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Special | Italien | EU-Förderung

Förderung im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität

Italien erhält aus der Fazilität mehr als 190 Milliarden Euro. Die Mittel sollen vor allem in die Digitalisierung, die Mobilität und die Nachhaltigkeit fließen (Stand: August 2021). 

Von Oliver Döhne | Mailand

Mit einer gewissen Erleichterung nahm Italiens Premierminister Mario Draghi am 22. Juni 2021 die Zustimmung der Europäischen Kommission für Italiens Recovery Plan auf. Darin teilt die Regierung die erwarteten 191,5 Milliarden Euro auf sechs Felder auf: Digitalisierung, grüner Wandel, Infrastruktur/nachhaltige Mobilität, Bildung/Forschung, Inklusion/Kohäsion sowie Gesundheit. 

Mission Digitalisierung

Hauptadressat der Maßnahmen für die Digitalisierung ist die verarbeitende Industrie. Diese kann in den kommenden Jahren von großzügigen Steuergutschriften beim Kauf von Industrie 4.0-Ausrüstung ausgehen. Im Recovery Plan sind dafür rund 13,4 Milliarden Euro vorgesehen. Diese gelten auch für den Kauf deutscher Ausrüstung, sofern sie in Betrieben in Italien zum Einsatz kommt. Für Anschaffungen von Industrie 4.0-Maschinen im Wert von bis zu 2,5 Millionen Euro können bis zu 50 Prozent an Steuergutschriften geltend gemacht werden, für Software 20 Prozent. Ab einem bestimmten Wert ist ein technisches Gutachten nötig, das bestätigt, dass die Anlage in die förderungswürdige Kategorie fällt. Hier können unter anderem Zertifizierungsgesellschaften wie TÜV,  Dekra oder Rina weiterhelfen.

Ein weiterer Schwerpunkt der Digitalisierung ist der flächendeckende Ausbau des Ultrabreitband- und 5G-Netzes, besonders in abgelegenen Landesteilen. Für diesen Zweck sind 6,7 Milliarden Euro eingeplant. Das ursprünglich angedachte Einheitsnetz für das Ultrabreitband, das durch die Zusammenführung der staatlich kontrollierten Open Fiber und der mehrheitlich privaten TIM realisiert werden sollte, scheint vorerst vom Tisch zu sein.

Insgesamt sollen 9.000 Schulgebäude, 12.000 Gesundheitszentren und 18 kleineren Inseln digital angeschlossen werden. Bis 2026 will Italien landesweit eine Mindestdatengeschwindigkeit von 1 Gigabyte/Sekunde gewährleisten. Auch die Satellitentechnik wird im Plan genannt. 

Die öffentliche Verwaltung soll rund 9,8 Milliarden Euro für den digitalen Wandel erhalten. Öffentliche Ausschreibungen werden vereinfacht und beschleunigt werden, so die Pläne. Für die öffentlich Beschaffung von Telekommunikations- und Informationstechnologie will Italien eine White List zertifizierter Lieferanten aufstellen, ein Fast Track-Verfahren einführen und schnelle Vergleiche zertifizierter Anbieter ermöglichen.

Wichtige Themen sind die Migration in die Cloud, Cybersecurity und die Interoperabilität von IT-Systemen. Eine wichtige Rolle kommt dabei der staatlichen Beschaffungsorganisation Consip zu. Weitere Mittel für die digitale Wende fließen in den Tourismussektor, in Restaurations- und Energieeffizienzmaßnahmen von Sehenswürdigkeiten, Museen, Theatern und Unterkünften. Potenzielle Kunden sind hier sowohl private wie auch staatliche Einrichtungen.

Grüne Revolution

Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit, für die 60 Milliarden Euro bereitgestellt werden, sind der größte Posten in Italiens Recovery Plan. Die Zahl der Projekte ist groß.

Für den größten Bereich "Erneuerbare Energie, Wasserstoff, Netz und nachhaltige Mobilität" sind insgesamt knapp 24 Milliarden Euro vorgesehen, davon 5,9 Milliarden für erneuerbare Energien. Hier stehen die Förderung von Selbstversorgern, Biomethan und Agrovoltaik (Solarzellen über Anbauflächen) im Fokus. Rund 3,6 Milliarden Euro sollen in den Ausbau von Smart Grids fließen.

Im Zentrum des Einsatzes von Wasserstoff stehen energieintensive Sektoren wie Stahl, Zement, Glas und Papier. Hier sollen elektrische Öfen, die mit Wasserstoff betrieben werden, fossile Brennstoffe ablösen. Außerdem testet Italien den Einsatz von Wasserstoff auf ausgewählten Bahnstrecken und Autobahnen. Für den lokalen Transport sind 8,6 Milliarden Euro vorgesehen, davon 3,6 Milliarden Euro für die Anschaffung grüner Busse und Züge, weitere 3,6 Milliarden für neue U-Bahnstrecken und Straßenbahnen. 

Eine höhere Energieeffizienz der Gebäude will Italien über hohe Steuergutschriften im Rahmen des Förderinstruments Superbonus erreichen. Insgesamt rund 15 Milliarden Euro stehen dafür bereit, ein interessantes Feld für deutsche Hersteller von Fenstern, Türen, Wärmepumpen, Isolierungen, auch Berater könnten hiervon profitieren. Die Kreislaufwirtschaft erhält rund 5,2 Milliarden Euro, davon 1,5 Milliarden Euro für neue Anlagen und die Modernisierung bestehender Anlagen. Ansprechpartner sind die lokalen Entsorgungsunternehmen wie A2A, Hera und Iren. 600 Millionen Euro sind eingeplant für Leuchtturmprojekte für das Recycling von Kunststoffen und Abfällen im Meer.

Rund 500 Millionen Euro fließen in die Innovation und Mechanisierung der Agrarwirtschaft, in Precision Farming und andere Anwendungen der Landwirtschaft 4.0. Ein weitere wichtiger Posten ist der Boden- und Gewässerschutz, für den insgesamt rund 15 Milliarden Euro bereitstehen. 

Mobilität, Bildung, Gesundheit

Mit rund 25 Milliarden Euro erhält der Bahnsektor einen großen Teil des Recovery-Geldes. Im Mittelpunkt der geplanten Projekte stehen die Hochgeschwindigkeitsstrecken im Norden, die Italien mit Europa verbinden, aber auch im bisher sträflich vernachlässigten Süden. Deutsche Unternehmen sind beliebte Lieferanten bei der italienischen Bahn, die den größten Teil ihres Materials über die Infrastrukturtochter RFI beschafft.

Weitere Förderschwerpunkte sind die Aus- und Weiterbildung, insbesondere was die Digitalisierung betrifft. Hier könnten sich Chancen für Berater und Bildungsanbieter ergeben. Nicht zuletzt wird der Gesundheitssektor modernisiert und erhält dafür rund 15,6 Milliarden Euro, unter anderem 7,4 Milliarden Euro für eine Modernisierung seines Technologieparks. So sollen unter anderem 3.133 größere elektromedizinische Anlagen beschafft werden. Für rund 7 Milliarden Euro will Italien die Telemedizin und die Heimversorgung ausbauen. Die Beschaffung dürfte zum großen Teil über das Consip-Portal erfolgen. 

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