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WeltPatentrecht, Musterrecht
Recht
Rechtsbericht Welt Patentrecht, Musterrecht
Bonn (GTAI) - Die mit dem Brexit verbundenen Rechtsfragen betreffen auch den einheitlichen europäischen Patentschutz. Sollte dieser - wie derzeit geplant - im ersten Quartal 2018 starten, stellt sich die Frage, ob auch das Vereinigte Königreich dabei ist.
04.08.2017
Ein einheitlicher europäischer Patentschutz steht seit langem auf der Agenda der EU. Zwar gibt es ein europäisches Patent auf der Grundlage des Europäischen Patentübereinkommens. Dieses gewährt aber keinen einheitlichen EU-weiten Schutz. Vielmehr zerfällt das Europäische Patent in einzelne nationale Schutzrechte, die sich nach den jeweiligen nationalen patentrechtlichen Vorschriften richten. Die Schutzrechte entstehen mit der Bekanntmachung des Europäischen Patents in den jeweiligen Vertragsstaaten des EPÜ, wobei der Patentinhaber wählen kann, in welchem Vertragsstaat das europäische Patent gelten soll.
Ein einheitliches europäisches Patent hätte demgegenüber den Vorteil, dass EU-weit der gleiche Schutz gewährt wird, was sowohl die Rechtssicherheit als auch die EU-weite Verwendbarkeit erhöht.
Aus diesem Grund ist es sehr zu begrüßen, dass die EU sowie die EU-Mitgliedstaaten mit den Verordnungen Nr. 12547/2012 und Nr. 1260/2012 sowie dem Übereinkommen über das europäische Patentgericht die erforderlichen Rechtsgrundlagen geschaffen haben.
Diese Verordnungen sind aber erst anwendbar, nachdem 13 Länder das Übereinkommen über das europäische Patentgericht ratifiziert haben, wobei Frankreich, das Vereinigte Königreich und Deutschland unter den ratifizierenden Ländern sein müssen. Das heißt: Ratifiziert das Vereinigte Königreich nicht das Übereinkommen, ist das Projekt des einheitlichen Europäischen Patentschutzes zunächst einmal blockiert. Die Vorschriften über das Inkrafttreten der EU-Verordnungen müssten dann entsprechend geändert werden, soll ein einheitlicher EU- Patentschutz (ohne das Vereinigte Königreich) erreicht werden.
Ratifiziert hingegen Großbritannien das Übereinkommen, besteht das Problem, das die Verordnungen nach einem Austritt Großbritanniens aus der EU nicht mehr dort anwendbar sind.
Will Großbritannien dennoch am einheitlichen europäischen Patentschutz teilnehmen, ließe sich dies durch eine Ergänzung des Übereinkommens zum europäischen Gericht sowie einen entsprechenden Passus im Austrittsabkommen erreichen, wonach die Anwendung der genannten EU-Verordnungen auch auf das Vereinigte Königreich festgelegt wird. Geht es um die Auslegung der EU-Verordnungen, ist allerdings (da es sich ja um EU-Recht handelt) die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entscheidend - ein Ergebnis, dass das Vereinigte Königreich mit einem EU-Austritt ja gerade vermeiden will.
Ein EU-weiter einheitlicher Patentschutz unter Einschluss des Vereinigten Königreiches ist somit auch im Falle eines Brexit möglich. Allerdings hätte dies zur Konsequenz, dass der EuGH zu Rechtsfragen eines solchen Patentschutzes das letzte Wort hat. Wie sich Großbritannien hier letztlich positioniert, darf mit Spannung erwartet werden.