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Rechtsbericht Vereinigtes Königreich Brexit

Chancen des Brexit: Britische Regierung veröffentlicht Liste

Die britische Regierung hat eine Auswahl derjenigen Themen bekanntgegeben, für die sie die neu errungene regulatorische Unabhängigkeit nutzen will.     

Von Karl Martin Fischer | Bonn

Der European Union (Withdrawal) Act 2018 ist ein Gesetz, das für die praktische Durchführung des Austritts des Vereinigten Königreichs (VK) aus der Europäischen Union (EU) von zentraler Bedeutung war. Die vielleicht wichtigste Regelung: Die Übernahme europäischer Vorschriften in nationales Recht. Dies geschah, um Lücken im britischen Recht zu verhindern. Nach dem Ende der Übergangsphase wollte - und will - man dann das übernommene Recht, soweit gewollt, Stück für Stück an britische Vorstellungen anpassen.

Auf diese Art und Weise entstand eine neue Kategorie im britischen Recht: das „retained EU law“. Es folgt besonderen Auslegungsregeln, kann auf eine besondere Art und Weise geändert werden und folgt der Interpretation des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH), wenn die entsprechenden Entscheidungen vor dem Ende der Übergangsphase ergangen sind (allerdings können der Court of Appeal und der UK Supreme Court hiervon abweichen).

Die britische Regierung erklärt nunmehr, diesen speziellen Status abschaffen zu wollen. Insbesondere soll die Bindung an alte Entscheidungen des EuGH entfallen. Retained EU law soll künftig denselben Status haben wie normales britisches Recht.

Abgesehen von diesem rechtstheoretischen Vorschlag gibt es auch einige konkrete, inhaltliche Vorschläge. Neben populären Themen wie zum Beispiel Rückkehr des Crown Stamp auf Biergläsern sowie der imperial units (pounds and ounces statt Gramm und Kilogramm) gibt es auch einige Initiative, die für die Wirtschaft - oder zumindest für einige Branchen - tatsächlich relevant werden können.

Digital Transformation of Regulation

Das britische Wirtschaftsministerium will eine öffentlich zugängliche Datenbank schaffen. Diese Datenbank soll alle Regelungen enthalten, die für unternehmerisch Tätige relevant sind. Mit Hilfe künstlicher Intelligenz will man diese um weitere relevante Informationen ergänzen, die das Verständnis von Inhalt und Kontext erleichtern sollen. Außerdem soll ein Tool entwickelt werden, mit dessen Hilfe Unternehmen die sie betreffenden Regeln und daraus folgende Verhaltenspflichten einfach ermitteln können.

Elektronische Dokumente

Die britische Regierung will elektronische geschäftliche Kommunikation genauso behandeln wie herkömmliche, physische Dokumente. Soweit zu beurkundende Dokumente betroffen sind, unterstützt die Regierung eine unabhängige Expertenarbeitsgruppe der law commission, die konkrete Regelungen für die Gültigkeit elektronischer Unterschriften und anderer elektronischer Arten der Ausfertigung von Dokumenten vorschlagen soll. Die letzten Firmenanteile, die noch in papierhaften Urkunden dokumentiert sind, sollen mittelfristig in elektronische Anteile umgewandelt werden.

Medizin und Medizinprodukte

Hier soll Forschung und Entwicklung besonders gefördert werden, außerdem hat die Regierung eine öffentliche Konsultation zur Regulierung von Medizinprodukten bekanntgegeben. Überdies soll die Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency (MHRA) prüfen, ob Software und künstliche Intelligenz als Medizinprodukte gelten können. Schließlich will man das Vereinigte Königreich zu einem attraktiven Standort für klinische Studien machen. 

Weitere Ankündigungen

Weitere Ankündigungen betreffen unter anderem ein „wachstumsfreudiges, vertrauenswürdiges Datenrecht, verhältnismäßiger und weniger belastend als die EU DSGVO“. Hierzu läuft derzeit eine Konsultation. Ebenfalls neu überdacht werden soll die gegenwärtige, aus EU-Zeiten stammende Regulierung gentechnisch modifizierter Organismen, die als zu restriktiv bezeichnet wird. In Sachen Mobilität sollen „veraltete“ EU-Fahrzeugstandards durch nationale ersetzen, die mehr Flexibilität für neue Technologien beinhalten.

Außerdem will man die Art und Weise der Regulierung angehen. Angedacht ist eine „one-in-two-out“-Regelung, die bei Einführung einer neuen Regelung für die Abschaffung zweier bestehender Regelungen sorgen soll.

Zum Thema:

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