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Wirtschaftsumfeld | Westbalkan | Lieferketten

Nearshoring im Westbalkan gewinnt an Bedeutung

Die Handelsbeziehungen der Bundesrepublik zum Westbalkan werden immer enger. Nearshoring und neue Lieferketten rücken die Region stärker in den Fokus.

Von Martin Gaber | Belgrad

Bereits zum 7. Mal fand im September 2021 die Einkaufsinitiative Westbalkan statt. Dabei treffen deutsche Einkäufer auf Lieferanten aus den Westbalkanstaaten Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien sowie den beiden Ländern der Europäischen Union (EU), Kroatien und Slowenien. Im Fokus der Initiative stehen die Bereiche Metallbau, Guss- und Schmiedeteile, Stanz- und Biegeteile, Spritzguss, Plastik und Elektronik, so der durchführende Bundesverband für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME).

Seit der ersten Austragung im Jahr 2015 haben über 2.500 B2B-Gespräche zwischen Einkäufern und Lieferanten stattgefunden. Seit 2020 findet die Initiative aufgrund der Coronapandemie virtuell statt. Das Interesse bleibt allerdings hoch. In diesem Jahr sind über 500 bilaterale Treffen angesetzt.

Einkaufsinitiative Westbalkan

Die Einkaufsinitiative Westbalkan gehört zum branchenübergreifenden Markterschließungsprogramm für KMU des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi). Das Programm wird von Germany Trade & Invest zusammen mit dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und dem BMWi umgesetzt.

Weitere Informationen zum Markterschließungsprogramm finden Sie hier.

Bilateraler Handel nähert sich Vorkrisenniveau

"Schon lange bevor im Zuge der Coronapandemie über Nearshoring diskutiert wurde, hat die Einkaufsinitiative dazu beigetragen," so der stellvertretende Abteilungsleiter für Europapolitik im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), Dr. Heinz Hetmeier, während der diesjährigen Eröffnung. Die Handelsbeziehungen zwischen dem westlichen Balkan und der Bundesrepublik entwickeln sich bereits seit einigen Jahren sehr dynamisch. So gehört die Region als Einheit mittlerweile zu den 35 wichtigsten Handelspartnern Deutschlands. Der Handelsaustausch hat dabei zwischen 2015 und 2019 um über 50 Prozent zugelegt.

Rangliste der Außenhandelspartner Deutschlands 2020

Platz

Handelspartner

Außenhandelsumsatz in Milliarden Euro

1

Volksrepublik China

212,85

2

Niederlande

172,11

3

Vereinigte Staaten

171,51

4

Frankreich

147,29

5

Polen

123,28

...

10

Tschechische Republik

83,18

...

34

Australien

11,45

35

Westbalkan

11,25

36

Griechenland

10,99

...

In der Einzelbetrachtung liegt Serbien auf Platz 51.Quelle: Destatis

Lediglich die Coronapandemie konnte dem wachsenden Handelsaustausch der Bundesrepublik mit den sechs Westbalkanländern einen Dämpfer versetzen. So gab es im Jahr 2020 ein Minus von rund 7 Prozent, so Zahlen des Statistischen Bundesamtes. In diesem Jahr könnte der bilaterale Handel wieder auf das Vorkrisenniveau klettern. In den ersten sieben Monaten liegt der Austausch mehr als ein Drittel über dem gleichen Zeitraum 2020.

Entwicklung des Außenhandels mit dem Westbalkan (2015 bis 2021, in Millionen Euro)

Handelspartner

2015

2016

2017

2018

2019

2020

Jan. - Juli 2021

Albanien

273

392

371

374

405

402

263

Bosnien und Herzegowina

1.405

1.450

1.577

1.712

1.661

1.558

1.067

Kosovo

167

199

215

262

290

277

228

Montenegro

96

148

121

144

139

130

78

Nordmazedonien

2.686

3.014

3.515

4.105

4.465

3.818

2.901

Serbien

3.385

3.774

4.219

4.675

5.160

5.060

3.569

Gesamt

8.012

8.977

10.018

11.272

12.120

11.245

8.106

Quelle: Destatis

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Westbalkan im Fokus deutscher Einkäufer

Gerade bei der Suche nach passenden Lieferanten bieten sich Sourcingchancen auf dem Westbalkan. "Wir stellen ein immer größeres Interesse für Sourcing auf dem Westbalkan fest," sagt Frank Aletter, Geschäftsführer der Deutsch-Serbischen Wirtschaftskammer bei der Eröffnung der Einkaufsinitiative. Dabei haben die Länder verschiedene Schwerpunkte für Zulieferungen. Für die Autozulieferindustrie stehen Serbien und Nordmazedonien im Fokus. Beide Länder sind bereits gut in die Lieferketten der deutschen Autoindustrie eingebunden - Tendenz weiter steigend. Das liegt vor allem an zahlreichen deutschen Investitionen in der Region. Große Zulieferbetriebe wie Continental, ZF, Brose, Bosch oder Dräxlmaier sind vor Ort.

Im Fokus stehen auch weitere Branchen: So bieten sich für die Bekleidungs- und Schuhindustrie Serbien, Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien und Albanien als wettbewerbsfähige Produktionsstandorte an. Die metallverarbeitende Industrie ist in Bosnien und Herzegowina und in Serbien gut ausgeprägt und für die Kunststoffverarbeitung kommt neben den beiden genannten noch Nordmazedonien hinzu.

Neben den klassischen Industrien gewinnt auch der Bereich Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) der für Zulieferungen an Bedeutung. Vor allem Softwareentwicklung. Hier ist auch der Kosovo ein attraktiver Standort an. Die junge, sprachbegabte, IKT-affine Bevölkerung arbeitet meist in kleinen Unternehmen an IKT-Projekten für Unternehmen aus der EU und den USA.

In Serbien gibt es zudem Beschaffungsmöglichkeiten in der Landwirtschaft. In Teilbereichen gehört der Balkanstaat zu den führenden Agrarstandorten weltweit.

Lieferbranchen im Überblick

Germany Trade & Invest stellt in der Publikation "Im Fokus: Sourchingchancen auf dem Westbalkan" die spannendsten Lieferbranchen in der Region vor. Zudem finden Sie Informationen zum Zoll sowie zur Markterschließung.


Eine Region vor der Haustür

Während der Coronakrise entbrannte eine Diskussion um Nearshoring, also eine Verkürzung von Lieferketten, sowie um die grundsätzliche Neugestaltung von Lieferketten. In dieser Diskussion rücken auch die sechs Länder des westlichen Balkans in den Fokus. Die Region ist innerhalb von 24 Stunden erreichbar und liegt für die deutsche Wirtschaft quasi vor der Haustür. Eine Studie des Wiener Instituts für internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) zeigt, dass es für Nearshoring in der Region - gerade für ausländische Direktinvestitionen - durchaus Potenzial gibt. 

Dabei wird es aber weniger um eine Rückverlagerung von Produktionsstandorten aus Asien gehen, sondern eher um die Diversifizierung von Lieferketten. Eine Studie des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) unterstreicht das: Demnach planen fast 70 Prozent der befragten Unternehmen ihre Lieferketten zu diversifizieren, dabei aber vor allem nach neuen oder zusätzlichen Lieferanten zu suchen.

Initiativen als gute Gelegenheit für Erstkontakt

Neben der Einkaufsinitiative Westbalkan gibt es weitere Möglichkeiten, für Einkäufer und interessierte Unternehmen mit Lieferanten aus der Region in Kontakt zu treten. Dazu zählt auch das Procurement and Supply Forum Central and Eastern Europe. Die Initiative wird vom BME durchgeführt und ist der Einkaufsinitiative Westbalkan ähnlich, allerdings mit einem erweiterten Länderfokus.

Neu ist die Möglichkeit, sich auf einer virtuellen Messe mit potenziellen Lieferanten aus der Industrie zu vernetzen. Beim Industrial Suppliers Forum der Auslandshandelskammern ist das seit 2020 möglich. Für deutsche Unternehmen ist die Teilnahme kostenlos. Zudem bieten die deutschen Auslandshandelskammern der Region Dienstleistungen zur Lieferantensuche an.

Ansprechpartner

Kontakte

Organisation

Anmerkungen

Deutsch-Serbische Wirtschaftskammer

Deutsche Auslandshandelskammer in Belgrad

Delegation der Deutschen Wirtschaft in Nordmazedonien

Deutsche Auslandshandelskammer in Skopje

Delegation der Deutschen Wirtschaft in Bosnien und Herzegowina

Deutsche Auslandshandelskammer in Sarajevo

Kosovarisch-Deutsche Wirtschaftsvereinigung

Bilaterale Wirtschaftsvereinigung in Pristina

Deutsche Industrie- und Handelsvereinigung in Albanien

Bilaterale Wirtschaftsvereinigung in Tirana

Deutsch-Montenegrinischer Wirtschaftsclub

Bilaterale Wirtschaftsvereinigung in Podgorica

Germany Trade & Invest

Wirtschaftsinformationen zum Westbalkan

Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik

Durchführer der Einkaufsinitiative Westbalkan

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