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Rechtsbericht Österreich Coronavirus

Österreich: Coronavirus und Verträge

Die Corona-Pandemie hat weitreichende wirtschaftliche Auswirkungen, insbesondere auch auf bestehende Verträge. Ist die Pandemie nach österreichischem Recht ein Fall höherer Gewalt?

Von Nadine Bauer | Bonn

Einleitung

Vor dem Hintergrund der anhaltenden COVID-19-Pandemie ist auch das öffentliche Leben immer noch geprägt von den Einflüssen der Coronakrise. Das österreichische Bundessozialministerium informiert daher auf seiner Webseite über die aktuell gültigen Regelungen.

Folge der Krise ist oftmals, dass Verträge nicht mehr wie geplant durchführbar sind oder die Durchführung sogar unmöglich wird. Dies betrifft den Waren- wie auch den Dienstleistungsverkehr gleichermaßen. Um die Auswirkungen auf Verträge abschätzen zu können, gilt es zunächst, zu kontrollieren, welche Regelungen der konkrete Vertrag vorsieht. Trifft der Vertrag diesbezüglich keinerlei Aussagen, so ist auf die anwendbaren gesetzlichen Regelungen zurückzugreifen.

Die Unmöglichkeit im österreichischen Recht

Das österreichische Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) unterscheidet zwei Fälle der Unmöglichkeit: Die nachträgliche und die anfängliche Unmöglichkeit. Eine sogenannte nachträgliche Unmöglichkeit ist gegeben, wenn eine Leistung nach dem Zustandekommen des Vertrages endgültig nicht mehr erbracht werden kann. Der Leistungserbringer darf nicht für diese Unmöglichkeit verantwortlich sein. Stand hingegen bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses fest, dass die Leistung nicht erbracht werden kann, handelt es sich um einen Fall anfänglicher Unmöglichkeit.

Eine Leistung wird beispielsweise auch dann unmöglich, wenn ihre Erbringung gegen geltende Vorschriften verstoßen würde. Auch Gesetze oder Verwaltungsakte, die nach Vertragsschluss erlassen werden, können zu einer solchen Unmöglichkeit führen. Voraussetzung ist hier allerdings, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vernünftigerweise vorhersehbar war, dass entsprechende Vorschriften in Kraft treten würden.

Bezogen auf das Coronavirus wird man wohl in vielen Fällen zu dem Ergebnis kommen, dass die Leistungserbringung zufällig nachträglich unmöglich geworden ist (§ 1447 ABGB). Dies hat zur Folge, dass die Pflicht zur Erbringung dieser Leistung erlischt. Im Gegenzug entfällt aber auch der Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Gegenleistung. Wurde diese bereits erbracht, so ist der Vertrag rückabzuwickeln. Ein Schadensersatz wegen Verzug scheidet hierbei aus.

Der Wegfall der Geschäftsgrundlage

Unter dem Wegfall der Geschäftsgrundlage versteht man den Wegfall beziehungsweise die Störung der geschäftstypischen Umstände. Der Wegfall darf sich hierbei nicht nur auf die individuellen Voraussetzungen einer Partei beziehen, sondern es muss gerade die geschäftliche Grundlage für beide Seiten betroffen sein. Dieses Rechtskonstrukt ist in Österreich gesetzlich nicht geregelt und dient mithin als Auffangtatbestand, um unangemessene und ungerechte Ergebnisse zu vermeiden.

Wird der Wegfall der Geschäftsgrundlage bejaht, so besteht das Recht auf Vertragsanpassung oder sogar auf Vertragsanfechtung, sofern dem Vertragspartner nicht mehr zugemutet werden kann, weiter am Vertrag festzuhalten.

Ob dieses rechtliche Konstrukt vor dem Hintergrund der aktuellen Corona-Pandemie greift, lässt sich nicht allgemeinverbindlich sagen, sondern ist einzelfallbezogen zu beurteilen.

Individualvertragliche Regelungen/Höhere Gewalt-Klausel

Bestehende Verträge können vertraglich vereinbarte Kündigungs- oder Vertragsaufhebungsbestimmungen enthalten, die dann den gesetzlichen Bestimmungen vorgehen. Hierzu zählt zum Beispiel auch die Vereinbarung einer sogenannten Force Majeure- beziehungsweise Höhere Gewalt-Klausel. Unter „höherer Gewalt“ versteht man in Österreich unerwartete äußere Umstände, die eine Vertragspartei daran hindern, ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen. Das Vorliegen höherer Gewalt ist anzunehmen, wenn

  • ein Ereignis,
  • das von außen einwirkt,
  • nicht einmal durch die äußerste zumutbare Sorgfalt zu verhindern ist („unabwendbar“) und
  • so außergewöhnlich ist, dass es nicht als typische Betriebsgefahr anzusehen ist.

Das Ereignis liegt also außerhalb des Einflussbereichs der Vertragsparteien und kann unter den gegebenen Umständen mit zumutbaren Mitteln nicht vermieden werden.

Liegt höhere Gewalt vor, so haben die Parteien in der Regel das Recht, die vertraglichen Leistungspflichten für die Zeit der Fortdauer der höheren Gewalt auszusetzen oder sie sind sogar zum Vertragsrücktritt berechtigt. Bereits erbrachte Leistungen sind im Falle des Rücktritts herauszugeben.

Eine schadenersatzrechtliche Haftung der Partei besteht mangels Verschuldens der Vertragsverletzung grundsätzlich nicht.

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GTAI-Themenspecial Coronavirus: Über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie auf Auslandsmärkte sowie damit verbundene rechtliche und zollrechtliche Fragestellungen berichten wir in unserem Themenspecial.


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