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Special | Ghana | Internationale Handelsabkommen

Spagat zwischen Freihandel und Protektionismus

Ghana unterhält eine Reihe von Handelsabkommen. Bedeutend für deutsche Unternehmen ist vor allem das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit der EU.

Von Corinna Päffgen | Accra

Aufgrund der relativ kleinen Marktgröße sieht Ghana vor allem in der Steigerung der Exporte und des Außenhandels die Möglichkeit, weitere Arbeitsplätze und somit mehr Wohlstand zu schaffen. Dafür muss die Wettbewerbsfähigkeit der lokalen Produkte verbessert und insgesamt eine höhere lokale Wertschöpfung erreicht werden. Damit bewegt sich Ghana wirtschaftspolitisch im Spannungsfeld zwischen Freihandel und lokaler Wirtschaftsförderung und muss zwei grundsätzlich gegensätzliche Ziele in Einklang bringen. Die zugrundeliegenden politischen Konzepte sind die Trade Policy und die National Export Policy sowie weitere Strategien.

Instrumente zum Schutz der heimischen Wirtschaft

Um die heimische Industrialisierung und lokale Produktion voranzutreiben, setzt Ghana teilweise protektionistische Instrumente wie Importbeschränkungen und -verbote, Beschränkung der Vergabe von Lizenzen sowie Local-Content-Vorschriften in bestimmten Bereichen ein.

Importbeschränkungen existieren beispielsweise bei der Einfuhr von fettarmer Milch, Pflanzen und Pflanzenprodukten sowie bestimmten Maschinen. Zu den Importverboten zählt unter anderem das 2014 beschlossene Einfuhrverbot für Tilapia-Fisch. Zuletzt sorgte die Ankündigung Ghanas für Verwunderung, keinen unverarbeiteten Kakao mehr in die Schweiz exportieren zu wollen. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass die Verarbeitung von Kakao vermehrt in Ghana stattfinden solle. Weitere Informationen zu Zoll und Einfuhr in Ghana sind hier abrufbar.

Local-Content-Vorschriften, also gesetzliche Vorschriften, einen bestimmten Anteil an Wertschöpfung im Land zu generieren, bestehen vor allem im Bergbausektor, im Öl-, Gas- sowie im Energiesektor. Bei der Einstellung von ausländischem Personal sind nach dem Ghana Investment Promotion Centre Act zudem bestimmte Quoten zu beachten.

Einen guten Überblick über weitere nichttarifäre Handelshemmnisse in Ghana bietet die Weltbank in Zusammenarbeit mit UNCTAD unter World Trade Integrated Solutions.

Ghana unterhält eine Reihe multi- und bilateraler Handelsabkommen

Ghana ist Mitglied der WTO (World Trade Organization) und hat 2017 das WTO-Übereinkommen über Handelserleichterungen (Trade Facilitation Agreeement - TFA) ratifiziert. Ziel des Übereinkommens ist die Vereinfachung der internationalen Import- und Exportregelungen sowie Zollformalitäten und Transitbestimmungen. Mehr Transparenz und eine bessere Einbindung von kleinen und mittelgroßen Unternehmen in globale Wertschöpfungsketten sind weitere erklärte Ziele.

Daneben ist Ghana Mitglied der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten ECOWAS (Economic Community of West African States), der 15 Staaten angehören. Ziel ist die Schaffung eines gemeinsamen Binnenmarktes mit freiem Verkehr von Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital. Nahezu alle Mitgliedsstaaten wenden mittlerweile gegenüber Lieferungen aus Drittländern einen gemeinsamen Außenzoll (External External Tariff - CET) an.

Ghana gehört zu den Begünstigten des U.S. African Growth and Opportunity Act (AGOA), der bestimmten Ländern aus Subsahara-Afrika beim Import in die USA einen zoll- und quotenfreien Zugang für mehr als 6.000 Produkte gewährt.

Mit dem Vereinigten Königreich, dem drittwichtigsten Lieferland hinter China und den USA, hat Ghana Anfang des Jahres ein eigenes Handelsabkommen (Interim Trade Partnership Agreement) abgeschlossen.

Handelsabkommen mit der EU hat große Bedeutung

China ist für Ghana der wichtigste Handelspartner sowohl bei den Einfuhren als auch Ausfuhren. Das Handelsvolumen 2018 betrug etwa 3,6 Milliarden Euro und 2019 rund 4 Milliarden Euro.

Der Handel mit der gesamten EU (EU-27) betrug in den Jahren 2019 und 2020 jeweils rund 4,5 Milliarden Euro. Dem EPA (Economic Partnership Agreement) mit der EU kommt deshalb ein hoher Stellenwert zu. Ghana erhält einen zoll- und kontingentfreien Zugang zum EU-Markt. Ghana liberalisiert den Zugang für etwa 80 Prozent der EU-Exporte. Aufgrund des fehlenden Ursprungsprotokolls zu Beginn wurde das Abkommen seit 2016 zunächst einseitig für Exporte aus Ghana in die EU angewandt, seit 2020 sind nun auch EU-Exporte nach Ghana präferenzbegünstigt, wenn sie die Ursprungsregeln erfüllen. Für bestimmte Produkte erhebt Ghana zum Schutz der heimischen Wirtschaft weiterhin Zölle. Dazu gehören unter anderem gefrorenes Geflügel, gefrorenes Rindfleisch, Zucker, Margarine und Zement.

Den seit 2018 schwelenden Handelskrieg zwischen den USA und China verfolgt Ghana eher als Zuschauer. Nach China exportiert Ghana vor allem Erdöl, Mangan und Kakao. China ist aber nicht nur für den Außenhandel ein wichtiger Partner, es ist auch Kreditgeber und Durchführer diverser Infrastrukturprojekte. Diese Bedeutung kommt den USA für Ghana zwar nicht im gleichen Maße zu, trotzdem sind sie hinter China das zweitwichtigste Lieferland und vor allem für den Import von Kfz sowie Maschinen und Anlagen relevant.

Handel im Rahmen der AfCFTA hat begonnen

Einen besonderen Fokus und große Hoffnung legt Ghana auf die neue panafrikanische Freihandelszone, die mit etwas Verspätung am 1. Januar 2021 startete. Für die ghanaische Regierung war die Ansiedlung des Sekretariats der African Continental Free Trade Area (AfCFTA) ein großer Erfolg. Seit August 2020 befindet es sich in Accra.

Der afrikanische Binnenmarkt umfasst etwa 1,3 Milliarden Menschen mit einem gemeinsamen Bruttoinlandsprodukt von etwa 3 Billionen US-Dollar (US$). Der Handel der afrikanischen Staaten untereinander ist noch sehr schwach ausgeprägt und macht weniger als 20 Prozent davon aus. Die Chancen sind also groß, die Herausforderungen bei der Umsetzung allerdings auch.

Vom Handel profitieren können nur die Länder, die ihre Zollabbaulisten eingereicht (derzeit 41 Länder und Zollunionen) und vereinbarte Ziele in nationales Recht umgesetzt haben. Weitere Voraussetzung ist, dass für die betreffenden Produkte bereits einheitliche Ursprungsregeln bestehen. Dies ist bislang noch nicht für alle Produkte der Fall. Zudem müssen die Zollbehörden entsprechend vorbereitet sein.

Nur wenige Länder wie Kamerun, Ägypten, Ghana und Südafrika verfügen bislang über die erforderlichen Zollverfahren. Anfang Januar 2021 wurden die ersten Produktlieferungen von Ghana nach Südafrika und Guinea unter der AfCFTA verbucht, neuere Zahlen sind bislang nicht verfügbar.

Vereinfachungen und Hindernisse in der Praxis

In der Handelspraxis sind sowohl Hemmnisse als auch Verbesserungen zu beobachten. Im Index of Economic Freedom der Heritage Foundation gehört Ghana mit Rang 101 von 178 Ländern zu der Gruppe "Mostly Unfree". Auch der „Logistics Performance Index“ der Weltbank sieht Ghana auf Rang 106 von 160 eher kritisch. Unternehmen beklagen zudem häufige Änderungen von Einfuhr- und Ausfuhrbestimmungen.

Allerdings konnte Ghana in den letzten Jahren die Effizienz der Zollabfertigungsverfahren (Geschwindigkeit, Einfachheit und Vorhersehbarkeit der Formalitäten) leicht verbessern. Dieser Trend dürfte nach der Einführung eines elektronischen Zollabfertigungssystems am 1. Juni 2020 weiter anhalten.

Innerhalb der ECOWAS ist nach dem Trade Liberalisation Scheme (ETLS) ein weitgehend zollfreier Warenverkehr vorgesehen. Die Mitgliedsländer wenden allerdings das langwierige zweistufige Registrierungsverfahren des ETLS insbesondere für verarbeitete und industrielle Waren nicht durchgängig an, so dass der freie Handel in der ECOWAS in der Praxis nicht überall funktioniert. Unternehmen bewerten dies mit Blick auf die AfCFTA als sehr problematisch. Funktioniert der Freihandel innerhalb der ECOWAS nicht, kann er auch nicht in ganz Afrika funktionieren, lautet oftmals die Kritik.

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