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Special | Kolumbien | Wege aus der Coronakrise

Konjunktur- und Hilfsprogramme

Die Regierung startete das Konjunkturprogramm Nuevo Compromiso por el Futuro de Colombia, welches 2 Millionen Arbeitsplätze schaffen soll. (Stand: 9. November 2021)

Von Janosch Siepen | Bogotá

Um die unmittelbaren Auswirkungen der Krise zu mildern, führte die kolumbianische Regierung Maßnahmen wie Lohnzuschüsse, Kredite an Unternehmen in Höhe von 17,4 Milliarden US-Dollar (US$) und direkte Zahlungen an notleidende Haushalte durch. Mittelfristig soll ein Konjunkturpaket die Wirtschaft ankurbeln. 

Konjunkturpaket in Höhe von rund 10 Prozent des BIP

Im Juli 2020 präsentierte Kolumbiens Präsident Iván Duque seinen Plan zur wirtschaftlichen Reaktivierung des Landes Nuevo Compromiso por el Futuro de Colombia. Insgesamt sollen 135 Billionen Pesos investiert werden, rund 37,5 Milliarden US$. Dies entspricht etwa 12,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Rund 60 Prozent der Investitionen werden dabei aus öffentlichen Kassen kommen, die restlichen 40 Prozent soll die Privatwirtschaft stemmen. Kritiker werfen der Regierung vor, dass das Konjunkturpaket mehr eine mittelfristige Strategie sei, da sich fast alle Bestandteile auf ohnehin schon geplante Projekte und Programme beziehen. Das Konjunkturpaket umfasst vier Themenblöcke:

  • Schaffung von 2 Millionen Arbeitsplätzen und Infrastrukturprojekte: Ein neues Gesetz (Ley de Emprendimiento) soll kleine und mittlere Unternehmen (KMU) fördern, die in Kolumbien für rund 90 Prozent der formellen und informellen Arbeitsplätze sorgen. Infrastrukturprojekte, die als öffentlich-rechtliche Partnerschaften (Public-pivate-Partnerships) vergeben wurden, sollen beschleunigt werden. Dazu zählen Autobahnen, Häfen, Flughäfen und Abwasseraufbereitungsanlagen. Weitere Infrastrukturprojekte sollen beschleunigt werden, unter anderem die Metrolinie 1 in Bogotá, der Hafen Puerto Antioquia sowie neue Flughäfen in Cartagena, San Andrés und Manizales. Vorgesehen sind außerdem Investitionen von rund 400 Millionen US$ in den Ausbau von Nebenstraßen. Fördermittel von rund 528 Millionen US$ stehen dem Kreativsektor für 17 Projekte zur Verfügung, außerdem 581 Millionen US$ zur Ausbildung von 100.000 Programmierern.
  • Grünes Wachstum: 27 strategische Erneuerbare-Energie-Projekte mit einem Investitionsvolumen von insgesamt 4,2 Milliarden US$ sollen beschleunigt werden. Damit soll Kolumbien in der Region zu einer führenden Nation bei erneuerbaren Energien werden. Zwei Großprojekte im Bereich Binnenschifffahrt sollen realisiert werden (Canal del Dique, Navegabilidad del Río Magdalena). Im Bereich Umweltschutz ist die Pflanzung von 180 Millionen Bäumen vorgesehen sowie die Förderung des nachhaltigen  Rohstoffabbaus.
  • Unterstützung für arme und schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen: Die Notfallhilfe des Programms Programa Ingreso Solidario für 3 Millionen Haushalte wurde bis Ende August 2021 verlängert. Es soll Zuschüsse zum Erwerb von 200.000 Sozialwohnungen geben. Das Programm Generación E sorgt dafür, dass 180.000 Jugendliche 2020 mit einer kostenlosen, höheren Ausbildung abschließen.
  • Unterstützung für ländliche Gebiete: Aktualisierung der Grundstücksregister (Catastro Multipropósito) - Ziel ist eine Erfassungsquote von 100 Prozent bis 2025; Beschleunigung des Programms zur Entwicklung der 170 Gemeinden, die am stärksten vom bewaffneten Konflikt und dem Drogenanbau betroffen sind (Programa de Desarrollo con Enfoque Territorial, PDET).

Kolumbiens fiskalische Situation ist prekär

Das Komitee zur Bestimmung der Fiskalregel (Comité Consultivo de la Regla Fiscal) setzte die Fiskalregel, die 2011 eingeführt wurde, um Ziele zur Verringerung der jährlichen Lücke zwischen Staatsausgaben und -einnahmen festzulegen, für die Jahre 2021 aus. Hintergrund sind gestiegene Ausgaben der Regierung zur Eindämmung der Gesundheits- und Wirtschaftskrise. Dem Finanzplan Plan Financiero 2021 zufolge, den der ehemalige Finanzminister Alberto Carrasquilla Anfang des Jahres präsentierte, wird das Staatsdefizit 2021 bei rund 8,6 Prozent des BIP liegen. Allerdings geht das Ministerium von einem Schuldenstand zwischen 8,2 und 8,4 Prozent Ende des Jahres aus. Im Jahr 2019 hatte es nur 2,2 Prozent des BIP betragen.

Zwar konnte die kolumbianische Regierung inzwischen eine Steuerreform verabschieden. Doch die Rücknahme des ersten Steuerreformvorschlags führte zu einer Abwertung des Landes durch die Ratingagentur Standard & Poor’s auf Ramschniveau. So gilt die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen in Kolumbien weiterhin als ungewiss. Laut dem britischen Marktbeobachter Economist Intelligence Unit (EIU) soll die Verschuldungsquote in den nächsten Jahren ansteigen - bis 2022 auf 73 Prozent des BIP. 

Um die Schulden zu verringern, beschloss die Regierung den Verkauf ihres 51-prozentigen Anteils an dem Energieunternehmen ISA (Interconexión Eléctrica) an das Erdölunternehmen Ecopetrol. Dem Staat fließen dadurch voraussichtlich rund 4 Milliarden US$ zu. Allerdings ist der Deal politisch umstritten, da der kolumbianische Staat wiederum zu 88,5 Prozent an Ecopetrol beteiligt ist und das Unternehmen unter der Hand zu dem Kauf gedrängt haben soll. 

Kolumbianisches Impfprogramm

Die kolumbianische Regierung hat sich 70 Millionen Impfdosen von Pfizer, AstraZeneca, Moderna, Johnson & Johnson und Sinovac vertraglich zugesichert. Damit sollen bis Ende 2021 rund 70 Prozent der erwachsenen Bevölkerung geimpft werden - Experten rechnen jedoch damit, dass diese Quote erst Mitte 2022 erreicht wird. Allerdings geht das Impfprogramm der kolumbianischen Regierung inzwischen recht zügig voran. Daher könnte das Impfziel doch eher erreicht werden. Die Impfdosen sind zunächst für die 1. Gruppe (kritisches medizinisches Personal und über 80-jährige) und die 2. Gruppe (restliches medizinisches Personal und über 60-jährige) des Impfprogramms bestimmt. Es folgen Gruppe 3 (Personen zwischen 16 und 59 Jahren mit Begleiterkrankungen, Lehrer etc.), Gruppe 4 (Personen mit Risikoberufen) und Gruppe 5 (restliche Bevölkerung zwischen 16 und 59 Jahren). Die 5. Impfetappe begann im Juli 2021. Mit Stand 6. November waren im Land knapp 50 Millionen Dosen verimpft. 


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