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Special Kasachstan Konnektivität

Welche Zukunft hat erneuerbare Energie in Kasachstan?

Kasachstan hat ehrgeizige Ziele zum Ausbau erneuerbarer Energien formuliert. Doch bevor sich neue Geschäftschancen eröffnen, muss der Staat das Stromnetz modernisieren.

Von Lukas Latz, Quentin Blommaert | Berlin, Bonn

Im Dezember 2020 kündigte Kasachstans Präsident Tokajew an, dass Kasachstan bis 2060 CO2-neutral werden soll. Seit 2018 führt Kasachstans Strommarktoperator KOREM Auktionen durch zur Versteigerung von Abnahmeverträgen. Die Auktionen führten zu einer spürbaren Preissenkung.

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„Deutschland und Kasachstan haben das gleiche Verständnis, wohin es energiepolitisch gehen muss“, sagt Elena Metzger, die bei der Deutschen Energie-Agentur (dena) verantwortlich ist für den energiepolitischen Dialog zwischen Deutschland und Kasachstan, der 2020 im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) ins Leben gerufen wurde. „Wir sprechen mit Kasachstan über Dekarbonisierung und kohlefreie Zukunft. Vor drei Jahren wäre das noch unvorstellbar gewesen.“

Kasachstans Stromnetz muss flexibler werden

Eine große Baustelle bleibt derweil die Integration von Erneuerbaren ins Stromnetz. „Schon der Anstieg der erneuerbaren Energien auf drei Prozent macht dem Netz Schwierigkeiten“, sagt Metzger, „Angesichts der aktuellen Netzinfrastruktur ist es ein sehr ehrgeiziges Ziel, in knapp acht Jahren den Erneuerbare-Energie-Anteil auf 15 Prozent steigern zu wollen. Dafür muss das Netz weiter flexibilisiert werden. Die Modernisierung braucht Zeit und muss konsequent angegangen werden. Punktuell könnte auch der Einsatz von Speichertechnologien infrage kommen, zum Beispiel an Orten wie Saran, wo sehr große Solarparks an das Stromnetz angeschlossen sind.“

Weil das kasachische Stromnetz einen schnellen Ausbau erneuerbarer Energien nicht vertragen würde, ist die Summe an versteigerter Stromleistung, die der Netzbetreiber bereit ist abzunehmen, zuletzt stetig zurückgegangen. 2018 wurden noch Abnahmerechte für eine Leistung von 780 Megawatt versteigert. Bei den Auktionen für 2021, die im November stattfinden werden, stehen nur 200 Megawatt im Angebot.

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Auch Michael Quiring, Partner der Kanzlei Rödl und Partner in Almaty weist darauf hin, dass die erneuerbaren Energien zurzeit noch ineffektiv ins Stromnetz eingebunden sind: „Nach den kasachischen Bestimmungen zum Aufrechterhalten des Leistungsgleichgewichts zwischen Stromerzeugung und -abnahme muss der Energieerzeuger jeden Tag per Mail an den Netzbetreiber Informationen zur Verfügung stellen, wie viel Strom er heute produziert. In der kasachischen Wüste kann sich der Wind jedoch schnell drehen, dann wird das Wetter komplett anders und der am Tag produzierte Energieertrag ändert sich.“

Kasachstans Stromnetzbetreiber hat höhere Kosten, wenn Solarparks mehr oder weniger Strom als angekündigt einspeisen. „Der kasachische Gesetzgeber plant daher, den Betreiber des Solarparks zu sanktionieren, wenn die Prognose um mehr als zehn Prozent abweicht“, sagt Quiring.

Deutsche Unternehmen warten, bis neuartige Projekte möglich werden

Wenn die von Tokajew angekündigten Ziele umgesetzt werden, kann langfristig jedoch wieder mit einem deutlichen Ausbau erneuerbarer Energien gerechnet werden.

„Wir sehen Kasachstan als zukunftsorientierten Markt und sind in Gesprächen mit lokalen Entwicklern, um weitere Projekte in den nächsten Jahren zu realisieren“, sagt Olga Kovalchuk, Senior Investment Managerin bei Goldbeck Solar. Kovalchuk zufolge erwägt die kasachische Regierung, in das Stromnetz künftig auch hybride Anlagen aus Solar + Windenergie, Solar + Speicher oder Solar + Geothermie aufzunehmen. Sobald neuere Projekte möglich werden, sieht Goldbeck Solar auch wieder Chancen für sich.

Investition in Kasachstan birgt Länderrisiko

Im Rule of Law Index des World Justice Project liegt Kasachstan unter 128 untersuchten Ländern auf Rang 62 und damit zwischen Ungarn, Nepal und Panama. Investoren in Kasachstan können nicht mit der gleichen Investitionssicherheit rechnen wie in der Europäischen Union oder in Nordamerika. Gesetzgebung kann sich schnell und unerwartet ändern.

In der Praxis bedeutet das, dass Investoren häufig auf eine schnellere Amortisierung der Investition setzen. Stefan Müller, Chief Operations Officer bei dem Solarunternehmen Enerparc, erklärt: „Ein Pensionsfonds, der von uns eine Solaranlage in Deutschland kauft, ist total happy mit zwei Prozent Rendite, weil das im Endeffekt wie eine Staatsgarantie ist. Wenn Sie jetzt nach Kasachstan gehen und von dem Staat Kasachstan eine Bürgschaft bekommen, dann ist das ein Stück Papier. Das ist erstmal nicht viel wert. Daher muss eine hohe Rendite sehr kurzzeitig erwirtschaftet werden, sodass man am Ende eine Payback-Time von sechs oder sieben Jahren hat. In Deutschland hat man dagegen zehn Jahre.“

Technologietransfer macht deutsche Expertise schnell obsolet

Da Fotovoltaik keine besonders komplizierte Technolgie ist, geht mit ausländischen Direktinvestitionen in Fotovoltaik relativ schnell ein Wissenstransfer einher.

„Mittlerweile gibt es in Kasachstan selbst auch Solarfirmen, die Anlagen bauen können wie die, die wir gebaut haben“, sagt Stefan Müller von Enerparc. „In dem Moment ist es für uns gar nicht mehr so interessant, dort weiter aktiv zu sein. Wir haben bei der zweiten Anlage [von Goldbeck Solar] nur das Engineering und Design gemacht, während die eigentliche Ausführung unser ukrainischer Partner übernommen hat. Da waren wir gar nicht mehr involviert.“

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