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Special Argentinien

Argentinien ist noch wenig wettbewerbsfähig

Die AHK Buenos Aires hat Mitte 2017, basierend auf einer Umfrage unter den Mitgliedsunternehmen, zahlreiche Probleme (nicht nur) deutscher Unternehmen identifiziert und - in Zusammenarbeit mit Germany Trade & Invest - Lösungsvorschläge unterbreitet. Unternehmen berichten, dass sich der Umgang mit den Behörden in Ton und Form unter der Macri-Regierung deutlich verbessert hat, inhaltlich aber vielfach noch die gleichen Probleme wie zuvor existieren. Angesichts der oft noch großen administrativen Hindernisse ist die Zusammenarbeit mit einheimischen Partnern meist unerlässlich.

Die Kosten für die Unternehmen sind sehr hoch. Die argentinische Handelskammer CAC hat dazu im August 2017 eine detaillierte Studie („Costo Argentino“) in verschiedenen Sektoren veröffentlicht. Hoch sind demnach generell die Arbeitskosten, vor allem die Lohnnebenkosten, und die Steuern. Argentiniens Infrastruktur ist veraltet, die Logistik häufig ineffizient. Gesetzliche und tarifvertragliche Regulierungen treiben die Transportkosten zusätzlich in die Höhe. Allein um Waren aus der Stadt in die Provinz Buenos Aires zu bringen, seien 21 Dokumente erforderlich, klagt der Chef des Verbandes der Nahrungsmittelindustrie (Copal), Daniel Funes Rioja.

Großer Reformbedarf besteht auf dem Arbeitsmarkt. Neben den hohen Kosten wird die geringe Flexibilität kritisiert. Hohe Fehlzeiten sind in vielen Betrieben ein Problem. Veraltete Tarifverträge und Gesetze aus den 70er Jahren bestimmen zum Teil noch immer den institutionellen Rahmen, der oft nicht mehr zu den Anforderungen moderner Technologie passt. Arbeitsrichter entscheiden bei Konflikten im Zweifel grundsätzlich zugunsten des Arbeitnehmers.

Im jüngsten globalen Wettbewerbs-Ranking des World Economic Forum (WEF) hat Argentinien zwölf Positionen gut gemacht, liegt aber immer noch im unteren Drittel der Tabelle. Argentinien liegt zum Teil auch weit hinter Chile, Mexiko, Kolumbien, Peru und Brasilien zurück. Das WEF lobt jüngste Verbesserungen des institutionellen Rahmens. Auch die Qualität des Geschäftsumfeldes, die Effizienz verschiedener Märkte sowie die Innovation und die Anwendung neuer Technologien haben sich zumindest leicht verbessert und deuten auf eine positive Trendwende hin. Seine Anti-Korruptionsgesetzgebung brachte Argentinien auf OECD-Standard, mit einem im November 2017 verabschiedeten Gesetz zur strafrechtlichen Haftung von Unternehmen.


WEF-Länderrating 2017-18, Argentinien (Rang 92 von insgesamt 137 Ländern)

Kriterien 1)

Argentinien

Deutschland

Gesamtrang

92

5

1 Institutionen 2)

113

21

2 Infrastruktur (Infrastructure)

81

10

3 Gesundheit und Grundbildung

64

13

4 Höhere Bildung und Ausbildung

38

15

5 Effizienz der Gütermärkte 3)

133

11

6 Effizienz des Arbeitsmarkts

132

14

7 Entwicklung des Finanzmarkts 4)

121

12

8 Qualität des Geschäftsumfeldes

78

5

9 Korruption 5)

95

10

1) bewertet werden unter anderem: 2) Eigentumsrechte, Unabhängigkeit der Justiz, Auditierung, 3) benötigte Zeit für die Unternehmensgründung, Wettbewerbsintensität, Besteuerung, Zollvorschriften, 4) Beschränkungen der Kapitalströme; 5) Rang (von 176 Ländern) bei Transparency International (TI)
Quellen: World Economic Forum, Global Competitiveness Report; Transparency International


Verschiedene Fördermaßnahmen der Nationalregierung werden auf Provinzebene noch nicht umgesetzt. Das Fördergesetz für KMU (Ley Pyme) etwa wenden bisher nicht alle Provinzen an. Zudem sind nicht alle Fördermaßnahmen gesetzlich geregelt, vieles kann oder muss gar im Einzelfall ausgehandelt werden. In der Regel erfahren Investoren umfassende Unterstützung durch die betroffenen Gemeinden und Provinzregierungen, wie etwa die Bereitstellung von Grundstücken und Infrastruktur oder Steuernachlässe/-kredite. Aber auch das Gegenteil kann der Fall sein. Mitunter werden Investoren von Provinzen und Gemeinden gesondert zur Kasse gebeten, vor allem wenn es um die Ausbeutung von Ressourcen geht, die ortsgebunden sind, etwa im Bergbau oder in der Öl- und Gasförderung.

Aufgrund seiner langen Historie von Krisen und Pleiten gilt Argentinien weiterhin als riskanter Schuldner. Entsprechend treiben hohe Risikoprämien die Finanzierungskosten für Staat und Unternehmen, die deutlich über denen von Nachbarländern liegen. Einige Unternehmen klagen über eine schlechte Zahlungsmoral staatlicher Kunden. Das Einfuhrverfahren hat sich deutlich vereinfacht und beschleunigt, etliche nichttarifäre Handelshemmnisse bestehen jedoch fort.


Text: Carl Moses

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