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SüdafrikaCoronavirus / Insolvenzrecht
Recht
Rechtsbericht Südafrika Coronavirus
Aufgrund der einschneidenden Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus droht vielen Unternehmen die Insolvenz. Welche Möglichkeiten haben Sie als ausländischer Geschäftspartner?
12.05.2020
Von Katrin Grünewald | Bonn
In Südafrika konnte zwar bisher ein rasanter Anstieg der Covid-19 Fallzahlen verhindert werden, dafür bezahlt die südafrikanische Wirtschaft jedoch einen hohen Preis. Seit März herrscht eine der weltweit strengsten Ausgangsbeschränkungen. Obwohl der südafrikanische Präsident Ende April umfangreiche Unterstützungsmaßnahmen angekündigt hat, wird es nicht ausbleiben, dass viele Unternehmen Insolvenz anmelden müssen.
Das südafrikanische Insolvenzrecht zur Abwicklung von Kapitalgesellschaften (liquidation) ist im Wesentlichen im Companies Act, das Insolvenzverfahren für Personengesellschaften und Privatpersonen (sequestration) im Insolvency Act No. 24 of 1936 geregelt. Insbesondere auf die Abwicklung von zahlungsunfähigen Unternehmen sind einige Vorschriften des Companies Act No. 61 of 1973 weiterhin anwendbar, während auf alle anderen Unternehmen sowie auf Verfahren zur Restrukturierung von Unternehmen (business rescue) der Companies Act No. 71 of 2008 anwendbar ist.
Zuständig für Insolvenzverfahren sind in Südafrika die Rechtspfleger (Master) der High Courts am Ort des Geschäftssitzes des Unternehmens.
Um die Unternehmen in der Coronakrise zu unterstützen, wurden aus insolvenzrechtlicher Sicht bisher eher kleinere Änderungen vorgenommen. So hat die Companies and Intellectual Property Commission (CIPC) für bereits begonnene, aber noch nicht abgeschlossene Restrukturierungsverfahren eine Fristverlängerung bis zum 30. April 2020 erteilt. Außerdem bleibt der Zeitraum vom 16. März 2020 bis zum 16. April 2020 für die Berechnung von Fristen in Restrukturierungsverfahren unberücksichtigt. Zudem werden vom 25. März 2020 bis 60 Tage nach Aufhebung der Ausgangssperren keine Compliance-Bescheide an Unternehmen geschickt, die wegen der Coronakrise vorübergehend zahlungsunfähig sind.
Das Insolvenzverfahren beginnt in Südafrika mit einem Eröffnungsantrag, der entweder vom Schuldner oder von einem oder mehreren Gläubigern gestellt werden kann. Für ein freiwilliges, durch den Schuldner initiiertes Verfahren wird ein gesetzlich qualifizierter Eröffnungsbeschluss (special resolution) benötigt. Bei einem Antrag der Gläubiger muss ein gesetzlicher Insolvenzgrund wie die vermutete Zahlungsunfähigkeit vorliegen.
Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens verlieren die Geschäftsführer ihre Befugnisse, das Vermögen der Gesellschaft steht unter der Verwaltung des Gerichts und die Geschäfte bedürfen einer Genehmigung des Gerichts. Bereits laufende zivilrechtliche Verfahren werden ausgesetzt.
Im Anschluss an die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens müssen mindestens zwei Gläubigerversammlungen stattfinden. Darin werden die von den Geschäftsführern (directors) erstellte Vermögensübersicht sowie mögliche Forderungen geprüft und einer oder mehrere Liquidatoren vorgeschlagen. Ein Liquidator muss seinen Wohnsitz in Südafrika haben und es darf kein gesetzlicher Ausschlussgrund vorliegen. Die Ernennung wird sowohl im Handelsregister als auch im Gesetzblatt eingetragen beziehungsweise verkündet. Aufgabe des Liquidators ist es, die Kontrolle über das Unternehmen zu übernehmen, die Vermögenswerte zu veräußern und den Erlös an die Gläubiger zu verteilen.
Für solvente, aber finanziell angeschlagene Unternehmen sieht das Gesetz ein Restrukturierungsverfahren vor, in Südafrika business rescue genannt. Dieses kann durch den Unternehmensvorstand oder ein Gericht auf Antrag eines Betroffenen (affected person) eingeleitet werden. Nach Eröffnung des Verfahrens wird ein Restrukturierungsexperte (business rescue practitioner) ernannt, der die Verwaltung des Unternehmens übernimmt. Er ist darüber hinaus zuständig für die Entwicklung und Umsetzung des Restrukturierungsplanes. Während eines Restrukturierungsverfahrens dürfen keine Gerichtsverfahren oder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet oder fortgeführt werden.
Ein Restrukturierungsverfahren endet, wenn das Gericht den Eröffnungsbeschluss aufhebt oder in ein Liquidiationsverfahren überleitet. Außerdem ist das Verfahren beendet, wenn der Restrukturierungsexperte die CIPC über die Beendigung des Verfahrens informiert, der Restrukturierungsplan ohne Verlängerungsantrag abgelehnt wird oder der Restrukturierungsexperte die CIPC über die substantielle Umsetzung des Restrukturierungsplanes informiert.
In Südafrika gibt es kein Insolvenzregister. Womöglich bietet eine Anfrage bei der CIPC die Möglichkeit, herauszufinden, ob sich ein Unternehmen in der Abwicklung befindet.
Wer bereits Gläubiger eines insolventen Unternehmens ist, kann seine Forderung wie jeder andere Gläubiger anmelden. Forderungen sind vor einer der beiden Gläubigerversammlungen anzumelden und zu beweisen. Auch Eigentumsvorbehalte sind innerhalb der Fristen für Insolvenzverfahren anzumelden.
In Südafrika werden die Gläubiger nach einer gesetzlich festgelegten Hierarchie befriedigt. Zunächst werden die Kosten für das Insolvenzverfahren abgezogen. Vorrangig werden anschließend die sogenannten secured creditors befriedigt, also die Gläubiger mit einer Sicherheit, beispielsweise Hypothek, Eigentumsvorbehalt oder Pfandrecht. Als nächstes werden die sogenannten preferent creditors befriedigt. Dazu gehören ausstehende Gehälter von Arbeitnehmern oder Steuern und Sozialabgaben. Die dann noch übrigbleibende Insolvenzmasse wird als letztes an die weiteren Gläubiger anteilig entsprechend ihrer Forderungshöhe verteilt.
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