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Special | Rumänien | EU-Förderung

Förderung im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität

Rumänien kann Ende 2021 ca. 3,8 Milliarden Euro aus Brüssel erhalten. Dafür muss die Regierung Reformen umsetzen. Eine politische Krise gefährdet den Prozess.

Von Dominik Vorhölter | Bukarest

Die Europäische Kommission hat den nationalen Aufbau- und Resilienzplan am 27. September 2021 genehmigt. Damit kann Rumänien bis 2026 Fördermittel in Höhe von 29,2 Milliarden Euro erhalten. Davon sind 14,2 Milliarden Euro direkte Zuschüsse, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Die restliche Summe setzt sich aus Darlehen zusammen. Aus den Mitteln erhält der Staat einen großen Anteil, um in den kommenden fünf Jahren 64 Reform- und 107 Investitionsprojekte umzusetzen. Gelingt dies erfolgreich, kann es zu einem jährlichen Wachstum des rumänischen Bruttoinlandsprodukts von 1,8 bis 2,9 Prozent beitragen.

Wesentliche Reform- und Investitionsziele des rumänischen Aufbau- und Resilienzplans
  • Steuerreform - Digitalisierung aller Dienstleistungen für steuerpflichtige Personen bis Ende 2024,
  • Rentenreform - Rechtsrahmen für zweite Säule und gerechteres Rentenniveau,
  • Justizreform - Effizienzsteigerung des Justizsystems, Korruptionsbekämpfung,
  • Nachhaltiges Transportwesen - 420 Kilometer Autobahnstrecken fertigstellen, Ausbau des Eisenbahnnetzes,
  • Grüne Energie - Ausbau der Stromspeicherkapazitäten und der erneuerbaren Energien,
  • Nachhaltige Entwicklung - Energetische Renovierung von Gebäuden, Abfallmanagement, Abwassermanagement,
  • Gesundheitswesen - Modernisierung und Neubau von Krankenhäusern
  • Digitalisierung des Bildungssystems - Senken der Schulabbrecherquote, bessere Qualifikation von Fachkräften,
  • Digitalisierung der Verwaltung - Zugang zu digitalen Bürgerdienstleistungen

Die meisten Fördergelder fließen für den grünen Übergang

Geeignete Maßnahmen sind auf insgesamt 507 Zwischenziele und Meilensteine aufgeteilt. Diese muss Rumänien Schritt für Schritt erreichen, um neue Gelder beantragen zu können. Insgesamt fließen 41 Prozent der Fördermittel in grüne Investitionen, etwa in das Transportwesen, Energieeffizienz von Gebäuden, Abfall- und Abwassermanagement, in eine klimafreundliche Land- und Forstwirtschaft und in die Energiebranche. Dabei erhält der Bereich Transport den größten Anteil der grünen Fördermittel, für den 7,6 Milliarden Euro bereitstehen. Das ist knapp die Hälfte der gesamten Mittel für den grünen Übergang. 

Verteilung der Finanzmittel im rumänischen Aufbau- und Resilienzplan

Bezeichnung (Ziele)

Veranschlagte Finanzmittel (in Mrd. Euro) 

Grüner Übergang (Nachhaltige Transportbranche, Wassermanagement, Abfallmanagement, Kreislaufwirtschaft, Energieeffizienz)

15,3

Bildung (Digitalisierung der Schulen, Steigerung der digitalen Kompetenzen)

3,6

Nachhaltige und smarte Entwicklung (KMU1)-Unterstützung bei Digitalisierung)

3,0

Gesundheit, wirtschaftliche und soziale Widerstandsfähigkeit (Infrastrukturausbau und Digitalisierung des Gesundheitswesens)

2,8

Soziale Kohäsion (Rentenreform, Justizreform, Steuerreform)

2,6

Digitalisierung (Einführung digitaler Bürgerdienste, Digitalisierung der Verwaltung)

1,9

Insgesamt

29,2

1) Kleinstunternehmen, kleine und mittlere UnternehmenQuelle: Europäische Kommission: Analyse des nationalen Aufbau- und Resilienzplans von Rumänien (27.09.2021)

Rund 3,1 Milliarden Euro sind für den Ausbau der Autobahnen A1, A3, A7 und A8 bestimmt. Dieses Geld fließt aber nur, an das dafür zuständige staatliche Unternehmen für Straßeninfrastrukturmanagement CNAIR, wenn Rumänien folgende Reformen und Ziele einführt: 

  • Reform des Umweltsteuersystems für Fahrzeuge und Reduzierung der zugelassenen Fahrzeuge mit Schadstoffklasse Euro 3 um wenigstens 250.000 Stück,
  • Anreize für den Kauf von emissionsärmeren Fahrzeugen schaffen,
  • Reform des Straßenverkehrsrechts, um Verkehrssicherheit zu erhöhen,
  • Intelligentes Verkehrsmanagementsystem einführen, um Unfallschwerpunkte zu beseitigen,
  • Installation von mindestens 30.000 Ladestationen für Elektroautos

Modernisierung der Eisenbahn

Für die Modernisierung der Eisenbahn sieht der Plan 3,9 Milliarden Euro vor. Damit soll die Rumänische Eisenbahn CFR mindestens 315 Kilometer Schienenstrecke erneuern und das Zugsicherungssystem ERTMS installieren. Außerdem stehen 600 Millionen Euro für den Ausbau der Metro in Bukarest und den Bau einer neuen Metro in Cluj-Napoca bereit.

Pfandsystem ist in Planung

Rumänien hat sich mit dem Aufbau- und Resilienzplan auch große Ziele im Bereich Kreislaufwirtschaft vorgenommen. Bis September 2022 will die Regierung Gesetzesreformen für das Abfall- und Abwassermanagement sowie zur Kreislaufwirtschaft beschließen. Diese Reformen sind die erste Etappe für folgende weitere Ziele: 

  • Aufbau von Abfallmanagementsystemen, bis zu 565 Sammelpunkte,
  • Einführung eines Pfandsystems für Mehrwegbehälter,
  • Einführung eines Recyclingsystems für Elektroautobatterien,
  • Modernisierung der Wasserwirtschaftssysteme in Siedlungen mit über 2.000 Einwohnern - 1.600 Kilometer Wasserleitungen, 2.500 Kilometer Abwassersysteme

Staat profitiert von Fördermitteln

Für den digitalen Wandel stehen 21 Prozent der gesamten Summe von 29,2 Milliarden Euro bereit. Dieses Geld ist bestimmt für die Digitalisierung, für Konnektivität und Breitbandausbau sowie für die digitale und qualitative Verbesserung der Ausbildung. Bei den Mitteln hierfür ist der rumänische Staat der größte Profiteur. Er soll 10,1 Prozent des Budgets für zahlreiche Projekte erhalten. Davon sollen 3,9 Prozent der Gelder in das Bildungssystem und 6,2 Prozent in die Digitalisierung der Verwaltung (Steuerverwaltung, Bürgerdienstleistungen, digitaler Personalausweis) fließen.

Die Steuerbehörde ANAF etwa will schon bis Ende November 2021 den digitalen Austausch von Buchführungs- und Steuerdaten mit dem sogenannten Standard Audit File - Tax (SAF-T) einführen. Große Unternehmen müssen ihre Umsatzsteuererklärung dann ab Januar 2022 digital einreichen. Kleine und mittlere Unternehmen sollen dazu ab Januar 2023 verpflichtet werden. Damit soll das Mehrwertsteuer-Erhebungsdefizit vermieden werden, das im Jahr 2019 bei 34 Prozent lag.

Infrastrukturausbau im Gesundheitswesen

Insgesamt sind 2 Milliarden Euro für den Ausbau des Gesundheitssystems eingeplant. Diese Mittel sind für die Modernisierung von 200 Krankenhäusern und etwa 3.000 Arztpraxen bestimmt. Für die Ärzte wird die Verteilung der Mittel voraussichtlich über die regionalen Förderagenturen erfolgen. Weniger entwickelte Regionen sollen Vorrang haben. Weitere Details sind derzeit unklar. Ein wesentliches Ziel dabei ist, das E-Health-Angebot in den Praxen und Krankenhäusern auszubauen. 

Politische Instabilität gefährdet Umsetzung des Plans

Um die Erfüllung der Maßnahmen und den Abruf der Finanzmittel zu organisieren, hat das Ministerium für Europäische Investitionen und Projekte ein Komitee eingesetzt. Es erarbeitet nun die Bestimmungen für die Mittelvergabe an die staatlichen Institutionen und Unternehmen sowie an die Privatwirtschaft.

Dazu muss das Komitee unter anderem eine Vereinbarung über die Vergabe von rund 1,3 Milliarden Euro Fördermittel für Projekte durch die Europäische Investitionsbank, dem Europäischen Investitionsfonds und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung erzielen.

Dieser Prozess sollte bis Ende November 2021 abgeschlossen sein. Dann kann Rumänien im Dezember 2021 eine  Vorauszahlung von 3,8 Milliarden Euro erhalten. Allerdings ist schon jetzt mit Verzögerung zu rechnen, da die rumänischen Minister und Staatsbeamten derzeit nur beschränkt handlungsfähig sind. Grund ist das Misstrauensvotum, initiiert von der Opposition und Teilen der Regierungskoalition vom 5. Oktober 2021. Es hat den Regierungschef Florin Citu gestürzt. Die politische Stabilität im Land stellt also das größte Risiko für eine erfolgreiche Umsetzung des Plans dar.

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