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Special | Vietnam | Seidenstraße

In Vietnam agiert China im Hintergrund

Chinas Nachbar im Süden braucht dringend Investitionen für den Ausbau seiner Infrastrukturen. Das Reich der Mitte ist in Vietnam ein mächtiger Partner mit schlechtem Ruf.

Von Marcus Hernig | Bonn

„Bis heute fährt die Bahn nicht“ teilte Frauke Schmitz-Bauerdick, GTAI-Korrespondentin in Hanoi, im Juni 2021 mit. Die Baukosten der U-Bahn Linie 2A in Hanoi stiegen von anfangs 552 auf über 868 Millionen US-Dollar (US$). Begonnen bereits im Oktober 2011 wurde die Fertigstellung immer wieder verschoben. China soll bei großen Infrastrukturprojekten möglichst die letzte Wahl bleiben und dass, obwohl Vietnams Volksregierung am 13. November 2017 ein Memorandum of Understanding zu Chinas Belt and Road Initiative unterzeichnet hatte.

Weitere Impulse für Verkehrsinfrastruktur sind ausgeblieben. „Hochgeschwindigkeitszüge“, sagt Frauke Schmitz-Bauerdick, „bleiben weiter Zukunftsmusik“. Wenn überhaupt, dann soll japanische Shinkansen-Technologie genutzt werden, um die Nord-Süd-Bahn zwischen Hanoi und Ho Chi Minh City aufzurüsten. Mitte 2021 benötigte man noch 33 Stunden für eine Fahrt.

China dominiert bei Kohlestrom

Le Hong Hiep vom Institut for South East Asian Studies in Singapur schätzt den Investitionsbedarf für Infrastrukturprojekte in Vietnam bis 2040 auf 605 Milliarden US$. China ist seit 2019 trotz der Panne beim Verkehr der Hauptinvestor. Der Schlüssel ist der Energiesektor.

Das Kohlekraftwerk Hai Duong, gelegen zwischen den beiden Millionenstädten Hanoi und Haiphong im Norden des Landes, wird im Laufe des Jahres 2022 fertiggestellt. Dann können dort bis zu 7,5 Gigawatt (GW) Strom produziert werden. Vinh Thanh unweit von Ho Chi Minh City ganz im Süden gelegen soll mit bis zu 7,2 GW wichtigster Energieproduzent für Vietnams größte Metropolregion werden. Die Staatsunternehmen China Power Engineering Consulting Group (CPECC) und China Southern Power Grid, halten 70 beziehungsweise 95 Prozent der Anteile an den beiden Kohlekraftwerkskomplexen. In der Provinz An Giang nahe Vinh Thanh investierte China Energy Engeneering Investment, die zu CPECC gehört, Anfang 2021 weitere 3,2 Milliarden US$ in einen neuen Kraftwerkskomplex.

China segelt im Windschatten der Europäer

Mehr als 3.000 Kilometer Küstenlinie versprechen einen der Top-Märkte weltweit für Windenergie. Deutsche Unternehmen haben das längst erkannt, wie eine  Marktstudie der Auslandshandelskammer und von Mittelstand Global aus dem Jahr 2018 zeigt.

Dänemarks Copenhagen Infrastructure Partners haben in Kooperation mit den vietnamesischen Energieunternehmen Asiapetro und Novasia Ende Mai 2021 die Verträge zu dem bisher größten Offshore-Windpark des Landes unterzeichnet, dem La Gan-Projekt mit 3.500 Megawatt Leistung bis 2030.

Mit Goldwind aus Ürümqi in Chinas Nordwestprovinz Xinjiang ist Chinas Flaggschiff-Produzent für Windkraftanlagen zwar erst relativ spät in den Markt eingestiegen, allerdings hat Chinas Staatsunternehmen Energy China noch Ende 2020 sieben Windkraftverträge mit einem geplanten Output von 1.150 Megawatt unterzeichnet.

Chinesische Unternehmen führen bei Solarenergie

Bereits am 6. Januar 2017 hat das chinesische Unternehmen Trina Solar, der größte Solarpaneel-Hersteller der Welt, seine Investition von 100 Millionen US$ in Vietnams bisher größte Solarpaneel-Fabrik als Teil der Belt und Road Initiative bezeichnet. 

Der Konkurrent Longi aus Xi’an stattet Vietnams größten Solarpark in Ea Sup, Provinz Dak Lak aus. Die Chinesen sind Partner des Investors Xuan Thien, der die Kapazität des Parks bis Ende 2021 auf 2.000 Megawatt Leistung ausbauen will. Chinesische Hersteller konzentrieren ihre Fabriken unweit der Grenze im Norden des Landes. Weitere bekannte Namen aus China sind BKSolar, Redsun und JinkoSolar, die im März 2021 aktuell 500 Millionen US$ in eine neue Produktionsanlage investiert haben.

Mittlerweile operieren weit mehr als 100 Sonnenkraftwerke im Land. Bis 2030 soll der Anteil der Erneuerbaren an der Energieerzeugung von 13 Prozent im Jahr 2020 auf 30 Prozent steigen.

Alibaba & Co arbeiten im Hintergrund

Die vietnamesische Regierung ist besonders vorsichtig gegenüber Chinas digitaler Seidenstraße. Nicht zuletzt aus Datenschutzgründen sind in Sachen 5G und Kabelinfrastrukturen Europäer wie Ericsson und Nokia sowie Japans Elektronikkonzern NEC die beliebteren Partner. China Telekom und China Unicom sind an der von NEC betriebenen Verbindung Asia Direct Cable (ADC) nur beteiligt, weil chinesisches Territorium involviert ist.

Ende Mai 2021 investierte Alibaba gemeinsam mit seinem vietnamesischen Partner Masan 400 Millionen US$ in den Lebensmittelhändler TheCrownX, um das Lebensmittelsortiment der Singapurer E-Commerce-Plattform Lazada auszubauen, an der Alibaba die Mehrheitsanteile hält. Lebensmittel sind seit Beginn der Corona-Pandemie ein interessantes Feld im vietnamesischen E-Commerce. Alipay ist zudem an den beliebten Bezahldiensten eMonkey und TrueMoney beteiligt.

Bereits im Jahr 2008 kaufte Tencent 6,35 Prozent der Anteile an Vietnams erstem Start-up-Unicorn VNG, einer Plattform, die Gaming, Video Streaming, die Kommunikationsplattform Zalo und den Bezahldienst ZaloPay vereint. 2019 wurde VNG mit 2,2 Milliarden US$ bewertet.

Industrieparks arbeiten für chinesische Unternehmen

Vietnam gehört zu den drei ASEAN-Staaten mit den niedrigsten Lohnkosten bei gleichzeitig starkem Infrastrukturwachstum. Das war Anlass für China, in zwei Großprojekte im Norden und Süden des Landes zu investieren: die Wirtschafts- und Handelszone China-Vietnam in Haiphong und der Long Jiang Industriepark nahe Ho Chi Minh City.

Die Zone Haiphong ist der am besten ausgelastete Industriepark des Landes. Bis zum Jahr 2022 sollen hier 30.000 neue lokale Arbeitsplätze geschaffen worden sein. Die Wirtschafts-und Handelszone gilt Peking als ein Belt and Road-Musterprojekt und soll chinesische Firmen zur Produktion in Vietnam einladen. Elektronische Komponenten bilden in Haiphong den Schwerpunkt, während Long Jiang sich auf Textilien konzentriert.

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