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Wirtschaftsumfeld | Kroatien | Investitionsförderung

Perspektiven für ausländische Direktinvestitionen

Der Tourismus steht im Fokus ausländischer Investoren. Doch auch die Industrie und Technologieunternehmen wecken immer mehr Interesse.

Von Waldemar Lichter, Snjezana Buhin Peharec | Zagreb

Die weltweite Pandemie und auch der Ukrainekrieg haben den vorangegangenen konjunkturellen Aufschwung gestoppt. Der Adriaanrainer hängt mehr als die meisten Länder in der Region vom Tourismus ab. Beschränkungen durch Corona und der Ukrainekrieg setzen diesem Sektor besonders stark zu. Darunter leiden große Teile der kroatischen Wirtschaft. Zahlreiche wichtige Zweige, wie der Dienstleistungssektor oder die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie, hängen direkt oder indirekt vom Tourismus ab.

Dank der überraschend guten Tourismussaison hat sich die Konjunktur zwar 2021 erholt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nahm überdurchschnittlich stark um 10,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Doch 2022 wird das BIP-Wachstum wegen des Krieges in der Ukraine und der wirtschaftlichen Auswirkungen wieder ausgebremst und nur noch knapp 3 Prozent erreichen.

Auch Nachbarmärkte lassen sich von Kroatien aus bearbeiten

Für die konjunkturelle Erholung und vor allem für die Modernisierung der kroatischen Wirtschaft sind ausländische Investitionen von großer Bedeutung. Im Tourismussektor hat sich das Land längst als attraktives Ziel für (ausländische) Investitionen etabliert. Als Standort für Fertigung im Industriesektor oder für Aktivitäten in Forschung und Entwicklung (F&E) steht Kroatien dagegen mit einigen Ausnahmen noch nicht stark im Fokus potenzieller Investoren. Allerdings scheint sich auch das langsam zu ändern, wie das Engagement einiger prominenter ausländischer Unternehmen, wie etwa Porsche, zeigt.

Ein wichtiger Vorteil Kroatiens als Standort für Investitionen ist seine günstige geografische Lage als Drehscheibe zwischen Westeuropa und dem westlichen Balkan. Das ermöglicht nicht nur die Bearbeitung Kroatiens, sondern auch der umliegenden regionalen Märkte. Die Mitgliedschaft des Landes in der EU verringert bürokratische und andere Zutrittskosten zum großen Binnenmarkt der EU.

Unternehmen wissen auch den guten Bildungsstand der Bevölkerung zu schätzen. Umfangreiche Investitionen der vergangenen Jahre haben zudem deutliche Fortschritte in der Qualität der Verkehrsinfrastruktur gebracht.

Mietpreisentwicklung in Kroatien (in Euro pro Quadratmeter/Monat) *)

Indikator

2. Halbjahr 2019

2. Halbjahr 2020

1. Halbjahr 2021

Miete jeweils für Büroraum in der Hauptstadt

  Klasse A / Spitzenmiete

12,50 / 14,00 bis 15,00

12,50/ 14,00 bis 15,00

12,50 / 14,00 bis 15,00

  Klasse B

7,00 bis 10,00

7,00 bis 10,00

7,00 bis 10,00

*) durchschnittliche EffektivmietenQuelle: Colliers International 2022

Informationen zu Vor- und Nachteilen des Standorts bietet die SWOT-Analyse Kroatien.

GTAI stellt Ihnen auch Daten zu Lohn- und Lohnnebenkosten zur Verfügung. 

Niederlande sind größter Investor

Die ausländischen Direktinvestitionen sind seit der Unabhängigkeit und nach dem Ende der Jugoslawienkriege schnell gestiegen. Sie erreichten 2019 nach Angaben des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) 26,2 Milliarden Euro. Mit 6.465 Euro pro Kopf der Bevölkerung lag Kroatien damit in der Region vor Polen und Rumänien.

Der größte Teil der Bestände an ausländischen Direktinvestitionen stammt nach Angaben der kroatischen Nationalbank aus den Niederlanden (Anteil Ende 2021: 16,6 Prozent), gefolgt von Österreich (13,1 Prozent), Luxemburg (11 Prozent), Deutschland (10,1 Prozent), Italien (9,5) und Ungarn (7,5 Prozent; vor allem die Beteiligung des Mineralölkonzerns MOL am kroatischen INA). Bei den Investitionen aus den Niederlanden und Luxemburg dürfte es sich zu einem beträchtlichen Teil um kroatisches Kapital handeln.

Am stärksten sind ausländische Investoren im Finanz- und Versicherungssektor (Anteil 2019: 24,1 Prozent) sowie im verarbeitenden Gewerbe (23,6 Prozent) engagiert. Es folgen der Handel mit 10,6 Prozent, Tourismus und Gastgewerbe mit 8,2 Prozent, Immobilien mit 8 Prozent sowie der Telekommunikations- und Informationstechnologie (IT)-Sektor mit 7,7 Prozent. Innerhalb des verarbeitenden Gewerbes am attraktivsten für ausländische Investoren waren die mineralölverarbeitende Industrie (Anteil 2019: 33,4 Prozent) und die Pharmaindustrie (13,3 Prozent; vor allem Beteiligung von Teva Pharmaceuticals an Pliva) sowie die Nahrungsmittel-, Getränke- und Tabakbranche (2019: 11,7 Prozent).

Ausländische Direktinvestitionen in Kroatien (in Millionen Euro)

Indikator

2019

2020

2021

Kumulierter Bestand (Jahresende)

33.327

32.808

36.040

Nettotransfers (an ausländischen Direktinvestitionen)

3.475

1.046

3.777

Quelle: Kroatische Zentralbank 2022

Deutsche Direktinvestitionen in Kroatien (in Millionen Euro) *)

Indikator

2017

2018

2019

Kumulierter Bestand (Jahresende)

2.848

3.093

3.188

Nettotransfers (Zunahme: +)

+259

+262

+84

*) unmittelbare und mittelbare NettodirektinvestitionenQuelle: Deutsche Bundesbank 2022

Diversifizierung der Wirtschaft notwendig

Der Tourismus dürfte weiter im Fokus von Investoren in Kroatien bleiben. Zu den Zielen der künftigen Wirtschafts- und Investitionsförderung der Regierung wird aber eine stärkere Diversifizierung der Wirtschaft gehören, um die starke Abhängigkeit von einem dominierenden Sektor, wie dem Tourismus, zu verringern. Ziele sind auch die Reindustrialisierung, Modernisierung und Digitalisierung der Wirtschaft sowie eine gleichmäßigere regionale Entwicklung des Landes.

Ausländische Investoren interessieren sich neben dem Tourismussektor zunehmend auch für andere Industrie- und Technologiebranchen und beteiligen sich an kroatischen Unternehmen in diesen Sparten. Beispiele sind das Engagement des weltweit führenden Anbieters von Maschinen und Anlagen für die Reifenindustrie Harburg-Freudenberger (Lübeck; Possehl Gruppe) bei einem Maschinenbauunternehmen im ostkroatischen Belišće oder der Einstieg des Porsche-Konzerns beim Elektroauto-Pionier und Hersteller von Antriebs- und Batteriesystemen Rimac automobili in Sveta Nedelja bei Zagreb.

Ausländische Investoren sind inzwischen auch auf die stark expandierenden kroatischen IT-Unternehmen aufmerksam geworden. Auf der anderen Seite expandieren kroatische IT-Schmieden, wie das Unternehmen Infobip (Übernahme der US-Firma OpenMarket für umgerechnet 250 Millionen Euro), inzwischen selbst im Ausland. Wachsendes Interesse von Investoren dürfte in nächster Zeit auch für die rege kroatische Start-up-Szene mit Vorzeigeunternehmen wie Agrivi, Infobip oder Oradian zu erwarten sein.

Bedeutende deutsche Investoren in Kroatien

Unternehmen

Branche

Umsatz in Millionen Euro (2020) *)

Lidl Hrvatska (Schwarz Gruppe)

Einzelhandel

804,2

Hrvatski telekom (Deutsche Telekom)

Telekommunikation

780,8

Kaufland Hrvatska (Schwarz Gruppe)

Einzelhandel

520,4

Harburg-Freudenberger Belisce

Maschinenbau

39,6

*) GesamteinnahmenQuelle: Wirtschaftsmagazin Lider, Finanzagentur FINA

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