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Rechtsbericht Türkei Investitionsrecht, Investitionsanreize
Istanbul (GTAI) - Die türkische Regierung will mit der gezielten Förderung von strategisch wichtigen Projekten die Investitionen in neue Technologien und wertschöpfungsorientierte Vorhaben vorantreiben. Projekte, die vom Wirtschaftsministerium als förderungswürdig eingestuft werden, erhalten großzügige finanzielle Vergünstigungen und profitieren von schnelleren administrativen Prozessen. Die Grundlage für die neuen Superförderungen ist das Gesetz Nr. 6745, das zum 7.9.16 in Kraft getreten ist.
15.09.2016
Die Türkei hat zusätzlich zum geltenden Investitionsfördersystem mit der gezielten Subventionierung von ausgewählten Projekten begonnen. In den Genuss der neuen Hilfen kommen Investoren, deren Vorhaben nach Einschätzung der Regierung für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes von strategischer Bedeutung sind.
Die Vergünstigungen und Ausnahmeregelungen gehen weit über die allgemein geltenden Subventionen hinaus. Der Umfang der gewährten Förderung soll für jedes einzelne Projekt unter Berücksichtigung von Besonderheiten maßgeschneidert festgelegt werden. Es besteht die Möglichkeit, alle oder nur einen Teil der möglichen Vergünstigungen in Anspruch zu nehmen.
Grundlage für diese Förderung ist das neue Gesetz Nr. 6745 über die "Investitionsförderung auf Projektbasis und zur Änderung einiger Gesetze und Dekrete mit Gesetzeskraft". Das 82 Kapitel umfassende Gesetz wurde am 20.8.16 vom türkischen Parlament verabschiedet und zum 7.9.16 durch Verkündung im Staatsanzeiger "Resmi Gazete" (http://www.resmigazete.gov.tr) Nr. 29824 in Kraft gesetzt.
Entscheidend für die neue projektbezogene Subventionierung ist vor allem Artikel 80, in dem der Ministerrat dazu ermächtigt wird, für einzelne Projekte, die vom Wirtschaftsministerium als förderungsfähig anerkannt sind, besondere Vergünstigungen zu gewähren. Dabei sind die Vorgaben der staatlichen Entwicklungspläne und jährlichen Wirtschaftsprogramme zu beachten. Wichtige Entscheidungskriterien für die besondere Förderung von Investitionen sind gemäß Artikel 80 der Abbau der Importabhängigkeit, eine hohe inländische Wertschöpfung, der Transfer von Hochtechnologien sowie die Sicherung der aktuellen und zukünftigen Marktversorgung.
Die indirekten finanziellen Fördermaßnahmen bestehen im Wesentlichen aus Steuer- und Abgabenbefreiungen. So kann der Ministerrat eine 100%ige Befreiung von der Einkommen- und Körperschaftsteuer für zehn Jahre ab Inbetriebnahme der Anlagen verfügen. Die Subventionshöhe mittels Körperschaftsteuerbefreiung darf jedoch insgesamt 200% der geplanten Investitionssumme nicht übersteigen. Neben dem Steuererlass ist auch eine Befreiung vom Einfuhrzoll und anderen Einfuhrabgaben für Importe möglich, die mit einer Investition in Verbindung stehen.
Nach den neuen Regelungen kann der Staat den Investoren öffentliche Grundstücke für 49 Jahre kostenlos überlassen, wenn aus einem Projekt hohe Beschäftigungseffekte hervorgehen. Eine weitere Bestimmung besagt, dass der Staat die Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitgebers für Beschäftigte für zehn Jahre übernehmen kann. Auch die Bezuschussung von Energiekosten ist möglich. Bei energieintensiven Projekten kann der Staat über eine Dauer von zehn Jahren bis zu 50% der Stromkosten übernehmen, die bei der Produktion anfallen. Der Staat subventioniert auch Fremdkapitalkosten. So können den Investoren für bis zu zehn Jahre Kreditzinszuschüsse gewährt werden.
Auch Lohnzuschüsse für hochqualifiziertes Personal sind möglich. Sie können für fünf Jahre gewährt werden, wobei die Obergrenze bis zum 20-fachen des gesetzlichen Mindestlohns (brutto) liegen kann. Des Weiteren eröffnet Gesetz Nr. 6745 die Möglichkeit, dass der Staat zwecks ausreichender Kapitalausstattung sich an bestimmten bedeutenden Projekten bis zu 49% beteiligt. Die staatlichen Kapitalanteile werden nach zehn Jahren entweder an der Börse verkauft oder an den privaten Projektpartner veräußert.
Die Förderungen werden aus dem Etat des Wirtschaftsministeriums finanziert. Zur Unterstützung von Projekten kann der Ministerrat weitere Maßnahmen beschließen. Gemäß Artikel 80, Absatz 3, kann die Regierung für bestimmte Produkte, die im Zusammenhang mit einem geförderten Projekt hergestellt werden, dem Investor eine Abnahmegarantie geben. Des Weiteren ist der Ministerrat nach Absatz 4 dazu ermächtigt, Ausnahmeregelungen bei Lizenzierung, Genehmigung und Zulassung zu verfügen.
In bestimmten Fällen kann der Ministerrat nach Absatz 5 zur Unterstützung eines Projektes die Durchführung von verschiedenen Infrastrukturinvestitionen beschließen, falls diese eine wichtige Voraussetzung für die Verwirklichung des Projekts darstellen. Alle im Rahmen des Gesetzes Nr. 6745 zugesagten Förderungen können laut Artikel 80, Absatz 7, auch bei einer späteren Übertragung eines Projektes auf einen anderen Investor weiter in Anspruch genommen werden.
Artikel 54 des Gesetzes Nr. 6745 enthält auch eine Förderung für die Kfz-Industrie. Demnach sind alle Käufe von kommerziellen Kraftfahrzeugen für den Personen- und Gütertransport, die bis zum 30.6.19 als Ersatz für bestehende alte Fahrzeuge getätigt werden, von der Sonderverbrauchsteuer ÖTV (Özel Tüketim Vergisi) befreit. Von dieser Verschrottungsprämie profitieren Taxen, Sammeltaxen (Dolmus), Mini-, Midi- und Omnibusse sowie Lkw und Lieferwagen. Die Steuerbefreiung gilt jedoch nicht für Mietwagenfirmen. Die steuerlich begünstigten Fahrzeuge dürfen über eine Dauer von drei Jahren nicht weiterverkauft oder vom Straßenverkehr abgemeldet werden.
Des Weiteren wurden mit Artikel 49 des Gesetzes einige im Jahr 2016 fälligen Schulden von Tourismusbetrieben ab Datum der Fälligkeit um ein Jahr verschoben. Als eine Erleichterung für Betriebe mit weniger als 50 Beschäftigten in der niedrigen Gefahrenklasse wurde die seit dem 1.7.16 geltende Verpflichtung zur Beschäftigung eines Arbeitssicherheitsexperten und eines Betriebsarztes auf den 1.7.17 verschoben.
(N.B.)