Rechtsgrundlagen und Formen illegaler Beschäftigung
Grundlegende Vorschriften zu Formen der illegalen Beschäftigung findet man in den Artikeln L8211-1 bis L8281-1 sowie in den Artikeln R8221-1 bis R8282-1 des französischen Arbeitsgesetzbuches (Code du travail - alle nachfolgend genannten Vorschriften ohne weitere Angaben beziehen sich auf das Arbeitsgesetzbuch). Diese Vorschriften wurden durch das Gesetz vom 10.7.2014 zur Bekämpfung von Sozialdumping (Loi n 2014-790 visant à lutter contre la concurrence sociale déloyale (1)) überarbeitet und ergänzt. Sie sind bereits am 12.7.2014 in Kraft getreten. Am 30.3.2015 wurde hierzu eine Durchführungsverordnung (Décret n 2015-364 relatif à la lutte contre les fraudes au détachement de travailleurs et à la lutte contre le travail illégal) erlassen, die wiederum am 1.4.2015 in Kraft getreten ist. Darüber hinaus wurden einige Änderungen durch Artikel 94 Gesetz vom 22.12.2014 (Loi n 2014-1554 de financement de la sécurité sociale pour 2015 (1)) eingeführt, die am 25.12.2014 in Kraft getreten sind.
Zu den illegalen Beschäftigungsformen (travail illégal) zählen in Frankreich beispielsweise die Schwarzarbeit (travail dissimulé), die Arbeitskräftevermittlung (marchandage), die unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung (prêt illicite de main-d'oeuvre) sowie die Beschäftigung von Ausländern ohne Arbeitserlaubnis (emploi d'étranger sans titre de travail) (Artikel L8211-1).
Einzelheiten zur illegalen Beschäftigung in Frankreich bietet eine dreiteilige gtai-Artikelserie mit dem Titel "Schwarzarbeit und andere illegale Beschäftigungsformen in Frankreich":
Neuerungen bei den strafrechtlichen Sanktionen
Schwarze Liste
Das Gesetz vom 10.7.2014 schafft die Voraussetzungen dafür, dass im Internet eine "schwarze Liste" (liste noire) mit Unternehmen, die für die Anwendung einer illegalen Beschäftigungsform sanktioniert wurden, veröffentlicht wird. Diese Ergänzungsstrafe (peine complémentaire) kann sowohl natürliche als auch juristische Personen treffen. Sie kann für maximal zwei Jahre ausgesprochen werden. Laut Erlass vom 22.10.2014 (Circulaire du 22 octobre 2014 de présentation des dispositions de droit pénal et de procédure pénale de la loi n 2014-790 du 10 juillet 2014 visant à lutter contre la concurrence sociale déloyale) wird diese Ergänzungsstrafe jedoch solange nicht angewendet, wie keine Durchführungsverordnung erlassen wurde. Bis dato wurde eine solche Verordnung nicht erlassen. Der Stand der Dinge ob des Erlasses dieser Verordnung kann unter http://www.senat.fr/application-des-lois/ppl13-397.html auf der Internetseite des französischen Senats überprüft werden.
Neue erschwerende Straftatbestände bei der Schwarzarbeit, Arbeitskräftevermittlung und illegalen Arbeitnehmerüberlassung
Wird gegen das Verbot der Schwarzarbeit, Arbeitskräftevermittlung und illegalen Arbeitnehmerüberlassung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung verstoßen, drohen jetzt fünf Jahre Freiheitsstrafe und eine Geldstrafe i.H.v. 100.000 Euro (Artikel L8224-2 Absatz 3, L8234-1 Absatz 3 und L8243-1 Absatz 3)
Mit Gesetz vom 22.12.2014 (Loi n 2014-1554 de financement de la sécurité sociale pour 2015 (1)) wurden die strafrechtlichen Folgen für einen Verstoß gegen das Verbot der Schwarzarbeit, Arbeitskräftevermittlung und illegalen Arbeitnehmerüberlassung erweitert. Es drohen fünf Jahre Freiheitsstrafe und eine Geldstrafe von 75.000 Euro, wenn der Verstoß mehrere Personen betrifft (Artikel L8224-2 Absatz 2, L8234-1 Absatz 2 Nr. 1 und L8243-1 Absatz 2 Nr. 1). Das Gleiche gilt, wenn der Verstoß eine Person betrifft, deren Zustand der Verletzbarkeit oder Abhängigkeit bekannt ist (Artikel L8224-2 Absatz 2, L8234-1 Absatz 2 Nr. 2 und L8243-1 Absatz 2 Nr. 2).
Ausschluss von öffentlichen Subventionen
Verstößt eine juristische Person gegen das Verbot der Schwarzarbeit, Arbeitskräftevermittlung, illegalen Arbeitnehmerüberlassung oder der Beschäftigung von Ausländern ohne Arbeitserlaubnis, kann diese für bis zu fünf Jahre von öffentlichen Subventionen ausgeschlossen werden (Artikel 131-39 Nr. 12Code pénal i.V.m. Artikel Artikel L8224-5 Absatz 1 Nr. 2, Artikel L8234-2 Absatz 1 Nr. 2, Artikel L8243-2 Absatz 1 Nr. 2 und Artikel L8256-7 Absatz 1 Nr. 2).
Neuerungen bei den Verwaltungssanktionen
Zeitlich begrenztes Verbot für den Abschluss von Verwaltungsverträgen
Nunmehr ist es einfacher, ein zeitlich begrenztes Verbot für den Abschluss von Verwaltungsverträgen auszusprechen. Der Verstoß muss nicht mehr wiederholt und schwer sein. Es reicht aus, wenn er wiederholt oder schwer ist (Artikel L8272-4).
Neue Verwaltungssanktion
Insbesondere bei Schwarzarbeit, Arbeitskräftevermittlung, illegaler Arbeitnehmerüberlassung und Beschäftigung von Ausländern ohne Arbeitserlaubnis können neben den strafrechtlichen Sanktionen auch Verwaltungssanktionen verhängt werden, so die Zurückzahlung innerhalb der letzten zwölf Monate gewährter öffentlicher Beihilfen (remboursement des aides publiques) (Artikel L8272-1 Absatz 3), eine vorläufige Betriebsschließung (fermeture administrative) (Artikel L8272-2) und auch ein bis zu sechs Monate dauerndes Verbot für den Abschluss von Verwaltungsverträgen (exclusion des contrats administratifs) (Artikel L8272-4). Wer gegen diese Verwaltungssanktionen verstößt, riskiert nunmehr zwei Monate Freiheitsstrafe und eine Geldstrafe i.H.v. 3.750 Euro (Artikel L8272-5).
Pflichten und Haftung des Bauherren und Auftraggebers bei Unterverträgen
Der Bauherr (maître d'ouvrage) oder Auftraggeber (donneur d'ordre) wird nunmehr verstärkt in die Haftung dafür genommen, dass seine Vertragspartner und nachgeordneten Subunternehmer die für Arbeitnehmer geltenden Vorschriften einhalten. Ihm werden durch das Gesetz vom 10.7.2014 Informationspflichten auferlegt (Artikel L8281-1), die detailliert unter http://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Recht-Zoll/Wirtschafts-und-steuerrecht/suche,t=schwarzarbeit-und-andere-illegale-beschaeftigungsformen-in-frankreich--teil-3,did=1256312.html im gtai-Artikel "Schwarzarbeit und andere illegale Beschäftigungsformen in Frankreich - Teil 3" beschrieben sind. Bei Verstößen riskiert der Bauherr oder Auftraggeber eine Geldstrafe für eine strafrechtlich relevante Übertretung fünfter Klasse (Artikel R8282-1). Gemäß Artikel L131-13 des französischen Strafgesetzbuches (Code pénal) kann die Geldstrafe deshalb bis zu 1.500 Euro betragen.
Klagerecht der Gewerkschaften
Gewerkschaften können vor dem Arbeitsgericht (Conseil de Prud'Hommes) die verletzten Rechte eines illegal beschäftigten Arbeitnehmers geltend machen, ohne dass dieser sie hiermit ausdrücklich beauftragt haben muss. Das Arbeitsgesetzbuch sah das bereits für die illegale Arbeitskräftevermittlung (Artikel L8233-1), unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung (Artikel 8242-1) und Beschäftigung von Ausländern ohne Arbeitserlaubnis (Artikel L8255-1) vor. Per Gesetz vom 10.7.2014 wurde dies auch auf die Schwarzarbeit ausgedehnt (L8223-4). Einzelheiten zum Klagerecht der Gewerkschaften enthält unter http://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Recht-Zoll/Wirtschafts-und-steuerrecht/suche,t=schwarzarbeit-und-andere-illegale-beschaeftigungsformen-in-frankreich--teil-1,did=1256172.html der gtai-Artikel "Schwarzarbeit und andere illegale Beschäftigungsformen in Frankreich - Teil 1".
Neuerungen für Fernfahrer
Fernfahrer dürfen ihre wöchentliche Ruhepause nicht mehr in ihrem Lkw verbringen (Artikel L3313-3 Code des transports). Wer die Arbeit seiner Fahrer so organisiert, ohne darauf zu achten, dass sie ihre wöchentliche Ruhepause außerhalb ihres Lkws verbringen, riskiert eine einjährige Freiheitsstrafe und eine Geldstrafe i.H.v. 30.000 Euro (Artikel L3315-4-1 Nr. 1). Das Gleiche gilt, wenn die Fahrer in Abhängigkeit der gefahrenen Distanz oder des transportierten Warenvolumens bezahlt werden, sofern diese Art der Bezahlung die Sicherheit des Straßenverkehrs zu beeinträchtigen droht oder zu Verstößen nach der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 animiert (Artikel L3315-4-1 Nr. 2).
Neuerungen bei der objektgebundenen Haftpflichtversicherung
Jeder Bewerber um einen öffentlichen Auftrag muss nachweisen können, dass er die spezielle französische objektgebundene Haftpflichtversicherung (assurance de responsabilité civile décennale) abgeschlossen hat (Artikel L241-1 Absatz 2 des französischen Versicherungsgesetzbuches (Code des assurances)). Diese erfasst die Pflichten der speziellen Baugewährleistung der Artikel 1972 ff. des französischen Zivilgesetzbuches (Code civil). Einzelheiten zur speziellen Baugewährleistung bietet der Länderbericht Frankreich im Portal 21 unter http://www.portal21.de/PORTAL21/Navigation/Laender/Frankreich/Rechtsrahmen/Zivilrecht/gewaehrleistunsgrecht.html unter dem Punkt "Gewährleistungsrecht bei Werkverträgen".
Zum Thema
- gtai-Artikel "Kampf gegen Sozialdumping - Teil 1": http://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Recht-Zoll/Wirtschafts-und-steuerrecht/suche,t=kampf-gegen-sozialdumping--teil-1,did=1255762.html
- Verordnung (EG) Nr. 561/2006 vom 15.3.2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1433342877656&uri=CELEX:02006R0561-20150302
- Arbeitsgesetzbuch (Code du travail): http://www.legifrance.gouv.fr/affichCode.do;?cidTexte=LEGITEXT000006072050 (Französisch)
- Strafgesetzbuch (Code pénal): http://www.legifrance.gouv.fr/affichCode.do;?cidTexte=LEGITEXT000006070719 (Französisch)
- Transportgesetzbuch (Code des transports): http://www.legifrance.gouv.fr/affichCode.do?cidTexte=LEGITEXT000023086525 (Französisch)
- Versicherungsgesetzbuch (Code des assurances): http://www.legifrance.gouv.fr/affichCode.do?cidTexte=LEGITEXT000006073984 (Französisch)
- Zivilgesetzbuch (Code civil): http://www.legifrance.gouv.fr/affichCode.do?cidTexte=LEGITEXT000006070721 (Französisch)
- Gesetz vom 10.7.2014 zur Bekämpfung von Sozialdumping (Loi n 2014-790 visant à lutter contre la concurrence sociale déloyale (1)): http://legifrance.gouv.fr/affichTexte.do?cidTexte=JORFTEXT000029223420 (Französisch)
- Erlass vom 22.10.2014 (Circulaire du 22 octobre 2014 de présentation des dispositions de droit pénal et de procédure pénale de la loi n 2014-790 du 10 juillet 2014 visant à lutter contre la concurrence sociale déloyale): http://www.textes.justice.gouv.fr/art_pix/JUSD1425137C.pdf (Französisch)
- Gesetz vom 22.12.2014: http://www.legifrance.gouv.fr/affichTexte.do;j?cidTexte=JORFTEXT000029953502 (Französisch)
- Durchführungsverordnung vom 30.3.2015 (Décret n 2015-364 relatif à la lutte contre les fraudes au détachement de travailleurs et à la lutte contre le travail illégal): http://www.legifrance.gouv.fr/affichTexte.do?cidTexte=JORFTEXT000030419658 (Französisch)
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