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Zuständige Gerichte

Ist der deutsche Unternehmer gezwungen, seine Forderungen gerichtlich durchzusetzen, muss er den Dienstleistungserbringer aus Liechtenstein vor dem zuständigen Gericht verklagen. Bei Gerichtsprozessen zwischen Parteien aus verschiedenen Staaten muss hierzu geklärt werden, ob die Gerichte des einen oder des anderen Staates den Streit entscheiden dürfen. Das Gericht, vor dem man klagt (oder verklagt wird), muss also international zuständig sein.

Die Frage nach dem Ort, an dem in diesem Staat geklagt werden kann bezeichnet man als örtliche Zuständigkeit des jeweiligen Gerichts. Schließlich ist noch zu klären, ob es speziellen Gerichten vorbehalten ist, in dem Fall zu entscheiden (sachliche Zuständigkeit). Dies kann sich beispielsweise nach Art oder Höhe der Forderung richten.

Internationale Zuständigkeit

Bei Streitigkeiten zwischen liechtensteinischen Dienstleistungserbringern und deutschen Dienstleistungsempfängern ist die wohl wichtigste Besonderheit, dass im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung bei der Bestimmung der internationalen und örtlichen Zuständigkeit die hierfür wichtigsten internationalen Vereinbarungen keine Anwendung finden.

Dies bedeutet konkret, dass in Liechtenstein weder die Vorschriften des revidierten Lugano-Übereinkommens (Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30.10.2007) anwendbar sind, noch die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) zur Geltung kommt.

Die Folge dieser restriktiven Haltung Liechtensteins gegenüber internationalen verfahrensrechtlichen Übereinkommen ist beispielsweise, dass sich nach liechtensteinischem Recht die internationale Zuständigkeit zumeist direkt über die dortige örtliche Zuständigkeit ableiten lässt. Da also etwa das Landgericht Vaduz für alle erstinstanzlichen bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten zuständig ist, wäre es aus liechtensteinischer Sicht auch international zuständig.

Die liechtensteinische obergerichtliche Rechtsprechung bestätigte in diesem Sinne im Jahre 2006 ausdrücklich, dass in vermögensrechtlichen Streitigkeiten den Zuständigkeitsnormen des liechtensteinischen nationalen Verfahrensrechts ein Doppelfunktion zukommt: Die örtliche Zuständigkeit des liechtensteinischen Landgerichts hat demnach immer auch dessen internationale Zuständigkeit zur Folge, so die dortige Rechtsauffassung.

Dies rückt die Möglichkeit einer freien Vereinbarung des Gerichtsstandes und des anwendbaren Rechts für denjenigen Unternehmer aus Deutschland in den Mittelpunkt, der liechtensteinisches Recht und liechtensteinische Gerichte lieber zu Gunsten deutschen Rechts und bzw. oder deutscher Gerichte vermeiden möchte. Unter einer Gerichtsstandsvereinbarung versteht man eine Vertragsklausel, die bestimmt, an welchem Ort oder vor welchem Gericht bei Streitigkeiten geklagt werden darf. Es ist also prinzipiell möglich, mit einer Gerichtsstandsvereinbarung die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts vertraglich zu bestimmen.

Auch nach liechtensteinischem Recht sind Gerichtsstandsvereinbarungen prinzipiell möglich, siehe § 53 Abs. 1 der liechtensteinischen Jurisdiktionsnorm (eine Ausnahme gilt für Ansprüche aus Versicherungsverträgen, sofern der Versicherungsnehmer in Liechtenstein wohnhaft ist, vgl. § 53a Absatz 3). Gerichtsstandsvereinbarungen müssen nach § 53 Absatz 1 JN dem Gericht im Falle einer Klage urkundlich nachgewiesen werden. Eine wichtige Besonderheit gilt aber bei Gerichtsstandsvereinbarungen zwischen Inländern und Ausländern (aus liechtensteinischer Sicht):

Die Gerichtsstandsvereinbarung hat nur dann rechtliche Wirkung, wenn sie sich auf einen bestimmten Rechtsstreit oder auf die aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entstehenden Rechtsstreitigkeiten bezieht (vgl. § 53 Absatz 2 JN).

Allerdings kann bei einer fehlenden Beurkundung das ausländische Gericht auch dann zuständig werden, indem der Beklagte, ohne rechtzeitig die Einwendung der Unzuständigkeit erhoben zu haben, in der Hauptsache mündlich verhandelt (vgl. § 53 Absatz 3 JN).


Örtliche und sachliche Zuständigkeit

Die örtliche und sachliche Zuständigkeit richtet sich in Liechtenstein nach der sogenannten liechtensteinischen Jurisdiktionsnorm (Gesetz vom 10. Dezember 1912 über die Ausübung der Gerichtsbarkeit und die Zuständigkeit der Gerichte in bürgerlichen Rechtssachen, abgekürzt: JN). Ihr kommt bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten aufgrund der Doppelfunktion aus liechtensteinischer Sicht eine zentrale Bedeutung zu, bestimmt sie doch zusätzlich die internationale Zuständigkeit.

In den §§ 30-36 der JN ist der allgemeine Gerichtsstand geregelt, demzufolge prinzipiell das Landgericht (in Vaduz) für alle Klagen zuständig ist, wenn der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand im Fürstentum Liechtenstein hat. Dies ist bei natürlichen Personen meist der Wohnsitz oder Aufenthaltsort, bei juristischen Personen der Sitz des Unternehmens; im Zweifel ist dies der Ort, wo die Verwaltung geführt wird (§ 36 JN).

Besondere Gerichtsstände finden sich in den §§ 37-53b, so beispielsweise:

  • bei Streitigkeiten um unbewegliches Gut (§ 38)
  • bei Besitzstörungsstreitigkeiten (§ 39)
  • Gerichtsstand des Ortes der Beschäftigung (§ 41)
  • Gerichtsstand der Niederlassung (§ 42)
  • Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 43)
  • Prozessual bestimmte Gerichtsstände (§§ 46-48)
  • Gerichtsstand der Gegenseitigkeit für Klagen gegen Ausländer (§ 52).


Der Gerichtsstand des Vermögens ist in Liechtenstein extrem weit gefasst. Ihm unterfallen alle Personen, die in Liechtenstein Vermögen haben, und zwar gänzlich unabhängig von Ihrem Wohnsitz oder sonstigen Anknüpfungspunkten (§ 50 JN).

Eine Vereinbarung über die Zuständigkeit der Gerichte lässt das liechtensteinische Verfahrensrecht dabei ausdrücklich zu, es gelten aber die oben unter Internationale Zuständigkeit genannten Einschränkungen (§ 53, 53a JN).

Rechtsmittel

In Liechtenstein stellt sich der Instanzenzug wie folgt dar (Artikel 97 der Landesverfassung):

  • Fürstliches Landgericht - erste Instanz
  • Fürstliches Obergericht - zweite Instanz
  • Fürstlicher Oberster Gerichtshof - dritte Instanz (jeweils in Vaduz).

Das liechtensteinische Verfahrensrecht kennt in seiner Zivilprozessordnung (Gesetz vom 10. Dezember 1912 über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, LiGBl. 1912 Nr.9/1) die folgenden Rechtsmittel:

  • Berufung (§§ 431-470)
  • Revision (§§ 471-482)
  • Rekurs (§§ 483-496).

Daneben gibt es als außerordentliches Verfahren noch die sogenannte Nichtigkeits- und Wiederaufnahmeklage, die in den §§ 497-515 der liechtensteinischen Zivilprozessordnung geregelt ist.

Germany Trade & Invest (Stand: 07.04.2022)

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