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Wirtschaftsumfeld | Polen | Globale Konnektivität

Neue Terminals sollen Polen zum Logistikhub machen

Der Schienenverkehr zwischen Europa und Asien nimmt zu. Wichtige Strecken führen über Polen. Das Land erweitert seine Infrastruktur und steht vor großen Herausforderungen.

Von Christopher Fuß | Warschau

Bis zu 890 Millionen Euro will das Logistikunternehmen PKP Cargo in das Güterterminal Małaszewicze investieren. Der Umschlagbahnhof am belarussisch-polnischen Grenzübergang Brest-Terespol ist von entscheidender Bedeutung für den internationalen Eisenbahnverkehr: 90 Prozent aller Züge, die Waren zwischen Europa und Asien transportieren, fahren über Małaszewicze. Das Terminal kann pro Tag 15 Zugpaare abfertigen. Nach dem Ausbau sollen es 55 sein.

Polen hofft, vom europäisch-asiatischen Warenhandel sowie von Chinas Infrastrukturinitiative neue Seidenstraße zu profitieren. Die Betreibergesellschaft und PKP Cargo-Tochter Cargotor erklärte im Juni 2021, man habe mit lokalen Behörden in Małaszewicze ein Absichtsabkommen unterzeichnet. Bei der Woiwodschaft Lublin liege ein Bauantrag zur Prüfung.

Weder Cargotor noch PKP Cargo können die Investition alleine stemmen. Daher hoffen die Logistikdienstleister, dass Gelder der Europäischen Union (EU) bis zu 85 Prozent der Baukosten decken.

Małaszewicze ist ein Nadelöhr

Cargotor geht davon aus, noch 2021 eine Genehmigung für den Ausbau des Güterterminals zu erhalten, danach wird ausgeschrieben. Der Spatenstich ist für 2023 angesetzt. Bis 2026 will Cargotor die Erweiterung abschließen. Der reguläre Betrieb soll währenddessen ungestört weiterlaufen.

Tatsächlich ist der Warenumschlag in Małaszewicze anfällig für Störungen. Anfang August 2021 hingen rund 2.000 Güterwagen am Grenzübergang fest. Gleisarbeiten nahe Małaszewicze beeinträchtigten den Verkehr stark. Verspätete Züge aus Asien brachten den Fahrplan zusätzlich durcheinander. Ende August 2021 lief der Betrieb wieder geregelter.

Ungünstige Rahmenbedingungen schränken den Güterverkehr an der Grenze zwischen Polen und Belarus zusätzlich ein, allein schon wegen der unterschiedlichen Spurweiten der Schienennetze. In Małaszewicze stehen die notwendigen Anlagen für den Wechsel von Breitspur auf Normalspur. Die Grenze zwischen Polen und Belarus verläuft entlang des Flusses Bug. Nur zwei Brücken führen in Richtung Małaszewicze. Die weitere Strecke ist an einigen Stellen nur eingleisig.

Neben dem Ausbau des Güterterminals spricht sich Polens Infrastrukturministerium darum für den Bau einer dritten Brücke über den Bug aus. Darüber hinaus sind zehn neue Breitspurstrecken nahe der Grenzstadt Terespol geplant. Beide Projekte kämpfen mit Schwierigkeiten. Die angespannte politische Lage zwischen Polen und Belarus stoppte den Brückenbau. Im Falle der Breitspurstrecken ist die Finanzierung unklar.

Unzureichende Kapazitäten für Lkw-Verkehr 

Beim Ausbau der Logistikkapazitäten nimmt PKP Cargo den Intermodalverkehr stärker ins Visier. "Der intermodale Verkehr ist das vielversprechendste Segment des Eisenbahnmarktes", sagte PKP Cargo Vorstandsvorsitzender Czesław Warsewicz im August 2021.

Für den Standort Małaszewicze bringt der Intermodalverkehr weitere Herausforderungen mit sich. Die polnische Ost-West-Autobahn A2 endet 24 Kilometer vor der Grenze mit Belarus, Lkw gelangen nur auf Landstraßen nach Małaszewicze. Das verursacht lange Staus. Schnelle Abhilfe ist nicht in Sicht. Das Konstruktionsbüro Mosty Gdańsk wird bis 2024 Planungsdokumente erstellen. Erst dann könnten Bauarbeiten für den letzten Autobahnabschnitt starten. Eine gute Straßenanbindung gehört zu den Grundvoraussetzungen für den Intermodaltransport.

Ausbau verspricht hohe Einnahmen

Nicht nur Polen positioniert sich im wachsenden Güterverkehr zwischen Asien und Europa stärker. Die Slowakei und Ungarn bauen ihre Terminals an der Grenze zur Ukraine aus. Hier treffen hauptsächlich Waren aus China ein. Der Thinktank Visegrád Insight nennt mit Blick auf diese Bauvorhaben zwei Risiken. Belarus könnte bei politischen Auseinandersetzungen mit Grenzschließungen drohen. In der Folge käme der Warenverkehr nach Małaszewicze zum Erliegen. Außerdem bestünde die Gefahr, dass China als größter Handelspartner in Asien die verschiedenen Terminals gegeneinander ausspielt.

Polen hält trotz aller Risiken am Projekt in Małaszewicze fest. Das hat auch ökonomische Gründe. Auf zahlreiche Importwaren aus Nicht-EU-Staaten entfallen Zölle. Polen treibt die Abgaben beim Grenzübertritt ein. So flossen 2020 rund 1,2 Milliarden Euro in die Staatskasse. Einer Studie des Centre for Economics and Business Research zufolge könnte Polen bis 2040 rund 41 Milliarden Euro am Handel zwischen der EU und Asien verdienen.

Herausforderungen auch bei weiteren Projekten

Viele Züge aus Małaszewicze fahren weiter Richtung Hamburg, Duisburg oder Rotterdam. Von dort aus gelangen die Waren zum Endkunden. Mittelfristig will Polen vom Transitland zum Drehkreuz für Mittelosteuropa aufsteigen. Eine wichtige Rolle in dieser Strategie könnte der 40 Kilometer westlich von Warschau geplante Zentralflughafen (CPK) spielen. Er soll ein Knotenpunkt für den Luft- und Schienenverkehr werden. Die Pläne sehen den Bau neuer Bahntrassen mit einer Länge von 1.800 Kilometern vor.

PKP Cargo gab im September 2021 bekannt, sich am Bau eines Containerterminals am CPK beteiligen zu wollen. Der intermodale Standort könnte Züge aus Małaszewicze oder aus den Ostseehäfen abfertigen. Die staatliche Projektgesellschaft hinter dem CPK führt aktuell Machbarkeitsstudien durch. Die Kosten für den Bau des Schienennetzes rund um den Flughafen schätzen Experten auf 8,9 Milliarden Euro.

Sollte der Gütertransport auf der Schiene zunehmen, sind Investitionen am Grenzübergang zwischen Deutschland und Polen nötig. Viele Züge fahren über die Oderbrücke zwischen Słubice und Frankfurt/Oder. Das Terminal in Frankfurt betreibt seit 2012 die polnische Gesellschaft PCC Intermodal S.A. Der Standortleiter Bernd Meewes erklärt: "Das Terminal hat sich rasant entwickelt. Seit 2012 ist der Warenumschlag um 100 Prozent gestiegen. Wir könnten noch weiterwachsen. Dafür brauchen wir dringend eine bessere Infrastruktur". PCC will einen zweiten Portalkran und weitere Gleisanlagen bauen. "Wenn alles zügig läuft, könnten wir den Kran bereits 2023 in Betrieb nehmen", schätzt Meewes.

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