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Rechtsbericht USA Produzentenhaftung

US-Produkthaftung: Produktbeobachtungs- und Informationspflicht

Ein Hersteller ist auch nach dem Inverkehrbringen eines Produkts verpflichtet, das Produkt und dessen Wechselwirkung mit anderen Produkten aufmerksam zu beobachten.

Von Jan Sebisch, Alexander von Hopffgarten

Hinweis: Der Rechtsbericht wurde erstmals am 25. Mai 2021 veröffentlicht und zuletzt inhaltlich überprüft und - soweit dies erforderlich war - aktualisiert im April 2024.

Produktbeobachtungspflicht

In den USA besteht mit Ausnahme von Arzneimitteln und medizinischen Geräten keine unmittelbare permanente Produktbeobachtungspflicht. Allerdings können Hersteller nach einzelstaatlichen Bestimmungen einer general post-sale warning duty sowie nach Bundesrecht einer Berichtspflicht gegenüber Verbraucherschutzbehörden unterliegen, was faktisch eine kontinuierliche Produktbeobachtungspflicht zur Folge hat.

Wie Unternehmen ihre Produktbeobachtung organisieren ist nicht geregelt. Es gibt in diesem Bereich deswegen auch kein Richtig oder Falsch, sondern allenfalls "unsorgfältig". Dabei kommt es zum Beispiel auf die Produktverantwortung des Unternehmens im Herstellungsprozess und den Typ seiner Produkte an. Ein Hersteller von Kühlschränken, der unmittelbar für den privaten Endverbrauch produziert, muss seine Produkte anders beobachten als ein Zulieferer von Metallstiften, der ausschließlich für den gewerblichen Bereich produziert. Deswegen gibt es auch keine allgemeine Regel dafür, wie ein Unternehmen seine Produktbeobachtung organisieren sollte. Ein Unternehmen kann dafür eine eigene Einheit zum Beispiel im Bereich des Kundenservice oder der Qualitätssicherung vorsehen. Die konkrete Ausgestaltung ist auch davon abhängig, ob das Unternehmen Standorte oder Vertriebspersonal im Ausland hat. Ist das der Fall, ist eine Vernetzung, vor allem zur Sicherstellung eines weltweiten Informationsaustauschs rund um die Uhr, wohl unverzichtbar.

Die Produktbeobachtung sollte auf jeden Fall so organisiert sein, dass so viele produktrelevante Informationen wie möglich gesammelt und systematisch ausgewertet werden können. Quellen für die Datensammlung können sein

  • der unternehmenseigene Kundenservice,
  • Vertragshändler, Vertragswerkstätten,
  • Untersuchungen externer Marktforschungsunternehmen,
  • Veröffentlichungen von Verbraucherorganisationen oder Fachzeitschriften.

Unternehmen sollten ihren jeweiligen Einheiten Vorgaben machen, wie sie mit Informationen umgehen müssen. Autohersteller verpflichten zum Beispiel regelmäßig ihre Vertragshändler und Werkstätten in Verträgen, alle Garantiefälle, Reparaturen, Kundenbeschwerden etc. an bestimmte Auswertungsstellen im Unternehmen routinemäßig im Tages-, Wochen- oder Monatsrhythmus weiterzuleiten. Die Auswertung der gesammelten Informationen muss sicherstellen, dass neben den erforderlichen technischen Schlussfolgerungen auch die richtigen rechtlichen Entscheidungen getroffen werden. Bei letzteren geht es vor allem um die Frage, ob die Informationen nachträgliche öffentliche Warnhinweise des Unternehmens oder einen Produktrückruf erforderlich machen.

Warn- und Informationspflicht

Die kontinuierliche Produktbeobachtung kann ergeben, dass ein Produkt Sicherheitsrisiken birgt. Hersteller, Vertrags- und Einzelhändler sowie gegebenenfalls auch Importeure sind in diesem Fall verpflichtet, auf diese Risiken im Umgang mit ihren Produkten hinzuweisen und vor Gefahren zu warnen. Diese Informations- und Warnpflicht kann gegenüber dem einzelnen Käufer und/oder einzelnen Verbraucherschutzbehörden bestehen.

Nachvertragliche Warnpflicht gegenüber Käufern

Hersteller, Lieferanten und Verkäufer können nach dem Zeitpunkt des Verkaufs und dem Gefahrübergang eines Produkts verpflichtet sein, Käufer auf bestimmte Risiken hinzuweisen und sie vor einem bestimmten Produktgebrauch zu warnen. In vielen Bundesstaaten gilt - wenn auch mit unterschiedlichen Voraussetzungen - eine post-sale warning duty. Diese nachvertragliche Warnpflicht kann gesetzlich geregelt oder zumindest von den einzelnen Gerichten fallrechtlich anerkannt sein.

Voraussetzungen

Trotz der prinzipiellen Anerkennung einer post-sale warning duty können die Voraussetzungen, unter denen amerikanische Gerichte eine nachvertragliche Warnpflicht annehmen, voneinander abweichen.

Viele Gerichte bejahen eine post-sale warning duty nur dann, wenn ein Produkt bereits im Zeitpunkt des Verkaufs einen Defekt hatte. Nach dieser Rechtsprechung ist die post-sale warning duty auf Fälle beschränkt, in denen ein Produkt zwar schon von Beginn an defekt war, der Defekt aber erst später entdeckt worden ist. Einige Gerichte bejahen eine nachvertragliche Warnpflicht auch bei defektfreien Produkten, wenn der Hersteller nach dem Inverkehrbringen erfährt, dass sein Produkt von Verbrauchern modifiziert oder missbräuchlich verwendet wird und dadurch Personen- und Sachgefahren entstehen, die er als Hersteller angemessen vorhersehen kann.

Informationspflicht gegenüber Behörden

Hersteller, Lieferanten, Verkäufer und weitere Verantwortliche in der Herstellungs- und Lieferkette eines Produkts müssen beachten, dass sie unabhängig von dem Bestehen einer nachvertraglichen Warnpflicht gegenüber einzelnen Käufern verpflichtet sein können, einzelne Behörden auf bestimmte Gefahren oder Umstände ihrer Produkte hinzuweisen. Solche Hinweise gegenüber den Behörden können dazu führen, dass eine Behörde den Produktverantwortlichen per Anordnung auch zu Warnungen gegenüber der Öffentlichkeit und einzelnen Käufern verpflichtet.

Grundlage sind in diesen Fällen spezielle gesetzliche Bestimmungen. Welche dieser Bestimmungen zu beachten sind, ist von der Risikobeschaffenheit eines Produkts abhängig. Produkte für Verbraucher ohne besondere Risikomerkmale fallen in der Regel unter die reporting requirements des allgemeinen amerikanischen Verbraucherschutzgesetzes, dem Consumer Product Safety Act (CPSA). Dieses Bundesgesetz, das im United States Code, Title 15, §§ 2051 bis 2084 geregelt ist, gilt für rund 15.000 verschiedene Produkttypen im privaten Wohn-, Schul- und Freizeitbereich.

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