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Insolvenzrecht

Germany Trade & Invest (Stand: Dezember 2020)

Ein Dienstleistungsempfänger aus Deutschland kann unter Umständen in die unangenehme Situation gelangen, dass der Dienstleister aus Irland in die Insolvenz gerät. Dies kann beispielsweise für noch bestehende Rückzahlungsansprüche oder offene Ansprüche auf Nachbesserung, Gewährleistung, ggf.--gegebenenfalls auch für noch ausstehende Wartungsarbeiten von Bedeutung sein. Vor diesem Hintergrund wird ein kurzer Überblick über das irische Insolvenzverfahren wichtig.

Gesetzlicher Rahmen des Insolvenzrechts

Befindet sich eine irische Kapitalgesellschaft (company) wie die im Kapitel Gesellschaftsrecht beschriebene Private Limited Company by Shares (kurz: Ltd.) in Zahlungsschwierigkeiten, sieht das Gesellschaftsgesetz (Companies Act 2014) verschiedene Handlungsmöglichkeiten vor, beispielsweise:

  • Sicherheiten können im Rahmen der Zwangsverwaltung (receivership) vollstreckt werden (Section 428 ff.--folgende Companies Act 2014). Hierfür wird aufgrund einer Schuldverschreibung oder einer Realsicherheit ein Zwangsverwalter (receiver) bestellt, der dafür Sorge trägt, dass der gesicherte Vermögenswert realisiert wird.
  • Die Gesellschaft kann vom Gericht unter Beobachtung (examination) gestellt werden (Section 508 ff. Companies Act 2014). Das Gericht muss davon überzeugt sein, dass die Gesellschaft überlebensfähig ist. Es wird ein Verwalter (examiner) bestellt. In dieser Zeit - in der Regel 70 Tage - können Gläubiger weder ihre Ansprüche klageweise geltend machen noch ihren Sicherheiten vollstrecken.
  • Die Gesellschafter können einen Beschluss fassen, der darauf ausgerichtet ist, freiwillig die Gesellschaft aufzulösen, weil sie ihren Verpflichtungen Gläubigern gegenüber nicht mehr nachkommen können (creditors’ voluntary liquidation) (Section 585 ff. Companies Act 2014);
  • Die Auflösung der Gesellschaft kann durch das Gericht angeordnet werden (court winding up) (Section 568 ff. Companies Act 2014). Dies wird in diesem Abschnitt als eigentliches Insolvenzverfahren verstanden und soll im Folgenden näher beleuchtet werden.

Das Insolvenzverfahren über eine irische Gesellschaft kann von einem Gläubiger ohne Zustimmung der irischen Gesellschaft eingeleitet werden. Der Gläubiger muss hierzu einen Antrag (petition) auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den High Court stellen (Sections 2 und 571 Companies Act 2014).

Das Gericht untersucht daraufhin, ob das Unternehmen zahlungsunfähig ist (unable to pay its debts) (Section 569 Absatz 1 lit. d Companies Act 2014). Dies wird angenommen, wenn:

  • die Gesellschaft bei einem Gläubiger (creditor) fällige Schulden von mehr als 10.000 Euro hat, dieser die Gesellschaft schriftlich zur Zahlung aufgefordert hat und die Gesellschaft ihre Schulden nicht innerhalb der darauffolgenden 21 Tagen befriedigt oder ausreichend besichert hat (Section 570 lit. a Companies Act 2014) oder
  • die Gesellschaft bei zwei oder mehr Gläubigern fällige Schulden von mehr als 20.000 Euro hat, diese die Gesellschaft schriftlich zur Zahlung aufgefordert haben und die Gesellschaft ihre Schulden nicht innerhalb der darauffolgenden 21 Tagen befriedigt oder ausreichend besichert hat (Section 570 lit. b Companies Act 2014) oder
  • u.a.--unter anderen die Zwangsvollstreckung zugunsten eines Gläubigers nicht erfolgreich war (Section 570 lit. c Companies Act 2014) oder
  • das Gericht davon überzeugt ist, dass die Gesellschaft ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann (Section 570 lit. d Companies Act 2014).

Wenn das Gericht nach einer Anhörung (hearing) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mittels einer winding up order anordnet, bestellt es in der Regel für die Durchführung des Insolvenzverfahrens einen Insolvenzverwalter (liquidator) (Section 575 Companies Act 2014). Dieser erhält grundsätzlich alle Direktorenbefugnisse (Section 677 Absatz 3 Companies Act 2014). Auch nimmt er nach seiner Ernennung das Siegel der Gesellschaft, die Geschäftsbücher und das Gesellschaftsvermögen in seinen Gewahrsam (Section 596 Companies Act 2014). Eine Kopie des Eröffnungsbeschlusses ist der irischen Unternehmensregisterbehörde (Companies Registration Office) zuzustellen (Section 591 Companies Act 2014). Binnen 21 Tagen nach dem Eröffnungsbeschluss muss auch eine Erklärung zur Lage der Gesellschaft (statement as to the affairs of the company) abgegeben werden. Diese muss durch eine eidesstattliche Erklärung (affidavit) belegt werden (Section 593 f.--folgend Companies Act 2014). Auch muss nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens jede Rechnung und Bestellung, jeder Geschäftsbrief, jede E-Mail und die Internetseite der Gesellschaft den Hinweis darauf enthalten, dass die Gesellschaft abgewickelt wird (Section 595 Companies Act 2014). Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens muss die Gesellschaft grundsätzlich ihre Geschäftstätigkeit einstellen (Section 677 Absatz 1 Companies Act 2014).

Sowohl das Gericht (Section 689 ff. Companies Act 2014) als auch der Insolvenzverwalter (Section 628 Companies Act 2014) können die einzelnen Gläubiger zu einer Gläubigerversammlung laden.

Wird das Insolvenzverfahren nicht binnen eines Jahres abgeschlossen, muss der Insolvenzverwaltung ein Jahr nach Erlass des Eröffnungsbeschlusses und danach alle sechs Monate der Unternehmensregisterbehörde eine Zwischenstandsmeldung übersenden (Section 681 Companies Act 2014).

Anmeldung von Forderungen

Der Insolvenzverwalter hat die Schulden und Verpflichtungen der Gesellschaft festzustellen (Section 627 Punkt 3 Companies Act 2014).

Im Hinblick auf den Nachweis der Forderungen (proof of debts) sind die Regeln des Insolvenzgesetzes (Bankruptcy Act 1988), d.h.--das heißt Artikel 76 i.V.m.--in Verbindung mit Anhang 1 anzuwenden (Section 619 Absatz 1 lit. b Companies Act 2014). Gläubiger müssen ihre Forderungen durch Einsendung von Unterlagen gegenüber dem Insolvenzverwalter nachweisen. Der Insolvenzverwalter kann von ihnen auch die Abgabe einer diesbezüglichen eidesstattlichen Versicherung (affidavit) verlangen.

Der Insolvenzverwalter kann eine Frist bestimmen, innerhalb derer Gläubiger das Bestehen ihrer Forderung nachweisen müssen, um nicht von Verteilungen vor dem Nachweis der Forderungen ausgeschlossen zu werden. Diese Frist muss er den Gläubigern schriftlich mitteilen. Sie muss ab Zustellung des Schreibens mindestens 28 Tage betragen. Auf Antrag kann das Gericht die Frist verlängern, muss aber hierüber den Insolvenzverwalter informieren (Section 574 Companies Act 2014).

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