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Portal 21 Ungarn

Anerkennung/Vollstreckung

Germany Trade & Invest (Stand: 07.01.2019)

Wer als deutscher Dienstleistungsempfänger in Deutschland oder in Ungarn einen Prozess (zum Beispiel auf Schadensersatz nach einem Gewährleistungsfall) gegen einen ungarischen Dienstleister gewonnen hat, hat noch nicht sein Geld erhalten.

Vielmehr muss er die gerichtliche Entscheidung ggf.--gegebenenfalls anerkennen und auch vollstrecken lassen, um das vom Gericht zugesprochene Geld auch tatsächlich zu erhalten.

Bei der Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen können dem deutschen Dienstleistungsempfänger dabei mehrere Fallkonstellationen begegnen:

MÖGLICHE FALLKONSTELLATIONEN DER ANERKENNUNG UND VOLLSTRECKUNG

Land der Anerkennung
& Vollstreckung

Ungarisches Urteil (1)

Deutsches Urteil (2)

Anerkennung & Vollstreckung
in Ungarn

Nur ungarisches Recht, Anerkennung nicht nötig (1a)

EuGVVO i.V.m.--in Verbindung mit ungarischem Recht (2a)

Anerkennung & Vollstreckung in Deutschland

EuGVVO i.V.m. deutschem Recht (1b)

Nur deutsches Recht, Anerkennung nicht nötig (2b)

vereinfachte Darstellung


So kann zunächst die Entscheidung eines ungarischen Gerichts (1) (siehe hierzu die Rubrik zu zuständigen Gerichten sowie die sich anschließenden Rubriken) vorliegen. Diese kann entweder in Ungarn vollstreckt (1a) oder in Deutschland (1b) anerkannt und vollstreckt werden.

Der deutsche Dienstleistungsempfänger kann aber ebenso, etwa aufgrund einer Gerichtsstandsvereinbarung, vor einem deutschen Gericht geklagt haben. Eine solche deutsche Gerichtsentscheidung (2) könnte gleichfalls in Ungarn anerkannt und vollstreckt (2a), oder aber in Deutschland (2b) vollstreckt werden.

Umgekehrt kommen auch Fälle in Betracht, in denen sich der deutsche Dienstleistungsempfänger einer Vollstreckung eines Urteils ausgesetzt sieht, das der ungarische Dienstleister erwirkt hat. Dies ist beispielsweise bei Klagen des ungarischen Dienstleisters auf die (bis dahin nicht erfolgte) Zahlung seines Werklohnes möglich.

Wenn der ungarische Dienstleister diesen erfolgreich in Ungarn eingeklagt hat, kann er entweder dort die Zwangsvollstreckung betreiben, vorausgesetzt der deutsche Dienstleistungsempfänger hat Vermögenswerte in Ungarn (1a). Alternativ dazu kann er die Anerkennung und Vollstreckung der Entscheidung gegen den Dienstleistungsempfänger in Deutschland betreiben (1b).

Hat der ungarische Dienstleister dagegen einen Prozess in Deutschland gewonnen, sind die deutschen Regeln für die Zwangsvollstreckung in Deutschland anwendbar (2b). Auch hier kann allerdings die Situation auftreten, dass der ungarische Dienstleister lieber auf in Ungarn gelegene Vermögenswerte des deutschen Dienstleistungsempfängers (falls solche bestehen) zugreifen möchte – dies setzt dann die Anerkennung und Vollstreckung des deutschen Urteils in Ungarn (2a) voraus.

Die Anerkennung und Vollstreckung in Deutschland richtet sich grundsätzlich nach deutschem Recht. Dieser Bereich wird von unserem auf ausländisches Recht beschränkten Informationsportal nicht abgedeckt. Der deutsche Dienstleistungsempfänger sollte sich diesbezüglich an einen deutschen Rechtsanwalt wenden oder sonstige Informationsquellen zum deutschen Recht nutzen.

Hilfreich bei der Suche nach einem deutschen Rechtsanwalt:

  • DeutscheAnwaltAuskunft des Deutschen Anwaltvereins (DAV), dort ein Suchformular unter dem Menüpunkt Anwaltsuche oder aber
  • bundesweites amtliches Anwaltsverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer.

Im Folgenden werden die Konstellationen der Anerkennung und Vollstreckung in Ungarn behandelt. Hierfür sind auch die vorrangigen Regelungen des Europäischen Rechts von Bedeutung, die ebenfalls in ihren wichtigsten Grundzügen dargestellt werden.

In den Fällen, in denen nicht lediglich eine ungarische Entscheidung in Ungarn vollstreckt wird, sondern eine deutsche Entscheidung in Ungarn (2a) anerkannt und vollstreckt werden muss, ist aufgrund des grenzüberschreitenden Charakters zunächst die europarechtliche Ebene zu berücksichtigen:

Hierbei ist die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO bzw. Brüssel-Ia-Verordnung für Fälle nach dem 10.01.2015) auch in Ungarn unmittelbar anwendbar.

Diese regelt nicht nur die internationale und teilweise auch die örtliche Zuständigkeit in Streitigkeiten zwischen ungarischen Dienstleistungserbringern und deutschen Dienstleistungsempfängern. Nach den Artikeln 36 ff.--folgende EuGVVO bestimmt sich vielmehr auch die Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen im jeweils anderen EU-Mitgliedstaat nach der EuGVVO.

Der Begriff “Entscheidungen“ umfasst dabei jegliche gerichtliche Entscheidung - ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung als Urteil, Beschluss, Zahlungsbefehl oder Vollstreckungsbescheid. Die jeweilige Entscheidung wird im jeweils anderen Land dabei ohne besonderes Verfahren anerkannt.

Die Partei, die die Anerkennung der Entscheidung erreichen möchte, hat nur eine beweiskräftige Ausfertigung der gerichtlichen Entscheidung vorzulegen. Die Gerichtsentscheidung darf jedoch im Anerkennungsstaat nicht mehr in der Sache selbst nachgeprüft werden (sogenanntes Verbot der révision au fond). Nur wenige schwerwiegende Versagungsgründe wie etwa ein der öffentlichen Ordnung (ordre public) widersprechendes Urteil können dabei die Anerkennung einer Gerichtsentscheidung noch hindern.

Voraussetzung für die Vollstreckung von anerkannten Gerichtsentscheidungen ist dabei, dass sie im Staat der Gerichtsentscheidung (so beispielsweise in Deutschland) vollstreckbar sind und dass im Vollstreckungsstaat (so beispielsweise in Ungarn) einem Antrag auf Vollstreckbarerklärung stattgegeben wurde.

Für die Vollstreckbarerklärung deutscher Entscheidungen in Ungarn, so etwa im Falle der Vollstreckung einer Schadensersatzklage des deutschen Dienstleistungsempfängers, ist der Vollstreckungsantrag zu stellen an das Amtsgericht am Hauptsitz des gemäß Wohn- oder Geschäftssitz des Schuldners zuständigen Komitatsgerichts. Sollte dieses nicht bekannt sein, ist der Standorts der Vermögenswerte des Schuldners, in die vollstreckt wird, für die Bestimmung des zuständigen Gerichts ausschlaggebend. Im Fall von Budapest handelt es sich dabei um das Zentrale Bezirksgericht von Buda.

Bei der Suche nach dem für die Anerkennung und Vollstreckung örtlich zuständigen Gericht in Ungarn kann erneut auch auf den sogenannten Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen zurückgegriffen werden.

Hat eine Partei in der Gerichtsverhandlung die Forderung der anderen Seite ausdrücklich anerkannt oder haben sich die Parteien vor Gericht gütlich geeinigt und einen Vergleich geschlossen, geht es sogar noch etwas einfacher. Denn bei unbestrittenen Forderungen (wie den eben genannten Anerkenntnissen vor Gericht oder gerichtlichen Vergleichen) kann das Vollstreckungsverfahren durch Beantragung eines Europäischen Vollstreckungstitels nach der Verordnung (EG--Europäische Gemeinschaft) Nr.--Nummer 805/2004 weiter vereinfacht werden.

Das bedeutet für den oben dargestellten Fall des deutschen Dienstleistungsempfängers, wenn er mit dem ungarischen Dienstleister wegen seiner Schadensersatzforderung einen gerichtlichen Vergleich geschlossen hat: Mit der durch das deutsche Gericht auszustellenden Bestätigung des Vergleiches als Europäischer Vollstreckungstitel kann in Ungarn ohne den Zwischenschritt der Vollstreckbarerklärung vollstreckt werden.

Den gleichen Vorteil hat natürlich auch der oben angesprochene ungarische Dienstleister, wenn er und der deutsche Dienstleistungsempfänger vor einem ungarischen Gericht einen Vergleich schließen.

Weiterführende Informationen zum Europäischen Vollstreckungstitel bietet das EU-Portal mit Zusammenfassungen der EU-Gesetzgebung.

Sind die genannten Europäischen Vorschriften nicht einschlägig, richtet sich die Anerkennung und Vollstreckung eines ungarischen vollstreckbaren Titels, d.h.--das heisst einer vollstreckbaren Gerichtsentscheidung, eines dortigen Schiedsspruchs oder aber einer für sofort vollstreckbar erklärten notariellen Urkunde innerhalb Ungarn nach ungarischem Recht.

Hierbei dürfte das ungarische Zwangsvollstreckungsgesetz (Gesetz 1994/LIII über die gerichtliche Vollstreckung, dort Kapitel XI, §§ 205-210/B) einschlägige Rechtsgrundlage sein.

Germany Trade & Invest (Stand: 07.01.2019)

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