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Special | Kanada | Wasserstoff

Kanada setzt auf grünen und blauen Wasserstoff

Vorhang auf für die Wasserstoffwirtschaft. Als alternativer Kraftstoff soll blauer und grüner Wasserstoff in Zukunft eine Lösung für eine CO2-arme Wirtschaft bieten.

Von Daniel Lenkeit | Toronto

Wasserstoffwirtschaft wird Emissionen senken und die Konjunktur beleben

Wasserstoff (H2) spielt eine Schlüsselrolle für die Klimaschutzziele der kanadischen Regierung. Bisher halten umfangreiche Energievorkommen (fossile wie erneuerbare) die Energiepreise für Industrie und Verbraucher niedrig. Dazu hindern zuweilen geringes politisches Engagement sowie eine starke Lobby in den Erdgas, Öl und Kohle produzierenden Provinzen die Entwicklung eines lokalen Markts für H2 und den Aufbau der nötigen Infrastruktur. Dies soll sich nun entscheidend wenden. Kanadas Klimaziele unter der liberalen Regierung sind ambitioniert. Die Provinzen, manche zähneknirschend, kämpfen mit CO2-Steuern und dem Druck, eigene Pläne für Emissionsreduzierungen für ihre Regionen vorzulegen.

Wasserstoff wird ein Teil der Lösung für Kanadas Klimaschutzziele bis 2050 

Seine Treibhausgasemissionen (THGE) will Kanada bis 2030 um 30 Prozent unter den Wert von 2005 absenken. Bis 2050 will das Land CO2-neutral werden. Neben Investitionen in grünen Strom und energieeffiziente Gebäude sowie die Elektrifizierung des Verkehrs soll Wasserstoff zukünftig vor allem eine führende Rolle im kanadischen Transportsektor einnehmen. Mit fast 30 Prozent der THGE ist der Transportsektor ein kritischer Bereich zur Realisierung der Klimaschutzziele.

Seit kurzem gewinnt die Idee einer diversifizierten lokalen Wasserstoffwirtschaft wieder an Zugkraft. Die regulatorischen Voraussetzungen und die Marktbedingungen entwickeln sich heute zu Gunsten von H2 als wettbewerbsfähigen Treibstoff in Kanada. Angetrieben wird dies durch die Klimaschutzziele der Regierung, die Einführung einer CO2 Steuer 2019, die Förderung von ZEV Fahrzeugen sowie sinkende Herstellungskosten für H2. Niedrige Strompreise in Provinzen wie Quebec, British Columbia, Manitoba und Ontario (Wasserkraft, Atomkraft) bieten ideale Voraussetzungen für die Produktion von grünem Wasserstoff mittels Elektrolyse. Dazu bieten Alberta, British Columbia und Saskatchewan durch ihre Erdgasgewinnung gute Chancen für blaue H2-Produktion.

Lokaler Markt für Wasserstoff steckt in den Kinderschuhen 

Jedoch, das bestätigt das kanadische Ministerium für Energie und natürliche Ressourcen (NRCan), lebt Kanadas H2 und Brennstoffzellensektor maßgeblich von der Nachfrage auf den Auslandsmärkten. In Kanada existiert bisher kein attraktiver Markt für Wasserstoff als Treibstoff. Und ohne eigenen Abnehmermarkt bleibt auch die lokale Verteilungs- und Betankungsinfrastruktur auf der Strecke.

Während unter anderem Unternehmen wie Mercedes, Loop Energy oder Ballard in Kanada Brennstoffzellen produzieren, werden im kanadischen Transportsektor Brennstoffzellenfahrzeuge (FCEV) bisher kaum genutzt. Beispielsweise fahren in Kanada bisher keine Busse mit H2. Die Nachfrage scheint aber nun Fahrt aufzunehmen. Städte wie Edmonton, Winnipeg und Mississauga planen für 2022 Pilotprojekte für H2-Busse im Nahverkehr. Über zwei Jahre soll deren Einsatz getestet werden, mit dem Ziel, bestehende Dieselflotten zu ersetzen.

Unternehmen wie Walmart und Canadian Tire nutzen bereits FCEV Transportfahrzeuge in ihren Logistikzentren, jedoch sind nach Angaben von NRC insgesamt nur etwa 550 Fahrzeuge dieser Art in Betrieb. Der Verkauf von Brennstoffzellenautos im Konsumsektor ist ebenfalls zu vernachlässigen. Bei insgesamt fünf Tankstellen im Land (British Columbia, Quebec) ist das nicht verwunderlich.

Kanadas Wasserstofffahrplan setzt hohe Ziele

Im Dezember 2020 veröffentlichte die kanadische Regierung ihre Wasserstoffstrategie. In dem dort vorgestellten Modell verfügt Kanada 2050 über einen lokalen H2- und Brennstoffzellenmarkt im Wert von 40 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Dieser Markt wird nach der Hochrechnung zudem 350,000 neue Jobs schaffen. 

Bis 2025 soll der Grundstein für eine kanadische Wasserstoffwirtschaft gelegt werden. Die Entwicklung neuer H2-Produktionskapazitäten sowie der Aufbau und die Vernetzung von H2-Infrastruktur gehören zu den kurzfristigen Zielen. Dadurch sollen Wasserstoffhubs entstehen, wo Frühanwender der Technologie eine Art autarke Wasserstoffwirtschaft betreiben, bei der Angebot und Nachfrage für H2 zusammenkommen, so die Vorstellung. In der Strategie werden unter anderem das "Alberta Industrial  Heartland" und der Transportkorridor zwischen Montreal und Detroit als pozenzielle Frühanwender und Wasserstoffhubs identifiziert.

Als zukünftige Hauptanwendungsfelder für H2 gelten Wärme für Industrie und Gebäude, die Energieerzeugung sowie die Nutzung als Treibstoff für Lkw, Busse, Züge, und Schiffe, dort wo Batterien nicht praktikabel sind.

Bei der Gewinnung und Nutzung von Wasserstoff dürften regional unterschiedliche Prioritäten gesetzt werden. British Columbia und Ontario finalisieren beispielsweise ihre eigenen H2-Strategien, Alberta verabschiedete seine "Natural gas Vision and Strategy" Ende 2020.

Die rohstoffreiche Provinz will vor allem ihre Erdgasvorkommen für die Produktion von blauem Wasserstoff kommerzialisieren. Alberta verfolgt das Ziel, bis 2040 ein globales Exportgeschäft für H2 und H2-basierte Produkte aufzubauen. Produziert und genutzt wird H2 in der Provinz bereits für die Erdölraffinerie. Der Vorteil Albertas könnte neben seinem Rohstoffreichtum auch in der vorhandenen Energieinfrastruktur liegen und eine Kommerzialisierung für den Export nach Europa oder Asien beflügeln.

British Columbias Energieminister Ralston versprach auf der f-cell+HFC Leitmesse in Vancouver, dass British Columbia nur CO2-arme Wasserstoffstrategien - das heißt H2-Gewinnung aus erneuerbaren Energien oder aus Erdgas mit CO2-Abscheidung und -Speicherung - unterstützen werde. Bis 2050 will die Provinz allein durch die Nutzung von Wasserstoff 30 Prozent seiner gesamten CO2-Einsparziele erreichen. Die Provinz an der Westküste ist seit Jahren eine der global führenden Regionen in der Kommerzialisierung von Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien, die von dort nach Asien (Fokus), Europa und in die USA exportiert werden. 



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