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Investitionsrecht in Polen

Seit mehr als zweieinhalb Jahren ist ganz Polen eine Sonderwirtschaftszone. Eine territoriale Einschränkung für die Einkommensteuerbefreiung bei Investitionen wurde abgeschafft.  

Von Marcelina Nowak, Dmitry Marenkov | Bonn

Eine große Sonderwirtschaftszone

Das neue Gesetz zur Förderung neuer Investitionen (Ustawa z dnia 10 maja 2018 roku o wspieraniu nowych inwestycji) ist am 30. Juni 2018 in Kraft getreten. Es wurden neue Rahmenbedingungen für Investitionsvorhaben geschaffen. Die bis dato geltenden regionalen Beschränkungen sind entfallen (Gesetz über die Sonderwirtschaftszonen vom 20. Oktober 1994). Seitdem können Investitionen landesweit getätigt werden. Schon davor genossen Investoren in Polen steuerliche Vergünstigungen in den 14 Sonderwirtschaftszonen (Specjalne Stefy Ekonomiczne), deren Laufzeit bis 31. Dezember 2026 reicht. Bei den Sonderwirtschaftszonen handelt es sich in der Regel um Gebiete mit schwacher Infrastruktur und relativ hoher Arbeitslosigkeit, die durch attraktive Rahmenbedingungen für Investoren gefördert werden sollen.

Das neue Gesetz bietet die Möglichkeit, eine öffentliche Beihilfe in Form von steuerlichen Vergünstigungen in Anspruch zu nehmen. Auf Antrag eines Investors wird vom zuständigen Wirtschaftsminister ein Förderbescheid (decyzja wsparcia) erlassen (Artikel 13). Ein Investor kann jeder Unternehmer im Sinne des Artikel 4 des Gesetzes für Unternehmer (Ustawa z dnia 6 marca 2018 r. prawo przedsiebiorcow) sein,  auch Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, solange sie eine Gewerbetätigkeit ausüben. Ein Förderbescheid wird für mindestens 10 und maximal 15 Jahre gewährt. In dem Beihilfeverfahren wird geprüft, ob die Investition sogenannte quantitative und qualitative Kriterien erfüllen kann (Artikel 14). Die Kriterien werden inhaltlich durch die Durchführungsverordnung konkretisiert. Die inhaltliche Gestaltung obliegt dem Ministerrat (Artikel 14 Absatz 3).

Unter quantitativen Kriterien versteht man die minimalen Investitionskosten im Vergleich zur bestehenden Arbeitslosenquote. Die Durchführung einer neuen Investition wird davon abhängen, wie hoch die durchschnittliche Arbeitslosenquote in einem Landkreis ist. Danach werden der Mindestinvestitionsbetrag und die zu gewährende öffentliche Beihilfe berechnet. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote ändert sich naturgemäß jedes Jahr (zum 30. September), was auch Einfluss auf die Beiträge und Beihilfen haben wird. Anhand der Erklärung des Präsidenten des Statistischen Zentralamtes (obwieszczenie prezesa Glownego Urzedu Statystycznego) wird die Arbeitslosenquote öffentlich bekannt gegeben. Rechtliche Grundlage für die Erklärung ist Artikel 82 des Gesetzes vom 20. April 2004 über die Förderung der Beschäftigung und Arbeitsmarktinstitutionen (Ustawa z dnia 20 kwietnia 2004 r. o promocji zatrudnienia i instytucjach rynku pracy). Veröffentlicht wird die Erklärung im Amtsblatt „Monitor Polski“. 

Unter qualitativen Kriterien versteht man die durch die Entwicklung vorgesehenen strukturellen Entwicklungschancen für die Region, in der man investieren möchte. Dabei wird unterschieden zwischen zwei Sektoren: Unternehmensdienstleistungen und industrielle Investitionen. In beiden Sektoren gibt es vier Kategorien: strukturelle Entwicklung (zum Beispiel Schaffung von dauerhaften und gut entlohnten Arbeitsplätzen), wissenschaftliche Entwicklung (zum Beispiel die Zusammenarbeit mit Forschungs- und Entwicklungseinheiten), ausgeglichene Entwicklung (zum Beispiel Förderung von Mikro-, Klein- und mittelständischen Unternehmen) und Entwicklung des Personalwesens (zum Beispiel Unterstützung der Arbeitnehmer bei der Weiterbildung). Die oben aufgeführten Kriterien werden in der Anlage Nummer 1 der Durchführungsverordnung zum Gesetz zur Förderung neuer Investitionen alle erwähnt. Für jeden Sektor gibt es insgesamt 10 Beurteilungskriterien innerhalb der vier Kategorien. Jedes Beurteilungskriterium entspricht einem Punkt. Je nach Standort müssen vier bis sechs Punkte gesammelt werden.   

Derzeit wird an einer Änderung des Gesetzes über die Förderung neuer Investitionen gearbeitet. Den Ankündigungen zufolge wird die Novelle Änderungen in den qualitativen Kriterien enthalten.

Public-Private Partnership

Polen verfügt ferner seit 2005 über ein Gesetz über Public-Private Partnerships (PPP) - "Ustawa o partnerstwie publiczno-prywatnym". 

Förderprogramm für Investitionsvorhaben von besonderer Bedeutung

Die polnische Regierung hat mit Regierungsverordnung vom 5. Juli 2011 (novelliert am 25. März 2021) ein Förderprogramm für Investitionsvorhaben von besonderer Bedeutung für die Jahre 2011 bis 2030 aufgelegt. Anträge auf Investitionsförderung sind bei der staatlichen Investitionsagentur PAIH (Polska Agencja Informacji i Inwestycji Zagranicznych S.A.) zu stellen. Anträge werden von einem interministeriellen Komitee bearbeitet. Das Wirtschaftsministerium teilt dem Antragsteller die Entscheidung mit. Weitere Informationen und Musterformulare sind auf der Internetseite der Investitionsagentur abrufbar.

Investitionsschutzabkommen und multilaterale Verträge

Nach Angaben der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) hat Polen zahlreiche bilaterale Investitionsschutzabkommen abgeschlossen.

Exkurs: Am 5. Mai 2020 unterzeichneten 23 Mitgliedstaaten der Europäischen Union das Abkommen zur Beendigung der bilateralen Investitionsschutzabkommen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Nach der Ratifizierung durch zwei Mitgliedstaaten ist es am 29. August 2020 in Kraft getreten. Auslöser für das Abkommen ist das „Achmea“-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2018. Darin urteilte der EuGH, dass die bilateralen Investitionsschutzabkommen mit dem EU-Recht unvereinbar sind.

Polen gehört zu den Vertragsstaaten der Konvention zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten (ICSID-Konvention) vom 18. März 1965.

Für den Energiesektor ist ferner zu beachten, dass Polen den Energiechartavertrag (Energy Charter Treaty) unterzeichnet und ratifiziert hat. Gemäß Artikel 13 ECT dürfen Investitionen ausländischer Investoren nicht verstaatlicht oder einer Maßnahme gleicher Wirkung wie Verstaatlichung oder Enteignung unterworfen werden.

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