf Basis von CETA zur Fortsetzung des begünstigten Handels zwischen beiden Ländern. Ein langfristiges Freihandelsabkommen soll mittelfristig verhandelt werden.  

Kanada setzt sich seit vielen Jahren das Ziel, seine Handelsströme zu diversifizieren und damit die wirtschaftliche Abhängigkeit von den USA zu lösen. Diese ist in ihrer Ausprägung unter Industrieländern einzigartig: 75 Prozent der Exporte gehen in die und 64 Prozent der Importe kommen aus den USA. 

Zollpräferenzen unter CETA werden zu selten ausgenutzt

Für Europa - und Deutschland im Speziellen - soll das Canada-EU Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) eine entscheidende Rolle für die weitere Integration der beiden Wirtschaftsräume bilden. CETA ist seit 2017 vorläufig in Kraft. Noch immer steht die vollständige Ratifizierung durch alle EU-Mitgliedsstaaten aus; bisher haben nur 15 EU-Staaten das Abkommen ratifiziert.

Erst im Anschluss treten alle Bestandteile des Abkommens in Kraft, darunter die Kapitel zum Investitionsschutz sowie zu einigen Finanzdienstleistungen. Die Ablehnung eines einzelnen EU-Staates könnte das Abkommen insgesamt kippen, was die Unsicherheit bei Unternehmen aus beiden Wirtschaftsräumen aufrecht hält.  

Zudem wird CETA bisher von vielen exportierenden Unternehmen nur spärlich genutzt. Wie eine Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft zeigt, werden die vorgesehenen Zollpräferenzen in CETA sowohl für EU-Exporte nach Kanada als auch EU-Importe aus Kanada bisher unzureichend ausgenutzt.

Demnach lag die Präferenznutzungsrate von EU-Exporten nach Kanada durchschnittlich bei 46 Prozent. Bei deutschen Exporten lag die Quote 2019 sogar erheblich darunter, bei 28 Prozent. Viele EU-Staaten nutzen die Zollpräferenzen also besser aus als Deutschland und das obwohl, wie die Studie feststellt, kein EU-Land höhere Exportwerte habe, die von CETA profitieren könnten.

Die Autoren der Studie sehen dafür in den komplexen Ursprungsregeln des Abkommens den Hauptgrund. Diese Regeln gelten für jedes einzelne Produkt und nur ein Ursprungsnachweis gemäß dem CETA-Ursprungsprotokoll erlaubt die Abweichung von den WTO-Zollsätzen und den zollfreien Handel unter CETA. Ohne bessere Ausnutzung der Zollpräferenzen kann CETA seine volle Wirkung noch nicht entfalten.

CETA beschleunigt Handelswachstum

Das Pandemiejahr 2020 außen vor gelassen, wuchs Kanadas Handel mit der EU27 von 2017 bis 2019 - trotz komplexer Ursprungsregeln im Abkommen - mehr als doppelt so schnell (18 Prozent) wie das kanadische Handelsvolumen insgesamt (7,8 Prozent). Ein- und Ausfuhren stiegen dabei fast gleich stark an.

Kanadische Importe nach Handelstpartnern (in Milliarden US$, Veränderung in Prozent *))

Handelspartner 

2015

2016

2017

2018

2019

2020

Ver. 2017/2015

Ver. 2019/2017

Gesamteinfuhr (alle Länder)

429,3

413, 1

442,7

468,6

462,3

418,3

4,7

6,7

USA 

284,4

271,5

286,2

301,6

295,4

260,3

2,2

5,4

EU (ohne UK) 

34,8

33,7

37,5

42,74

43,6

38,0

9,5

18,6

China 

30,5

28,4

32,9

35,8

35,3

36,9

9,7

9,7

Mexiko

14,4

14,3

16,3

16,1

15,4

12,6

15,6

-3,7

Deutschland

11,7

11,0

11,8

12,8

12,2

10,5

1,9

6,4

Japan

8,4

8,9

10,4

9,8

9,3

7,5

25,6

-8,5

Vereinigtes Königreich

6,8

5,8

6,2

6,3

6,3

7,0

-6,4

3,7

*) Veränderung auf Basis kanadischer Dollar (kan$) berechnetQuelle: Statistics Canada; Bank of Canada (Wechselkurs)

Kanadische Exporte nach Handelspartnern (in Milliarden US$, Veränderung in Prozent *))

Handelspartner 

2015

2016

2017

2018

2019

2020

Ver. 2017/2015

Ver. 2019/2017

Gesamtsausfuhr (alle Länder)

410,7

394,2

423,8

453,3

450,8

390,3

4,8

8,7

USA 

310,7

296,5

316,4

335,2

336,3

280,1

3,4

8,6

EU (ohne UK) 

17,8

18,1

19,3

22,7

22.1

21,4

10,2

16,8

China 

16,7

16,9

19,2

22,4

18,5

19,6

16,7

-2,0

Vereinigtes Königreich

12,9

13,6

14,4

13,3

15,5

16,0

13,6

9,4

Japan 

7,9

8,3

9,4

10,2

9,7

9,4

20,8

5,5

Mexiko

6,1

6,7

7,1

7,3

6,3

5,2

17,3

-9,0

Deutschland 

3,0

3,3

3,4

4,0

4,9

4,9

14,1

47,1

*) Veränderung auf Basis kanadischer Dollar (kan$) berechnetQuelle: Statistics Canada; Bank of Canada (Währungskurs)

Auch im relativ kurzen Dreijahresvergleich "vor CETA" gegenüber "nach CETA" stieg Kanadas Handel mit der EU27 im Ganzen und mit Deutschland im Einzelnen in den CETA-Jahren deutlich schneller als in den drei Jahren vor CETA. Vor allem der Handel mit Deutschland wuchs unter CETA nach 2017 dreimal so schnell wie in den Jahren zwischen 2015 und 2017.

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Kanadas Außenhandel mit Deutschland (+15,5 Prozent) stieg zwischen 2017 und 2019 doppelt so schnell wie Kanadas allgemeiner Außenhandel. Allerdings verteilt sich das Wachstum hierbei deutlich zugunsten kanadischer Exporte (+47 Prozent), während deutsche Exporte nach Kanada um 6,4 Prozent kletterten. Mit keinem anderen seiner fünf wichtigsten Handelspartner verbuchte Kanada ein stärkeres Exportwachstum als mit Deutschland.

Kanadas Handel: Die Pandemie wirkt nach

Der starke Einbruch der kanadischen Wirtschaftsleistung während der Pandemie hatte deutliche Auswirkungen auf den Außenhandel. Im ersten Coronajahr 2020 sanken Kanadas Güterausfuhren um 12 und die Einfuhren um 10 Prozent. Insgesamt schrumpfte der kanadische Außenhandel 2020 (inklusive Dienstleistungen) um 13 Prozent und verzeichnete damit den zweitstärksten Rückgang innerhalb eines Jahres seit Aufzeichnungen.

Der Wert der kanadischen Güterexporte sank sowohl aufgrund von Volumen- (-6,5 Prozent) als auch Preisrückgängen (-6). Kanadas Importe schrumpften hingegen im Volumen um knapp 10 Prozent während Importpreise sogar leicht stiegen (1,3 Prozent). 

Während der kanadische Handel mit China und dem Vereinigten Königreich selbst während der Pandemie bei Ex- und Importen dazu gewann, wog vor allem der massive Einbruch der Ausfuhren (-16 Prozent) und Einfuhren (-11 Prozent) mit dem wichtigsten Partner USA schwer. Die kanadischen Exporte nach Deutschland stiegen im 2020 leicht an (0,9 Prozent) - jedoch sanken die Importe aus Deutschland im gleichen Zeitraum drastisch (-13 Prozent).

Die Einschränkungen für den internationalen Handel während der Coronakrise führten 2020 zudem zu einem Rückgang der Bedeutung des Außenhandels für das kanadische Bruttoinlandsprodukt (BIP). Die sinkende Außenhandelsquote spiegelt den pandemiebedingten Rückgang der Integration Kanadas in den Welthandel. Stand das Verhältnis von Handel zu BIP 2019 noch bei 65 Prozent, sank es 2020 auf 60 Prozent. Im Zuge der fortschreitenden Erholung von der Pandemie sollte der kanadische Außenhandel in diesem und im kommenden Jahr wieder relativ an Bedeutung für die Wirtschaftsleistung gewinnen.

Verarbeitendes Gewerbe erholt sich schneller als andere Sektoren

In der Coronakrise sahen vor allem Kanadas wichtigste Exportsektoren, Energie sowie Kfz und Kfz-Teile, historische Rückgänge und waren damit verantwortlich für den Löwenanteil des Einbruchs im kanadischen Güterexport 2020. Bei den Importen stechen besonders die Rückgänge der wichtigen Importbranchen Kfz und Kfz-Teile, Maschinen und Anlagen sowie Luftfahrt und andere Transportausrüstungen heraus.

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