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Lissabon's Urban Slyline | © GettyImages/Stephen Knowles Photography

Special Portugal Wege aus der Coronakrise

Wirtschaftliche Erholung hat viele Treiber

Die wirtschaftlichen Aussichten für Portugal hellen sich deutlich auf. Die Neuwahlen Ende Januar verzögern die Verabschiedung des Haushalts für 2022.

Von Oliver Idem | Madrid

  • Konjunktur und wichtigste Branchen

    Portugals Wirtschaft erholt sich vom Einbruch in der Coronakrise. Das Land wird im April 2022 Partnerland der Hannover Messe. (Stand: 16. November 2021)

    Die Wirtschaft in Portugal soll Ende 2022 das Vorkrisenniveau erreichen. Dazu tragen Investitionen, Exporte und Konsum bei. Zudem sorgen die Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität der Europäischen Union (EU) für Entspannung. 

    Portugal wird zudem im April 2022 Partnerland der Hannover Messe sein. Diese herausgehobene Position sichert dem Land schon im Vorfeld zusätzliche internationale Aufmerksamkeit. Für Portugal bietet sich die Möglichkeit, auf der größten Industriemesse der Welt Reichweite für die Innovationen des Landes zu generieren. 

    Wirtschaftlich und hinsichtlich der Impfkampagne kommt Portugal im Herbst 2021 voran. Der Minderheitsregierung von Premierminister António Costa gelang es jedoch nicht, eine Mehrheit für ihren Haushaltsentwurf 2022 zu erreichen. Als Konsequenz finden Neuwahlen am 30. Januar 2022 statt. Ein Beschluss über das Budget rückt damit in weitere Ferne.

    Das Jahr 2020 war ein schwieriges Jahr. In ihrer Herbstprognose 2021 geht die EU-Kommission davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt 2020 um real 8,4 Prozent geschrumpft ist. 

    Der Tourismus kann noch nicht an frühere Ergebnisse anknüpfen. Die Analysten von CaixaBank Research prognostizierten im Juni 2021, dass im laufenden Jahr knapp halb so viele Gäste nach Portugal reisen wie 2019. Für 2022 sind die Annahmen mit 87 Prozent des Vorkrisenniveaus bereits wesentlich optimistischer. Mit 101,6 Prozent soll 2023 das Resultat von 2019 überschritten werden. 

    Bessere Wirtschaftsentwicklung erwartet

    Die jüngsten Prognosen der Europäischen Kommission lauten 4,5 Prozent reales Wachstum im laufenden und 5,3 Prozent Zunahme im Jahr 2022. Gegenüber dem Frühjahr wurden beide Erwartungen leicht nach oben korrigiert.

    Im Pandemiejahr 2020 brachen die Ausrüstungsinvestitionen um 12 Prozent ein. Hier wird zunächst mit einem erwarteten Anstieg von 7,7 Prozent im Jahr 2021 eine eher verhaltene Trendwende einsetzen. Laut der Kommission steht 2022 jedoch eine Zunahme um 9,2 Prozent bevor.

    Der Privatkonsum dürfte Prognosen zufolge nach einem Rückgang von 7,1 Prozent im Jahr 2020 im laufenden Jahr um 4,6 Prozent sowie 2022 um 4,2 Prozent steigen.

    Im Außenhandel fallen die Erwartungen für Importe von Waren und Dienstleistungen wesentlich besser aus als für die Ausfuhren. Die Einfuhren waren 2020 um 12,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr eingebrochen. Bereits 2021 wird mit einem kräftigen Zuwachs von 10,9 Prozent gerechnet. Auch 2022 steht mit einem Wachstum von 6,2 Prozent eine dynamische Zunahme an.

    Die Exporte fielen 2020 um 18,6 Prozent und damit stärker als alle anderen Indikatoren. Trotz erwarteter Zuwächse von 11,1 Prozent für 2021 beziehungsweise 9,5 Prozent für 2022 lägen sie demnach noch leicht unter dem Vorkrisenniveau.

    Die Warenhandelszahlen der ersten fünf Monate 2021 belegen einen Aufwärtstrend. Laut dem Statistikamt INE wuchsen die Exporte um 25 Prozent auf 26 Milliarden Euro. Die Einfuhren legten um 14 Prozent auf 31,5 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu. Besonders rege stieg der Warenaustausch mit dem Nachbarland Spanien.

    Im Dienstleistungssektor trübten die geringen Tourismuseinnahmen die Bilanz. Die Dienstleistungsexporte fielen um 19 Prozent zurück. Bei den Importen betrug das Minus 4,5 Prozent.

    Europäische Union genehmigt Wiederaufbauplan

    Portugal erhält Unterstützung der EU für die wirtschaftliche Belebung. Im Juni 2021 wurde der Wiederaufbauplan des Landes genehmigt. Die Regierung erwartet zwischen 2021 und 2026 EU-Zuschüsse über 13,9 Milliarden Euro sowie Kredite in Höhe von 2,7 Milliarden Euro. Die Krisenbewältigung und eine Neuaufstellung des Landes sollen verzahnt werden. Bereits im Juli 2020 wurde ein wirtschaftlicher und sozialer Wiederaufbauplan bis 2030 veröffentlicht.

    Unter anderem soll die Gesundheitsversorgung verbessert werden. Insgesamt sind 949 Millionen Euro für das Gesundheitssystem eingeplant. Konkret fallen darunter 196 Millionen Euro für die Ausrüstung von Krankenhäusern in Lissabon, Seixal und Sintra.

    Am 14. Oktober 2020 präsentierte die Regierung ihre langfristigen wirtschaftlichen Pläne im Detail. Dem Programm zufolge fließen zusätzliche Gelder in die Industrie und die Verkehrsinfrastruktur. Auch der Gebäudebestand und das Gesundheitswesen sind Gegenstand erhöhter Investitionen. Die erst im Mai 2020 verkündete Wasserstoffstrategie soll Impulse erhalten. 

    Maßnahmen gegen hohe Energiepreise

    Die hohen Energiepreise setzen der portugiesischen Wirtschaft zu. Durch die gemeinsame iberische Strombörse ist das Land ebenso wie Spanien von starken Preissprüngen betroffen. 

    Die Regierung hat seit Oktober 2021 in mehreren Etappen Hilfen auf den Weg gebracht. Dazu gehören die Senkung der Mehrwertsteuer und weiterer Steuern auf Energieträger. Verbraucher und Personentransportunternehmen erhalten Subventionen wegen der hohen Kraftstoffpreise.

    Die Netzzugangstarife sollen außerdem 2022 deutlich sinken. Die Regierung hofft, dass diese Maßnahme die Stromkosten wirksam reduzieren wird. 

    Gute Aussichten für erneuerbare Energien

    Für erneuerbare Energien sind die Aussichten vielversprechend. Der nationale Energie- und Klimaplan PNEC gibt den Rahmen bis 2030 vor. Er sieht unter anderem eine Stärkung von erneuerbaren Energien und mehr Energieeffizienz vor. Für den Energiebereich sind 4,9 Milliarden Euro budgetiert. Erneuerbare Energien sollen bis 2030 rund 80 Prozent eines reduzierten Stromverbrauchs und 47 Prozent des Endenergieverbrauchs decken. Der Ausbau der Solarenergie wird seit 2019 vor allem über Ausschreibungen gesteuert. Diese hat die Regierung auf einem Internetportal dokumentiert. Sie veröffentlicht auch Informationen über Tenderpläne.

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    Von Oliver Idem | Madrid

  • Konjunktur- und Hilfsprogramme

    Für Portugal haben die Gelder des Wiederaufbauplans hohe Bedeutung. Die Neuwahlen verzögern die Verabschiedung des Budgets für 2022. (Stand: 16. November 2021)

    Die portugiesische Regierung unterstützt Unternehmen in der Coronakrise vor allem durch Hilfen zum Erhalt von Beschäftigung und durch Sonderregeln bei Steuern und Abgaben. Hinzu kommen Kreditlinien. Die Abwehrmaßnahmen gegen die Pandemie hatten erhebliche Folgen für das Wirtschaftsleben im Land. Ein umfangreiches Unterstützungspaket soll Unternehmen helfen, die Krise zu überbrücken.

    Am 28. Mai 2021 wurde die Mehrwertsteuerbefreiung verlängert, die für Material gilt, das zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie an öffentliche Stellen und Nichtregierungsorganisationen in Portugal geliefert wird. Für Lieferungen innerhalb der Europäischen Union (EU) gilt die Befreiung bis Ende 2021.

    Neuwahlen nach gescheitertem Haushaltsvotum

    Nach den gescheiterten Bemühungen der sozialistischen Minderheitsregierung, den Haushalt 2022 durch das Parlament zu bringen, steht das Land vor Neuwahlen, die am 30. Januar 2022 stattfinden sollen. Bis eine neue Regierung das Budget für 2022 beschließen kann, wird es wahrscheinlich noch einige Monate dauern. 

    Die politische Krise sorgt für Verunsicherung in der Anfangsphase des Aufbau- und Resilienzplans 2021 bis 2026. Anfang November 2021 sah es danach aus, dass eine Neuwahl keine eindeutigeren Mehrheitsverhältnisse hervorbringen würde. Am Ende könnten ähnliche Verhältnisse wie vor der Wahl bestehen.

    Weichenstellungen für die Zeit nach der Pandemie

    Über die Linderung der kurzfristigen wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise hinaus will die portugiesische Regierung bis 2030 das Land wettbewerbsfähiger machen und Lücken in der Infrastruktur schließen. Dafür sollen auch Zuschüsse in Höhe von 13,9 Milliarden Euro und 2,7 Milliarden Euro an Krediten eingesetzt werden, die in den Unterstützungspaketen der EU enthalten sind.

    Mitte Juni 2021 genehmigte die EU den portugiesischen Wiederaufbauplan. Nach Angaben des Handelsblatts bezeichnete Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die portugiesischen Vorhaben als "ehrgeizig und weitsichtig". Die Pläne gehen in Richtung Nachhaltigkeit, Modernisierung und Wettbewerbsfähigkeit. Zudem sollen Defizite im Gesundheitswesen und im sozialen Wohnungsbau behoben werden. Der Aufbauplan enthält Bezüge zu weiteren mehrjährigen Initiativen der portugiesischen Regierung.

    Das Internetportal Recuperar Portugal bietet sowohl Informationen zu den groben Schwerpunkten der Mittelverwendung als auch aktuelle Angaben zu ersten genehmigten Projekten und den Mittelabflüssen. Die einzelnen Schritte von der Bereitstellung der Mittel bis zur Umsetzung von Vorhaben sowie der jeweilige Stand der Investitionen werden dort dokumentiert. Eine aktualisierte Übersicht vermittelt einen Eindruck des Geschehens.

    Zum umfangreichen Strategieplan für die wirtschaftliche Erholung bis 2030 gehört auch die Stärkung des Gesundheitswesens und anderer Branchen. Das Gesundheitssystem soll durch Investitionen in Ausrüstungen und Personal für die Zukunft aufgestellt werden. Auch Forschung und Methoden wie der 3D-Druck sind Bausteine für eine bessere Wettbewerbsposition. Das Biotechnologiecluster soll ausgebaut und Portugal zur "Fabrik von Europa" im Bereich der Gesundheitswirtschaft werden.

    Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft im Fokus

    Der Weg der Industrie führt in Richtung Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft. Es ist beabsichtigt, Importe zu reduzieren, indem beispielsweise mehr Vorprodukte lokal hergestellt werden. In der Automobilproduktion stehen alternative Antriebe im Blickpunkt. Metallverarbeitung und Maschinenbau sollen durch den Aufbau eines neuen Clusters gestärkt werden. Mehr Wettbewerbsfähigkeit ist das Ziel, um die Exporte anzukurbeln.

    Der Strategieplan der Regierung zur wirtschaftlichen Erholung bis 2030 setzt auch auf die Verbesserung der Infrastruktur und die Förderung neuer Technologien. Für die Energieversorgung der Zukunft forciert Portugal vor allem die Wind- und Solarenergie. Insbesondere die rapide fallenden Kosten für Solarmodule werden als Wachstumstreiber wahrgenommen. Im Fokus stehen außerdem die Offshore-Windenergie, die für das Land wegen seiner geografischen Struktur interessant ist, sowie Wasserstoff mit den vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten.

    Der Stromtransport soll mittels intelligenter Netze erfolgen. Zur Speicherung von Energie liegt der Schwerpunkt auf innovativen Materialien. Auf der Verbrauchsseite steht die Entwicklung von effizienten Beleuchtungssystemen für Gebäude im Mittelpunkt.

    Umweltfreundliche Mobilität

    Der Verkehrssektor erhält Impulse durch innovative Batterien und Elektrofahrzeuge, ebenso durch auf Wasserstoffbasis betriebene Brennstoffzellen. Neuartige Leichtbaumaterialien werden dazu dienen, mehr Effizienz durch ein geringeres Fahrzeuggewicht zu erreichen. Meeresalgen sind als Basis für die Produktion von Biokraftstoffen vorgesehen.

    Im Schienenverkehr ist der Abschluss laufender Projekte und die Modernisierung der Netze geplant. Zwischen Lissabon und Porto soll es eine Schnellstrecke für den Personenverkehr geben. In die Häfen von Sines und Leixões wird investiert, damit diese von größeren Schiffen als bisher angelaufen werden können.

    Krisenkosten schlagen auf Budget und Schuldenstand durch

    Portugal setzte in den vergangenen Jahren auf eine disziplinierte Haushaltspolitik und konnte die Staatsverschuldung bis Ende 2019 auf 117,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) senken. Dieser mühsam erarbeitete Stand wird trotz der vereinbarten EU-Unterstützung nicht zu halten sein.

    Die Europäische Kommission rechnet in ihrer Frühjahrsprognose 2021 mit einem Haushaltsdefizit von 4,7 Prozent im Gesamtjahr. Im Jahr 2022 werden es der Prognose zufolge 3,4 Prozent sein. Die Staatsverschuldung stieg 2020 auf 133,6 Prozent der Wirtschaftsleistung. Durch den Einbruch des BIP und zunehmende Schulden fiel die prozentuale Zunahme besonders hoch aus.

    Portugiesischer Impfplan

    Seit dem 27. Dezember 2020 läuft die Impfkampagne in den Gesundheitszentren Portugals. Das Land zählt 10,4 Millionen Einwohner. Bis zum 26. September 2021 erhielten 8,53 Millionen Menschen eine erste Dosis. Rund 6,68 Millionen Personen sind vollständig geimpft. Außerdem erhielten zwischen dem 11. Oktober und dem 2. November bereits rund 123.000 Menschen eine dritte Impfdosis.


    Portugal erreichte im September 2021 eine der weltweit höchsten Impfquoten. Zu den Gründen zählen das Vertrauen der Bevölkerung in die Institutionen des Landes und eine auf große Orte wie Stadien ausgelegte Impfkampagne.


    Einen Teil des Portugal zustehenden europäischen Impfkontingents will das Land weitergeben. Damit soll sichergestellt werden, dass portugiesischsprachige Entwicklungsländer ebenfalls ausreichend versorgt werden.

    Von Oliver Idem | Madrid

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