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Rechtsbericht | USA | Prozessrecht

Die internationale Zuständigkeit von US-amerikanischen Gerichten

Viele deutsche Unternehmen fürchten sich vor der Verwicklung in einen Prozess in den USA.

Von Jan Sebisch | Bonn

Einführung

Die Risiken, die die Zuständigkeit US-amerikanischer Gerichte für ausländische Beklagte mit sich bringt, sind allgemein bekannt. Hierzu zählen zum Beispiel die hohen Schadensersatzsummen, die einem Kläger unter Umständen in einem Prozess in den USA zugesprochen werden, Jury-Entscheidungen sowie class actions. Der folgende Rechtsbericht soll die Zuständigkeiten im US-amerikanischen Zivilprozess näher erläutern und deren Eigenheiten darstellen. 

Gerichtsstände

Das US-amerikanische Zivilprozessrecht unterscheidet grundsätzlich zwischen subject matter jurisdiction, in rem jurisdiction und personal jurisdiction.

Subject matter jurisdiction

In den Vereinigten Staaten stellen die Bundesgerichte einen komplett eigenständigen Gerichtszug dar. Mit Ausnahme des U.S. Supreme Court für bundesrechtliche Fragen sind sie nicht den einzelstaatlichen Gerichten als Rechtsmittelgericht übergeordnet. Die Existenz zweier unabhängiger Gerichtszüge führt gelegentlich zu Überschneidungen.

Subject matter jurisdiction regelt nunmehr die Frage, ob die Bundesgerichte und/oder die Gerichte der Einzelstaaten für den jeweiligen Klageanspruch zuständig sind. Hinsichtlich dessen besitzen die Gerichte der Einzelstaaten (state courts) eine allgemeine, auf alle Sach- und Rechtsgebiete erstreckte Zuständigkeit (general subject matter jurisdiction) beziehungsweise sind für sämtliche Klagen zuständig, mit Ausnahme der Fälle ausschließlicher Bundeszuständigkeit (zum Beispiel für Streitigkeiten, die das Insolvenzrecht betreffen).

In rem jurisdiction

Die (true) in rem jurisdiction betrifft Entscheidungen über das Eigentum an Sachen. Für diese ist das Gericht am Belegenheitsort ausschließlich zuständig.

Personal jurisdiction

Weitaus wichtiger ist die personal jurisdiction. Sie betrifft die Befugnis des Gerichts im jeweiligen Forumstaat richterliche Gewalt über einen Beklagten auszuüben. Sofern ein Gericht keine personal jurisdiction hat, ist die Klage abzuweisen.

Ausgangspunkt der personal jurisdiction ist das Territorialprinzip. Ursprünglich ist die Zuständigkeit an die Anwesenheit des Beklagten oder an die Belegenheit von Vermögen im Gerichtsstaat geknüpft worden. Alle weiteren Gerichtsstände stellen eine Ausweitung dieses Prinzips dar und erfordern einen Forumsbezug des Beklagten. Für juristische Personen besteht ein solcher, unabhängig vom konkreten Anspruch beziehungsweise unabhängig vom Streitgegenstand (general personal jurisdiction), im Gründungstaat. Ferner am Ort des „doing continuous and systematic buisness“. Hierfür ist erforderlich, dass die wirtschaftliche Tätigkeit hinreichend mit dem Forumstaat verbunden ist.

In der Goodyear Tires-Entscheidung legt der U.S. Supreme Court fest, dass „doing business“ lediglich dann erfüllt ist, wenn der Tätigkeitsursprung und Tätigkeitsschwerpunkt eines Unternehmens in dem betroffenen Bundesstaat ist (essentially at home). Die Frage, wann ein Unternehmen seinen Ursprung und Schwerpunkt in einen Bundestaat hat beziehungsweise wie viel „continous and systematic business“ hierfür notwendig ist, ist oftmals umstritten und gerade in Bezug auf moderne Formen des doing business problematisch (zum Beispiel beim Betreiben von Webseiten).

Ferner kann die Forumsbezogenheit des Anspruchs selbst (streitgegenstandsabhängig) die Zuständigkeit begründen (specific personal jurisdiction). Grundlage der modernen Rechtsprechung ist hier das International Shoe-Urteil des US-Supreme Court. Seitdem ist es ausreichend, wenn der Beklagte gewisse „minimum contacts“ zum Forum aufweist, so dass die Durchführung eines Gerichtsverfahrens dort nicht „traditional notions of fair play and substantial justice“ widerspricht.

Die Entscheidung International Shoe ist der Startschuss für viele Bundesstaaten zum Erlass sogenannter „long-arm statutes“ gewesen. Durch diese wollten die einzelstaatlichen Gesetzgeber von der nach dem International Shoe-Urteil möglichen Erweiterung der Ausübung von personal jurisdiction über auswärtige Beklagte Gebrauch machen. Die long-arm statutes enthalten einen Katalog zuständigkeitsbegründender Umstände (zum Beispiel in New York: Civil Practice Law and Rules § 302 (a) Nr. 1-„transacts any business within the state or contracts anywhere to supply goods or services in the state“) oder beziehen sich mittels einer Generalklausel auf die verfassungsrechtlichen Grenzen der jurisdiction (due-process-Grenzen).

Stream-of- commerce- Zuständigkeit

Besonders umstritten ist die Begründung der specific personal jurisdiction für Produkthaftungsklagen gegen ausländische Hersteller auf Grundlage der stream-of-commerce-Theorie. Bei der stream of commerce-Zuständigkeit geht es primär um die Frage, ob US-Gerichte internationale Zuständigkeit ausüben können, wenn die Produkte eines ausländischen Herstellers durch den Handelsstrom in die USA gelangen und dort ein Rechtsgut verletzten. Siehe hierzu GTAI-Rechtsbericht: US-Produkthaftung: Krisenmanagement im Produkthaftungsfall.

Vereinbarung eines Gerichtsstandes und rügelose Einlassung

Insofern keine minimum contacts des Beklagten zum Forumstaat gegeben sind, kann die Zuständigkeit durch Gerichtsstandvereinbarung begründet werden. Üblicherweise beachten amerikanische Gerichte eine Gerichtsstandvereinbarung, wenn sie davon überzeugt sind, dass das prorogierte Gericht „a reasonably convenient place for the trial“ ist.  Zu beachten ist allerdings, dass es nicht möglich ist ein sachlich unzuständiges Gericht zu prorogieren.

Ferner kann die Zuständigkeit eines Gerichts begründet werden, wenn diese nicht im Rahmen des ersten Parteivortrages gerügt wird und sich zu Sachfragen eingelassen wird.

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