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Wirtschaftsumfeld | Myanmar | Wirtschaftslage

Wirtschaft Myanmars im Krisenmodus

Militärputsch und Corona warfen das Land weit zurück. Die Lage hat sich auch Ende 2021 nur leicht beruhigt. Unternehmen suchen nach Lösungen, um weiter zu bestehen.

Von Thomas Hundt | Bangkok

Die Asiatische Entwicklungsbank ADB schätzt, dass die Wirtschaftsleistung in Myanmar 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 18 Prozent eingebrochen ist. Konjunkturanalysten können aber seit dem Militärputsch Anfang Februar 2021 kaum noch auf verlässliche Wirtschaftsdaten zugreifen. Die ADB gibt für 2022 keine Wachstumsprognose ab, und der Internationale Währungsfonds IWF geht von einer Stagnation auf niedrigem Niveau aus.

Große Teile der Bevölkerung verweigern den neuen Machthabern die Gefolgschaft. Sie haben sich einer Bewegung angeschlossen, die zivilen Ungehorsam leistet. Die Lage in der Metropole Yangon hat sich im Dezember 2021 etwas beruhigt. Die Menschen versuchen, trotz der Anschläge und Demonstrationen einen Alltag zu finden. Dennoch wird die Situation auch 2022 unsicher und unübersichtlich bleiben.

Finanzprobleme und unorthodoxe Lösungen

Banken haben wieder geöffnet, aber der Zahlungsverkehr funktioniert nur eingeschränkt und unter großem Aufwand. Geschäftsleute und Bürger wickeln Transaktionen daher zunehmend unbar und informell ab.

Überweisungen ins Ausland sind besonders schwierig, während die lokalen Banken Devisen aus dem Ausland annehmen. Auch Akkreditive sind nur schwer erhältlich oder werden nicht anerkannt.

Die Währung Kyat verlor von Februar bis September 2021 ungefähr die Hälfte ihres Wertes gegenüber dem US-Dollar (US$), holte aber zum Jahresende wieder etwas auf. Die Währungsreserven, die Ende 2020 immerhin noch bei rund 7 Milliarden US$ lagen, sind nach Ansicht von Beobachtern geschrumpft.

Die Preise für Lebensmittel und Kraftstoffe sind vielerorts stark gestiegen. Der IWF erwartet für 2022 eine Inflationsrate von knapp 7 Prozent. Die Bürger befürchten, dass ihre Ersparnisse noch stärker an Wert verlieren. Sie kaufen deshalb US-Dollar und Gold.

Außenhandel bricht weniger ein als befürchtet

Die internationalen Lieferkettenprobleme und Sanktionen beeinträchtigen den Handel. Der Warenumschlag an den Häfen bei Yangon läuft Ende 2021 allerdings etwas flüssiger. Auch mehrere asiatische Fluggesellschaften fliegen den Yangon International Airport wieder an. 

Myanmar exportierte vor dem Putsch im Finanzjahr 2019/2020 (1. Oktober bis 30. September) Waren im Wert von 17,7 Milliarden US$. Das Handelsministerium meldet für 2020/2021 einen Rückgang der Ausfuhren um 13 Prozent. Im gleichen Zeitraum schrumpften die Importe um 23 Prozent auf 14,7 Milliarden US$. 

Mit Abstand wichtigster Handelspartner ist China. Das Reich der Mitte hält sowohl bei den Ex- als auch bei den Importen einen Anteil von etwa einem Drittel. Deutsche Unternehmen exportierten von Januar bis September 2021 Güter im Wert von lediglich 66 Millionen Euro nach Myanmar. Dies waren 32 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.

Entscheidende Phase für die Bekleidungsindustrie

Die Hersteller von Bekleidung stellen den größten Industriesektor des Landes. Sie exportierten 2020 Waren im Wert von 4,7 Milliarden US$. Die Produzenten von Schuhen und Handtaschen verzeichneten eine weitere Milliarde US$ an Ausfuhren.

Wichtigste Abnehmer von Bekleidung waren die Europäische Union, Japan, Südkorea und die USA. Westliche Einkäufer überdenken nun ihre Strategie. Die deutschen Importe aus Myanmar schrumpften von Januar bis September 2021 um 17 Prozent auf 680 Millionen Euro.

Der Bekleidungs- und  Schuhsektor beschäftigte 2020 ungefähr 700.000 Personen. Wegen Covid-19 schrumpfte die verarbeitende Industrie bereits. Viele Mitarbeiter zogen 2021 - auch wegen des Militärputsches - aufs Land.

Dem Vernehmen nach waren die Auftragsbücher der lokalen Hersteller aber relativ gut gefüllt. Private kleinere Unternehmen aus Myanmar oder aus China betreiben die meisten Bekleidungs- und Schuhfabriken und suchen nach Personal.

Sie sind nicht von den internationalen Sanktionen betroffen, die sich gegen dem Militär gehörende Firmen richten. Protestierende Gruppen greifen aber Betriebe, die angeblich mit dem Militär kooperieren, gezielt an. Regierungsvertreter aus der Hauptstadt Naypyidaw wollen künftig Partnerschaften mit den Nachbarn China und Kambodscha vertiefen.

Responsible Business in einem kritischen Umfeld

Die Europäische Handelskammer in Yangon wies bereits im Mai 2021 auf ein Dilemma der Bekleidungsbranche hin. Händler und Hersteller müssen abwägen, ob sie sich aufgrund der kritischen Lage der Menschenrechte und der Sicherheitsproblematik zurückziehen oder den Betrieb verantwortungsvoll aufrechterhalten können. 

Politische Ratgeber wie das Myanmar Centre for Responsible Business meinen, dass ein Ende internationaler Beschaffungen die wirtschaftliche Lage der kleinen und mittelständischen Firmen sowie die Not der Frauen, die hauptsächlich in diesem Sektor arbeiten, verschärfen würde.

Die Akteure können das Umfeld aber nur schwierig einschätzen und beeinflussen. Ein internationaler Zusammenschluss von Bekleidungshändlern und Gewerkschaften ACT (Action, Collaboration, Transformation), der sich für existenzsichernde Löhne einsetzt, meldete am 15. Dezember 2021, dass mehrere Mitglieder ihre Arbeit in Myanmar einstellen.

Sicherung der Ernährung wird schwer

Landwirtschaft und Fischerei waren 2021 etwas stabiler als die übrigen Wirtschaftszweige. Sie trugen 2020 noch ungefähr ein Fünftel zur Wirtschaftsleistung bei. Die Reisernte belief sich seit 2015 auf zwischen 25 Millionen und 27 Millionen Tonnen per anno und dürfte 2021 am oberen Ende gelegen haben.

Allerdings steigen die Kosten für Agrarchemikalien, Transport und Vertrieb enorm. Die Einkommen der Landwirte gehen zurück, und die Verteilung von Lebensmitteln wird immer schwieriger. Das World Food Programme (WFP) der Vereinten Nationen musste 2021 rund 2,4 Millionen Personen mit Nahrungsmitteln versorgen. Dies waren doppelt so viele wie im Vorjahr. Das WFP versucht nun, noch mehr Menschen in den zahlreichen Konfliktzonen zu erreichen.

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