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Rechtsbericht | Brasilien | Arbeitsrecht

Brasilien: Arbeitsrecht

Arbeitsverträge in Brasilien bedürfen keiner besonderen Form und können auch mündlich geschlossen werden. 

Von Dr. Julio Pereira, Jan Sebisch, Corinna Päffgen

Rechtsgrundlagen

Wichtigste Rechtsgrundlage für das brasilianische Arbeitsrecht ist neben der brasilianischen Bundesverfassung CF (Constituição Federal Brasileira de 1988 - CF/88) das Arbeitsgesetzbuch CLT (Consolidação das Leis do Trabalho, Decreto-Lei Nr. 5.452/43). Im Arbeitsgesetzbuch finden sich Regelungen sowohl zum Individual- als auch zum Kollektivarbeitsrecht. Geregelt werden unter anderem der Arbeitsschutz, der Arbeitsvertrag, Kollektivverträge und die Arbeitsgerichtsbarkeit.

Weitere Regelungen zum brasilianischen Arbeitsrecht finden sich in Tarifverträgen, in unternehmensinternen Richtlinien und im Individualarbeitsvertrag. Zudem können sich auch durch eine wiederholte Verhaltensweise seitens des Arbeitgebers Ansprüche des Arbeitnehmers auf erneute Gewährung der jeweiligen Leistungen ergeben (betriebliche Übung). 

Arbeitsvertrag

Der Arbeitsvertrag kann befristet oder unbefristet, ausdrücklich durch Angebot und Annahme oder konkludent geschlossen werden. Eine Schriftform ist nur bei befristeten Verträgen und bei Verträgen auf Abruf vorgeschrieben. Ein Arbeitsverhältnis kann auch durch faktisches Handeln begründet werden (Art. 442 ff. CLT). Allerdings ist zu beachten, dass trotz nicht gesetzlich vorgeschriebener Schriftform letztlich für den Arbeitgeber eine Pflicht zur Führung eines Arbeitsnachweises für jeden Arbeitnehmer besteht. Der Nachweis hat durch die Führung eines Arbeitsbuches CTPS (Carteira de Trabalho e Previdência Social) zu erfolgen, das vom brasilianischen Arbeitsministerium ausgestellt wird.

Grundsätzlich wird bei Abschluss eines Arbeitsvertrages von einem unbefristeten Verhältnis ausgegangen. Befristete Verträge bedürfen einer besonderen sachlichen Begründung. Sachlich begründet ist ein befristetes Arbeitsverhältnis, wenn beispielsweise die Erbringung der zu leistenden Arbeit von der Art einen begrenzten oder vorübergehenden Charakter aufweist (Art. 443 CLT). Ein befristeter Arbeitsvertrag kann nur mit eine maximalen Dauer von zwei Jahren geschlossen und einmal verlängert werden.

Arbeitsrechtsreform 2017

Die Arbeitsrechtsreform aus dem Jahr 2017 war die Neuformulierung des Arbeitsgesetzbuches (CLT).  Das Gesetz Nr. 13.467/17 hat eine Reihe von Arbeitsrechten und -pflichten in Brasilien geändert. Es handelte sich um die umfassendste Änderung des brasilianischen Arbeitsrechts seit den 1940er Jahren.

Saisonarbeit

Der individuelle Arbeitsvertrag kann die Erbringung der sogenannten Saisonarbeit (trabalho intermitente) bestimmen (Art. 443 CLT). Der Arbeitsvertrag gilt als saisonal, wenn die Erbringung der Dienstleistungen nicht kontinuierlich erfolgt, d.h., wenn sich Arbeits- und Ruhezeiten abwechseln. Dieser Wechsel kann in Stunden, Tagen oder Monaten erfolgen, unabhängig von der Art der Arbeitstätigkeit (außer bei Luftfahrern).

Im Saisonarbeitsvertrag wird das Unterordnungsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber beibehalten. Diese Art von Verträgen muss unbedingt schriftlich abgeschlossen werden. Der pro Arbeitsstunde zu zahlende Betrag darf nicht unter dem Mindestlohn pro Stunde oder dem Entgelt anderer Arbeitnehmer, die dieselbe Tätigkeit ausüben, liegen. Der Arbeitnehmer muss mindestens drei Tage vor der Wiederaufnahme der Tätigkeit vorgeladen werden. Während des Zeitraums der Inaktivität kann er Dienstleistungen für andere Auftragnehmer erbringen (Art. 452-A CLT).

Diese Vertragsart ist derzeit Gegenstand von drei Verfassungsbeschwerden vor dem Bundesgerichtshof (STF).

Kollektivverträge haben Vorrang vor dem Gesetz

Kollektivverträge haben in Brasilien normativen Charakter, und seit der Arbeitsreform können sie Vorrang vor dem Gesetz haben. Das bedeutet, dass Gewerkschaften und Unternehmen untereinander Arbeitsbedingungen aushandeln können, die von den gesetzlichen Bestimmungen abweichen, und zwar nicht unbedingt zum Vorteil der Arbeitnehmer. Folgende Punkte können ausgehandelt werden: Arbeitszeit, Gewinnbeteiligung, Homeoffice, Austausch von Urlaubstagen, Verlängerung der Arbeitszeit bei ungesunden Tätigkeiten usw. (Art. 611-A CLT). Nicht verhandelbar sind jedoch u.a.: Anspruch auf Arbeitslosenversicherung, Mindestlohn, Jahresurlaub, Elternzeit, Kündigungsfrist, Ruhestand, Versicherung gegen Arbeitsunfälle, Streikrecht (Art. 611-B CLT).

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